2. Internationaler Flötenwettbewerb Ferdinand W. Neess

Wenn sich Musik und Sammlung ergänzen

Er ist ein neues Highlight für unsere Stadt: der Internationale Flötenwettbewerb Ferdinand W. Neess, der nun zum zweiten Mal im Museum Wiesbaden stattfand. Die Freunde des Museums hatten am Vorabend wieder zu einem Empfang eingeladen (siehe Fotogalerie).

Eine angenehme Stimmung und viele angeregte Gespräche gab es beim Empfang der Freunde anlässlich des Flötenwettbewerbs. (Foto: Josh Schlasius)

Auch Landtagspräsidentin Astrid Wallmann und Stadtverordnetenvorsteher Dr. Gerhard Obermayr waren gekommen, sie würdigten in empathischen Ansprachen das große Engagement von Mäzenin Danielle Neess und Professorin Cordula Hacke. Ein Abend mit angeregten Gesprächen, an dem auch eine Reihe von TeilnehmerInnen bereits begrüßt werden konnten!

Sie würdigte beim Empfang der Freunde des Museums Wiesbaden das Engagement von Danielle Neess und Cordula Hacke in einer empathischen Rede – nicht ohne auch auf die Bedeutung der Jugendstil-Schenkung für das Landesmuseum einzugehen: Landtagspräsidentin Astrid Wallmann war gerne der Einladung gefolgt. (Foto: Josh Schlasius)

Nun lassen wir Pia Braun-Gabler ihre Eindrücke vom hochkarätigen Wettbewerb schildern. Wie schön, dass wir eine Musikexpertin in unseren Förderkreis-Reihen haben! Sie schreibt:

Ich freue mich sehr, dass die zweite Auflage des Internationalen Flötenwettbewerbs Ferdinand W. Neess nun im Museum Wiesbaden stattfinden konnte. Dank des großen Engagements von Danielle Neess und Professorin Cordula Hacke samt ihrem Helferteam konnten Musikinteressierte einen hochkarätigen Wettbewerb miterleben. Da in der Zwischenzeit die 2022 angedachte Stiftung gegründet werden konnte, ist auch für die Zukunft dieses einzigartige Event gesichert.

Große Freude über den 2. Internationalen Flötenwettbewerb im Museum Wiesbaden: Danielle Neess, Cordula Hacke und Dr. Peter Hanser-Strecker freuen sich auch darüber, dass sie nun die Stiftung gegründet haben und somit der Fortbestand dieses einzigartigen Events gesichert ist. (Foto: Josh Schlasius)

Die Witwe des 2020 verstorbenen Jugendstilsammlers Ferdinand Wolfgang Neess verriet mir im Gespräch, dass sie sich sehr über die große Resonanz auf den Wettbewerb freut: „Ich lasse Cordula (Prof. Hacke) freie Hand, sie ist die Fachfrau! Wir spielen (bzw. lassen spielen) die Musik, die mein Mann geliebt hat. Er wäre am 28. Juni 95 Jahre alt geworden, und ich war sehr gerührt, dass ihm zu Ehren die Juroren mir ein sehr persönliches Konzert in kleinem Kreis gegeben haben.“

Auch er fand genau die richtigen Worte für den Flöten-Event, für die Power-Frauen, die ihn möglich machen und für das Vermächtnis von Ferdinand Wolfgang Neess: Stadtverordnetenvorsteher Dr. Gerhard Obermayr, der nicht zuletzt die schon angereisten TeilnehmerInnen begrüßte, hatte den Museumsfreunden sofort zugesagt. (Foto: Josh Schlasius)

Apropos Juroren: Die hochkarätigen Professoren aus Deutschland, Frankreich und Norwegen hörten an fünf Tagen etwa 50 Flötisten und Flötistinnen, beurteilten und nahmen sich für jeden Teilnehmer, jede Teilnehmerin der zweiten Runde in persönlichen Gesprächen Zeit – sicher lehrreich und aufregend für die jungen Musiker, die aus aller Welt nach Wiesbaden strömten.

Kein Wunder, dass der junge Wettbewerb auf großes Interesse stößt, denn die Thematik lässt die Herzen eines jeden Flötisten höher schlagen – ist es doch eine Wonne, die Musik dieser Epoche zu spielen. Die Auswahl ist interessant, da die Querflöte eine Renaissance erlebte. Dies lag insbesondere daran, dass ab Mitte des 19. Jahrhunderts die technischen Verbesserungen am Instrument durch Theobald Böhm das virtuose Spiel erleichterten und die Silberflöte die Holzflöte ablöste, die einen strahlenderen Ton und eine leichtere Ansprache ermöglichte.

