Sieben Fragen an Dominik Halmer

Irritation ist erwünscht …

Es macht ihm Freude, Ausstellungsbesucher beim Betrachten seiner Arbeiten zuzusehen. Wenn die Kunstinteressierten lange und genau hinschauen, hat Dominik Halmer sein Ziel erreicht. Denn sein Anspruch ist es, „komplex und neuartig genug“ zu sein, um zu irritieren. Kürzlich trafen wir ihn im Museum Wiesbaden bei einer privaten Führung, wo die Gäste mit ihm über sein Schaffen ins Gespräch kommen konnten. „Dominik Halmers Bildobjekte basieren auf dem Gedanken einer sich in den Realraum erweiternden Malerei“ heißt es im Programm des Museums. Die Installation im Projektraum, so liest man weiter, löst im Betrachter einen mentalen „Teilnahmeimpuls“ aus. Der 1978 in München geborene und in Berlin lebende Künstler hat uns für die Freunde-Website einige Fragen beantwortet. Bis zum 13. Januar können Neugierige sich noch auf die Spuren Halmers im Museum Wiesbaden begeben. Eine Installation, die das Haus laut Museumsdirektor Alexander Klar erworben hat. Vom 1. Februar bis 14. April wird sie in anderer Konstellation im Verbund mit einer neuen Werkgruppe im Oldenburger Kunstverein gezeigt.



Wir haben uns kürzlich bei einer Veranstaltung im Museum Wiesbaden getroffen, was verbindet Sie mit diesem?

Ich habe Alexander Klar 2014 kennengelernt, als im Zuge der Albert-Oehlen-Ausstellung ehemalige Studenten in Wiesbadener Galerien ausgestellt hatten. Als er dann meine Arbeiten noch einmal im Nassauischen Kunstverein bei der von Helga Schmidhuber kuratierten Ausstellung „My Castle is your home“ sah, lud er mich dazu ein, eine Ausstellung für den Projektraum zu konzipieren. Wegen einer größeren Ausstellung, die ich 2017 in den USA hatte, mussten wir die Wiesbadener Show auf 2018 verlegen. Ich bin sehr froh, dass ich ein Jahr Zeit hatte, um dafür eine Bildform zu entwickeln.

Wie bringen Sie die besonderen Merkmale Ihrer künstlerischen Arbeit auf den Punkt?

Meine Arbeit stellt die grundsätzliche Frage nach dem Verhältnis von Bild zur Welt. Ich arbeite daher an malerischen Konzepten, die eine große Bandbreite unterschiedlicher Realitätsebenen aufnehmen – von Fleck über Zeichen zu Illusionismus. Dabei möchte ich durch vielfältige und explizite formale Artikulierung die Grundlagen von Bildsprache sichtbar machen.

Wie muss man sich das genauer vorstellen?

Dazu gehören Kategorien wie Mustererkennung, Anmutung von Bedeutsamkeit, Suggestion von Sinnhaftigkeit, Zusammengehörigkeit und Diskontinuität, Strenge und Leichtigkeit, Freiheit, Wert und Unwert.

Und was passiert dann?

Durch die Konfrontation der Malerei mit funktionalen Gegenständen aus anderen Lebensbereichen öffne ich den geschlossenen Bildraum. Die Komposition der Gemälde greift auf Zeichen und Elemente des Umraums über und annektiert ihn. Damit weitet sich die Malerei auf den „Realraum“ aus und stellt die Frage nach dem Rahmen beziehungsweise den einheitsbildenden Kriterien unserer Wahrnehmung.

Blick in den Projektraum mit der Ausstellung „Territory“ (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)
Blick in den Projektraum mit der Ausstellung „Territory“ (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Können Sie etwas zur Resonanz auf die Ausstellung „Territory“ im Projektraum sagen, die noch bis zum 13. Januar 2019 läuft?

Die Resonanz auf „Territory“ war toll, und ich war besonders froh darüber, wie emotional und diskursiv die Reaktionen ausfielen. Gerade bei einem Publikum, das offen und ohne Vorerwartung in die Ausstellung ging, konnte ich feststellen, dass die Beweggründe, aus denen meine Arbeit entsteht, sich direkt aus den Bildern mitteilen. Es freut mich immer, wenn Besucher und Besucherinnen lange und genau schauen. Denn es ist auch mein Anspruch an Malerei, dass sie komplex und neuartig genug ist, um zu irritieren und nicht nur als angenehmes Meditationsfeld zu dienen oder Coolness-Attitüden von Künstlern und Künstlerinnen zur Schau zu stellen.

Und wie war es im Bellevue-Saal, wo Arbeiten von Ihnen bis vor einiger Zeit parallel ausgestellt wurden?

Die Ausstellung im Bellevue-Saal war das Experiment, zwei vollkommen unterschiedliche Arbeitsansätze – nämlich meinen eher experimentellen und den vorwiegend konzeptionellen meines Kollegen Björn Drenkwitz – miteinander zu konfrontieren, um zu sehen, ob sich Überschneidungen ergeben. Das hat überraschend gut funktioniert und entsprach meinem Grundinteresse, die unmittelbare visuelle Präsenz in den Vordergrund zu rücken. So erschienen einzelne Werke in völlig anderem Licht – Humorvolles wurde streng und umgekehrt. Schön war auch, dass so viele Besucher zur Eröffnung kamen –- der Raum war komplett voll.

Wenn Sie einen persönlichen Wunsch für 2019 frei hätten, wie würde dieser lauten?

Ich hätte ganz gerne ein Haus in der Mojave Wüste.

Die Fragen stellte Ingeborg Salm-Boost


In Kürze lesen Sie von Sabrina Haunsperg. Sie gehört zu den Kunstschaffenden, die im Herbst in der Ausstellung „jetzt³ – Junge Malerei in Deutschland“ zu sehen sein werden.

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