Unter Freunden

Kampf für die Ästhetik

Das bereitet Augenschmerz: Die Litfaßsäule zwischen Museum und RheinMain CongressCentrum (Foto: Museum Wiesbaden/Alexander Klar)
Das bereitet Augenschmerz: Die Litfaßsäule zwischen Museum und RheinMain CongressCentrum (Foto: Museum Wiesbaden/Alexander Klar)

Ergeht es Ihnen auch so wie mir, liebe Freunde und Freundinnen des Museums? Immer, wenn ich den Theodor-Fischer-Bau ansteuere, freue ich mich tatsächlich über Bauarbeiten – über die Baustelle in der Friedrich-Ebert-Allee. Denn es ist doch toll, dass Wiesbaden an dieser Stelle ein völlig neues, anspruchsvolles Entree bekommen soll! Das RheinMain CongressCenter kann sich wirklich sehen lassen und ist fast fertig. Das Kunstwerk für den Außenbereich des RMCC (gefällt Ihnen eigentlich diese Abkürzung?) wird von einer fachkompetenten Jury, zu der auch unser Museumsdirektor Alexander Klar gehört, demnächst ausgewählt. Und sicher – wie immer, wenn es um Kunst geht – wird es für kontroverse Diskussionen sorgen. Der alte Goethe kehrt, wie berichtet, restauriert wieder zurück vors Museum. Ein schöner Jahresanfang eigentlich …

Wenn da nicht etwas passiert wäre, was diejenigen, die in der Lenkungsgruppe für das gestalterische Niveau am sensiblen neuen Platz sorgen wollen, in Wallung bringen muss: Eine sich drehende Litfaßsäule der Firma Wall, die im Januar auf der Mittelinsel zwischen RMCC und Museum aufgestellt und bereits mit Werbung bestückt worden ist. Sie „konterkariert alles, was an ästhetischem Geist in die Planung des Platzes geflossen ist“, schreibt Alexander Klar der zuständigen Tiefbauamtsleiterin Petra Beckefeld. In seiner Empörung ist er sich mit Henning Wossidlo einig, der für die Stadt das Riesen-Bauprojekt leitet und jetzt schon stolz darauf sein kann, wie gut es läuft. Im Wiesbadener Kurier vom 16. Januar hat er meiner früheren Kollegin Birgit Emnet, die sich des Debakels annahm, gesagt: „Es kann nicht angehen, dass wir eine Initiative für die Platzgestaltung ins Leben gerufen haben, um diesen Platz zu heilen – und dann versperrt eine Litfaßsäule die Sichtachsen.“ Der Meinung von Klar und Wossidlo, dass dies ein Schlag ins Gesicht jedes Ästheten sei, kann ich mich nur anschließen.

Zu dumm nur, dass laut Tiefbauamtsleiterin alles seine Ordnung hat. Denn die Werbefläche des Anstoßes, die früher ein Stück weiter in Richtung Bahnhof stand, sei mit allen zuständigen Ämtern abgestimmt worden, so wurde in der Lokalzeitung Petra Beckemann zitiert. Und ein Stromanschluss habe die Umplatzierung der Litfaßsäule nötig gemacht. Die übrigens auch noch, klagt Klar, „präzise in der axialen Verlängerung der Wilhelmstraße steht – als dominanter Blickpunkt, wenn man von Norden den Platz überquert.“

Ein weiteres Ärgernis ist für den Museumsdirektor die Beschilderung des Parkleitsystems, denn ein Mast soll direkt vor der Fassadenkante des Museums stehen. „Auch hier“, prophezeit Klar, würden „großflächige Schilder in ästhetisch zerstörerischer Weise die Platzgestaltung konterkarieren“. Ob er mit seinem glasklar formulierten Wunsch, dass die Stadt diese beiden Störfaktoren rückabwickelt, Erfolg haben wird, wissen wir noch nicht. Aber hier sollte sich wirklich breiter Widerspruch regen!

Lassen Sie mich mit einer erfreulichen „Kunst-Kleinigkeit“ schließen: Wunderbar, dass jetzt bis zum Ende der so gelungenen Kirchhoff-Ausstellung die Fahnen mit dem „Garten der Avantgarde“ in der Wilhelmstraße wehen. Da darf es ruhig auch mal windig sein!

Ingeborg Salm-Boost

Das bereitet Freude: die Fahnen, die auf der Wiesbadener Wilhelmstraße für die Kirchhoff-Ausstellung werben (Foto: Museum/Bernd Fickert)
Das bereitet Freude: die Fahnen, die auf der Wiesbadener Wilhelmstraße für die Kirchhoff-Ausstellung werben (Foto: Museum/Bernd Fickert)

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