Augen auf! Kunst ist Lebenselexier

Rückblick auf die Anfänge des Freundeskreises mit Felicitas Reusch

Heute ist sie Vorsitzende der Kunstarche, dem Freunde-Verein aber noch eng verbunden: Felicitas Reusch. (Foto: Helga Sigmund)

Auf der Anwesenheitsliste der 15 Gründungswilligen, die sich am 19. September 1994 im Museum trafen, findet sich auch Felicitas Reusch, heute Vorsitzende des Vereins Kunstarche. Sie hatte damals den unbedingten Willen, einen Förderverein für das Museum zu gründen. Was war die Motivation? Für die historische Kunstsammlung des Museums Wiesbaden, so Reuschs Schilderung, gab es den Nassauischen Kunstverein. Der hatte 1979 von der Stadt Räume in der Wilhelmstraße erhalten und begann dort, Ausstellungen anzubieten, er habe dann aber nicht mehr die Ankäufe des Museums gefördert. Nach Wahrnehmung der Kunsthistorikerin hatte der Nassauische Kunstverein damals „mehr Resonanz als das verstaubte Museum in der Friedrich Ebert-Allee“.

Die Wiesbadener für die bestehende Kunstsammlung zu begeistern, nicht nur für die aktuellen Ausstellungen der Kunst, sondern auch für Klassische Moderne, das 19. Jahrhundert und die Alten Meister, das war Intention der späteren Schriftführerin des Förderkreises. Für die Akzeptanz des im Museum Vorhandenen in der Kunst sollte sich nach Reuschs Meinung der Verein stark machen und dann, wenn dies Erfolg zeige, zusammen mit dem seit 1987 die zeitgenössische Kunst vorantreibenden Direktor Volker Rattemeyer das Ministerium überzeugen: Es lohnt sich, in das Gebäude zu investieren.

Felicitas Reusch erinnert sich: „Die ersten Mitglieder waren neugierig auf Kunst generell, auch auf internationale Positionen. Sie waren gesellig, lernten sich auf Reisen näher kennen und befreundeten sich untereinander.“ Ziel war von Anfang an auch der Dialog mit Künstlern, Sammlern und Fachleuten – so wie es ihn ja heute noch gibt.

Gründungsfrau Reusch mag durchaus auch die Frage beantworten, warum sie sich im Drei-Sparten-Haus „nur“ für die Kunst einsetzte. „Die beiden anderen Abteilungen hatten ja ihre historischen Fördervereine: Den Nassauischen Verein für Naturkunde und den Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung“, erinnert Felicitas Reusch. Sie weiß aus damaliger Berichterstattung in den Zeitungen um „die langjährigen Konflikte zwischen Direktor Rattemeyer und diesen Vereinen“. Neben Beruf und Familie mit schulpflichtigen Kindern habe sie selbst sich voll auf die Kunst konzentriert, erzählt sie und blickt auf sehr intensive Aufbautätigkeit für den neuen Verein zurück. Die Geschäftsstelle wurde in ihrem Haus eingerichtet, von dort aus agierte sie mit großem ehrenamtlichen Engagement.

Häufiger hatte die Kunstfreundin in den Jahren zuvor die Klage gehört: „Die Wiesbadener tun nichts für ihre Kunstsammlung!“ Seit 1994 traf dies definitiv nicht mehr zu. Der Verein wollte im Sinne der Kunst im Museum Wiesbaden wirbeln, helfen, endlich würdige Bedingungen für die Kunstsammlungen und Ausstellungen zu schaffen. Als das Ministerium für Wissenschaft und Kunst grünes Licht gab, kamen die Gründungswilligen rasch zusammen. Dem ersten Vorstand gehörten Gerd Eckelmann als Vorsitzender, Felicitas Reusch als Schriftführerin und ehrenamtliche Organisatorin der Geschäftsstelle, Matthias Habbel als Schatzmeister sowie die weiteren Mitglieder Jochen Baumgartner (Kommunikation und Marketing) sowie qua Amt Museumsdirektor Volker Rattemeyer an. Das Interesse an der Kunstsammlung verstärken, das Museumsangebot mit Veranstaltungen begleiten, die Publikationen der Kunstsammlung fördern – was sich die Aktiven damals auf die Fahnen schrieben, gilt auch heute noch.

