Aktion Sehnsuchtsobjekt (Teil 6)

Von Phantasie und Ruhe

Und wieder ist es Zeit für Sehnsucht – nach einem Lieblingsobjekt im Museum Wiesbaden. Diesmal möchten wir erneut, wie in Teil 5 der Aktion mit „Jupiter im Oktogon“, Rebecca Horn in den Fokus nehmen. Der frühere Intendant des Hessischen Staatstheaters, Dr. Manfred Beilharz, ist ein großer Fan ihrer Arbeiten, lenkt unseren Blick auf die Rauminstallationen „Circle of Broken Landscape“ und „Im Kreis des Adlers“. Übrigens: Der Theatermann ist am Samstag, 13. Juni 2020, 15 Uhr, im Vortragssaal des Museums Gast des Erzählcafés der VHS. Eine Anmeldung bei der Volkshochschule –Telefonnummer 0611-98890 – ist erforderlich! Unter der Überschrift „Künstler kennen keinen Ruhestand“ wird er von seinen Wiesbadener Jahren und anderen Lebensgeschichten erzählen.
Zurück zu den Sehnsuchtsobjekten: Mit Heike Schorn, ein Mitglied, das kontinuierlich im Förderkreis mitarbeitet und beispielsweise regelmäßig an unserem Infostand am eintrittsfreien Samstag tätig ist, betrachten wir „Königin Elisabeth“, das Werk von Gerhard Richter aus dem Jahr 1967. Sie findet in dem Antlitz der Queen unter anderem Ruhe und Gelassenheit. Eine besondere Stimmung wird auch für Dr. Sandra Pepperl-Klindworth spürbar, wenn sie vor dem „Abend im Zimmer“ von Karl Schmidt-Rottluff steht. Das Kuratoriumsmitglied im Freunde-Förderkreis lässt uns teilhaben.


Wenn Räume sich weiten

Dr. Manfred Beilharz schreibt: „Eine schöne Idee, dass wir unsere Kunst-Sehnsüchte formulieren dürfen – mittlerweile dürfen wir ja unseren Objekten glücklicherweise wieder näher sein! Meine Sehnsuchts-Objekte sind die Installationen von Rebecca Horn. Dass der ,Jupiter im Oktogon‘ alle Besucher jeden Alters immer wieder magisch anzieht, versteht sich ja.
Mich fasziniert aber immer wieder die Möglichkeit, im Museum Wiesbaden dann die weiteren Installationen erleben zu können: Abzuwarten, bis sich der ,Circle of Broken Landscape‘ wieder in Bewegung setzt, bis sich die Federn ,Im Kreis des Adlers‘ spreizen. Die Installationen dieser vielschichtigen Künstlerin weiten die Räume, erweitern die Phantasie des Betrachters. In diesem Sinn hat Rebecca Horn 2010 auf meine Einladung hin ja auch eine Operninszenierung für die Internationalen Maifestspiele übernommen und der ,Elektra‘ von Richard Strauss einen solchen Raum geschaffen. Es war eine sehr interessante künstlerische Begegnung mit der außergewöhnlichen Künstlerin aus dem Odenwald!“

„Circle of Broken Landscape“ und die Federn „Im Kreis des Adlers“ faszinieren Manfred Beilharz. Die Installationen sind im früheren Projektraum zu finden. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Das Innere bleibt

Heike Schorn schreibt: „Ich freue mich schon darauf, Gerhard Richters zeitloser Königin wieder meine Reverenz erweisen zu dürfen. Sie strahlt Ruhe und Gelassenheit, gepaart mit verstecktem Humor und innerer Stärke, aus (also genau das, was wir im Moment benötigen!).
Das Gemälde erweckt in mir das Gefühl, dass Kunst nicht nur eine Abbildung des Äußeren ist, sondern auch das Wesen einfängt. Äußerlich mag man sich verändern, das Innere bleibt in seiner Struktur gleich.
Gerade in der heutigen Zeit hilft der Gedanke, dass es auch Dinge gibt, die nach der Krise noch so sein werden wie zuvor.“

Der Queen begegnet Heike Schorn immer wieder gerne. Gerhard Richters „Königin Elisabeth“ strahlt für sie auch innere Stärke aus. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Starke Leuchtkraft

Dr. Sandra Pepperl-Klindworth schreibt: „Was mich an diesem Bild von Karl Schmidt-Rottluff aus dem Jahr 1935 begeistert, sind die Widersprüche. Das Motiv wirkt auf den ersten Blick geradezu harmlos. Ein Tisch und ein Stuhl vor einem Fenster. Draußen ist schon der Mond aufgegangen und scheint durchs Fenster hinein. Abendstimmung. Und dennoch, der Maler erhielt während der NS-Zeit Malverbot. Das Bild enthält viele geometrische Elemente und ist trotzdem irgendwie weich und unaufgeräumt.
Am meisten beeindruckt mich aber die starke Leuchtkraft der Farben, die dennoch ganz klar eine Abendstimmung aufkommen lassen. Ein wunderbares Beispiel eines Brücke-Malers zum Expressionismus.“

Die Widersprüche im Gemälde „Abend im Zimmer“ von Karl Schmidt-Rottluff begeistern Sandra Pepperl-Klindworth ebenso wie die starke Leuchtkraft. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

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