Der Austragungsort ist für die jungen Flötisten wie auch für die Zuhörer eine wunderbare Sache. Die vier Pianisten und Pianistinnen, die die TeilnehmerInnen begleiteten, hatten sprichwörtlich alle Hände voll zu tun – mussten sie sich doch auf über 100 Stücke vorbereiten, die für die zweite und dritte Runde angemeldet worden waren. Das Niveau der vier Profimusiker aber war so hoch, dass sich die Flötisten trotz einer nur kurzen, halbstündigen Probezeit gut unterstützt fühlen durften.

Applaus von den Juroren für die beiden Gründerinnen des Internationalen Ferdinand W. Flötenwettbewerbs, Mäzenin Danielle Neess (links) und Professorin Cordula Hacke, die den Wettbewerb organisierte und die Jury anführte. (Foto: Josh Schlasius)

In der ersten Runde konnte ich die Zuhörer noch an zwei Händen abzählen, doch das Interesse wurde von Tag zu Tag größer, und am Sonntag, dem Finaltag, war ich sehr erfreut, dass der Saal morgens um 10 Uhr gut gefüllt war – mit Luft nach oben, aber immerhin schon mehr als in 2022. Sicherlich ist zu vielen Wiesbadenern noch nicht vorgedrungen, dass der Wettbewerb öffentlich ist und man kostenlos zuhören kann. Die sechs MusikerInnen der Finalrunde hätten sicher gerne vor größerem Publikum gespielt, und der Vortragssaal des Museums eignet sich dafür ja perfekt.

Wer sich auf den Weg zum Berufsmusiker begibt, lernt, dass die Konkurrenz groß und das Geschäft hart ist. So tat es mir als Zuhörerin zwar leid, dass nicht alle Finalisten einen Preis gewinnen konnten, aber das ist Wettbewerb! Zwei Dinge waren auch für mich wieder lehrreich.

Erstens: Die Eröffnungsrunde mit zwei Pflichtstücken (darunter ein ganz neu komponiertes und Danielle Neess gewidmetes Stück „Sonata für Flöte und Klavier“ von Emile Naoumoff) machte dem Zuhörer das Vergleichen der unterschiedlichen Spielniveaus leichter und konnte uns nachvollziehen lassen, warum 22 von 50 Musikern die zweite Runde erreichten.

Zweitens: die Aufgabenstellung für die Finalrunde, die bei hoher spielerischer Qualität sehr unterschiedlich umgesetzt wurde. Wir erinnern uns an das Gespräch von Ingeborg Salm-Boost mit Cordula Hacke (siehe Interview vom 19. Juni 2024), in dem diese erklärte: „Die Finalrunde fordert von den Musikern, sich mit Jugendstil bzw. der Art Nouveau intensiv zu beschäftigen und ein Programm zu entwerfen, das einen Bezug zwischen Bildender Kunst und Musik dieser Zeit entwirft. Ganz im Sinne der Sammlung Neess sollen sich Musik und Sammlung ergänzen, sollen inspirieren und so dem Publikum ganz neue Welten des Jugendstils eröffnen.“

Und so komme ich zu meinem Fazit:

Der eine Teilnehmer setzte zu viel des Guten um, die Andere zu wenig, und nur eine meisterte die Aufgabenstellung mit überzeugendem Programm. Auch die Juroren schienen mir dieser Ansicht, denn sie benötigten nur eine sehr kurze Beratungszeit.

Glückliche Gesichter nach der Preisverleihung in der Jugendstilsammlung: Siegerin Emma Hochschild sowie die weiteren Preisträger Efrem Workman, Juree Kim und Shigetora Yokoi. An sie ging auch der Preis für die beste Interpretation des Auftragswerks von Émile Naoumoff. (Foto: Josh Schlasius)

Zu Recht erhielt Emma Hochschild, Studentin der Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschule für Musik in Leipzig, den 1. Preis. Sie entführte uns Zuhörer mit Stücken französischer Komponisten und Komponistinnen (und erläuterte ihren roten Faden) u. a. aus der Sammlung „Chant dans la nuit“ (Presto Verlag) und Cecile Chaminades „Serenade aux etoiles“ in das nächtliche Paris mit Sternenhimmel und weiter zu den griechischen Göttern mit einer Komposition von Philippe Gaubert „Soir Paien“. Emma Hochschild tat dies mit großer flötentechnischer Leichtigkeit, einem tragenden warmen Ton und einem weiteren Beitrag in der Besetzung Querflöte und Gesang, nämlich einer Vertonung zweier Gedichte von Albert Roussel („Rossignol, mon Mignon“ und „Ciel, Aer et Vens“). Allen anderen Finalisten zuzuhören war durchaus auch eine große Freude und ein Luxus, der nichts kostete! Für alle fortgeschrittenen Flötisten möchte ich hier anmerken, dass das ein oder andere zitierte Stück überaus empfehlenswert ist und sich das Üben lohnt.

Ich wünsche den Preisträgern und allen anderen Flötisten, die ich an diesen Tagen hören durfte, für ihre weitere Karriere und ihren Lebensweg alles Gute!

Pia Braun-Gabler

 

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