Eine tolle Sache sollte nicht unerwähnt bleiben: Am „bescheidenen Anfang“, wie sie es nannte, übergab Felicitas Reusch persönlich dem Museum „ein erstes Geschenk“: Vier Fotoarbeiten von Sigmar Polke, die auf einer Benefiz-Auktion zur Rettung der Kunsthalle Portikus (Städelschule) in Frankfurt mit zahlreichen anderen „Spenden“ von Künstlern bei Sotheby’s im Angebot waren und die sie für Wiesbaden ersteigert hatte. Der Dank des Direktors war ihr gewiss.

Zur Wiedereröffnung des Museums 2006 (man sprach vom Raumwunder auf alten Grundmauern) hatte Kunstfreundin Reusch die schöne Idee, Mitglieder des Vereins ihr Lieblingswerk beschreiben zu lassen und realisierte sie in einer aufwendigen Zeitungsbeilage (Wiesbadener Kurier und Wiesbadener Tagblatt) mit Lesestoff pur. So schwärmt die Wiesbadener Künstlerin Renate Reifert beispielsweise von „Jawlensky und seiner künstlerischen Spannbreite“. Die Malerin Regina Urbach schreibt von „Otto Ritschl – mein großes Vorbild“, Felicitas Reusch selbst begibt sich in Thomas Hubers „Bibliothek-Installation“ und schildert ihre Eindrücke. Nicht zuletzt werden in der Zeitungsbeilage Porträts der ganz anderen Art von Vollrad Kutscher beleuchtet, diese Installationen sind heute noch im Museum als „Leuchtende Vorbilder“ zu bestaunen. Monika Krüger, die Schwester des Künstlers, schrieb darüber.

Apropos Vollrad Kutscher: Der Frankfurter Künstler mit enger Bindung zum Museum Wiesbaden war eines der ersten Mitglieder im Verein Freunde der Kunst. Wir trafen ihn im Cafe Jawlensky und gingen auf Erinnerungstour. Demnächst wird er auf dieser Website zu Wort kommen!

Das Vorwort zu dieser 20-seitigen Beilage, die der Freunde-Verein dem Museum zum Überraschungsgeschenk machte, hat die Initiatorin und Organisatorin übrigens mit einem wunderbaren Slogan beendet:

Unsere Botschaft:
Augen auf, Kunst ist Lebenselexier!

In diesem Sinne
Ingeborg Salm-Boost


Lesen Sie auch unser Kurzinterview mit Felicitas Reusch und erfahren Sie mehr über ihre Lieblingswerke im Museum Wiesbaden.


Von Beginn an dabei
Unter den Gründungsmitgliedern finden sich unter anderem auch die ehemalige stellvertretende Museumsdirektorin Dr. Renate Petzinger,  Künstler und Unternehmer Professor Tom Sommerlatte und Jurist Reinhard Claus, der die Aufgabe hatte, dem IHK-Präsidenten und Unternehmer Dr. Gerd Eckelmann den Vorsitz des Vorstands schmackhaft zu machen – was ihm gelang. Lesen Sie auch unser Interview mit Gerd Eckelmann, der sich seit 25 Jahren als Vorsitzender engagiert.
Unter den Mitgliedern der ersten Jahre finden sich unter anderem Sammler und Mäzen Frank Brabant,  Künstler Vollrad Kutscher (siehe auch diesen Beitrag), Dr. Helmut Müller, früherer Oberbürgermeister in Wiesbaden und bis vor kurzem Geschäftsführer des Kulturfonds Rhein-Main.

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