Das InnoLabMuseum

Ein Treffen mit KuBiS-Masterstudierenden der Phillips-Universität Marburg

Vier Tage eintauchen in künstlerische Prozesse im Kontext der Kunstsammlungen des Museums und dazu in Begleitung und unter Anleitung von vier professionellen KünstlerInnen in den Ateliers der Vermittlung einen eigenen Ausdruck finden – wer würde das nicht spannend finden?

Doch zuerst zu den Begrifflichkeiten:

  • Was ist ein InnoLabMuseum?
  • Was für einen Master studieren KuBiS-Masterstudierende?
  • Wer sind die KünstlerInnen, und was wurde genau gemacht?

Das InnoLabMuseum

Seit der feierlichen Kooperationsvertragsunterzeichnung im September 2022 ist das Museum Wiesbaden nun mit der Phillips Universität Marburg verbindlich forschend als InnoLabMuseum verbunden. Die beiden Institutionen kooperieren, um kulturelle Bildung in Hessen konzeptionell zu stärken.

Mit der Verleihung des Prädikats „InnoLabMuseum“ reiht sich nun die zweite Institution nach der Richtsberg-Gesamtschule Marburg als sogenannte „InnoLabSchool “ in die Initiative „InnoLabExperience“ der Arbeitsstelle KuBiS ein.

„An Kunst und Kultur sollen alle Menschen teilhaben können, denn so entstehen Ideen, Erfahrungen und Diskurse, die uns als Gesellschaft weiterbringen“, erklärte Angela Dorn, Ministerin für Wissenschaft und Kunst anlässlich der Kooperationsvertragsunterzeichnung im September. „Daher ist es eine wesentliche Aufgabe für uns, Zugangshürden abzubauen. Das funktioniert vor allem durch Kulturelle Bildung. Denn unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft, unabhängig vom Elternhaus und dem eigenen Geldbeutel: Kultur ist für alle da.“

Das InnoLabMuseum hat in diesem Kontext das Ziel, kulturelle Bildung als Grundbestandteil von Bildung mit den jeweiligen Verantwortungen von Universität und Museum gemeinsam konzeptionell weiterzuentwickeln.

Der Weiterbildungsmaster Kulturelle Bildung an Schulen (KuBiS)

Die Phillips Universität Marburg hat nun bereits im fünften Durchlauf den „Weiterbildungsmaster Kulturelle Bildung an Schulen (KuBiS) ins Leben gerufen. Dazu wurde die Arbeitsstelle Kulturelle Bildung an Schulen (KuBiS) am Fachbereich 21 – Erziehungswissenschaften eingerichtet .

Im Rahmen ihrer drei Schwerpunkte „Lehre und Weiterbildung“, „Forschung und Entwicklung“ und „Beratung und Vernetzung“ professionalisiert der Weiterbildungsmaster KuBiS LehrerInnen, KünstlerInnen und VermittlerInnen gemeinsam für die Herausforderungen in der Zusammenarbeit von Schulen und außerschulischem Feld, zum Beispiel mit einer Kulturinstitution.

„Die Zusammenarbeit mit dem Masterstudierenden und dem Museum Wiesbaden benötigt allerdings mehr als ein weiteres neues Vermittlungskonzept mit SchülernIinnen zu erproben. Wir sehen kulturelle Bildung wie einen Schlüssel für eine sich in Aufruhr und Wandel befindliche Welt. Es braucht künstlerische Freiräume, um eigene Potentiale zu entdecken, die Welt anders zu begreifen und miteinander zu gestalten,“ so Christian Kammler, Leiter der Arbeitsstelle Kulturelle Bildung an Schulen (KuBiS) der Phillips Universität Marburg

In eigenen Gestaltungsprozessen der aus Schule und künstlerischen Feldern stammenden Weiterbildungsstudierenden wird im Studium die zentrale Frage nach „Kooperativität“ im beruflichen Alltag bearbeitet. Ziel ist es, zu neuen Erkenntnissen im institutionellen Miteinander zu gelangen und diese in die eigene berufliche Praxis zu übertragen

Die vier Tage im Museum mit den KünstlerInnen im Museum Wiesbaden

So startete die Kooperation mit der viertägigen Durchführung des Moduls „Künstlerische Erprobungsfelder“ am 23. November mit 17 Studierenden als Auftakt mit einer ersten Begegnung mit dem Museum und seiner beeindruckenden Architektur und den Sammlungen von Kunst und Natur in Anwesenheit der gesamten Abteilung Bildung und Vermittlung.

Mit professionellen KünstlerInnen der Sparten Literatur, Bildende Kunst, Theater und Musik unter der Leitung von Prof. Dr. Frank Jebe wurde in den drei anschließenden Tagen das Museum für die Studierenden zum ästhetisch-forschenden Handlungsraum.

Spannend und für das Team Edu inspirierend war dabei zu sehen, mit welchen Blickwinkeln nicht nur die Studierenden, sondern besonders auch wie die KünstlerInnen das Museum und die Exponate wahrnahmen und im Rahmen ihrer jeweiligen Kunstsparte nutzen.

So wurde beispielsweise der Judd -Raum – ein herausragend großer Raum der Skulptur der Minimal Art – von Musiker und Klangkünstler Olaf Pyras mit Studierenden quasi „erhört“. Das Potenzial der bewussten Raumwahrnehmung, eines der zentralen  Anliegen des Künstlers und Architekten Donald Judd, wurde experimentell über das künstlerische Medium Ton, Geräusch, Klang in den ganzen Raum übertragen.

Der Performer und Theaterpädagoge Thomas Hof befragte mit unterschiedlichsten handlungsaktiven Methoden zuerst das Edu-Forum nach Raum und Verortungsaspekten, um dann gemeinsam mit den Studierenden weiter in das Museum vorzudringen.

Am dritten Tag vereinten sich die Sparten Musik und Theater und zeigten im Rahmen einer Werkschau eine professionelle und beeindruckende Performance der beiden auf einander reagierenden und sich verbindenden Künste. Besucherinnen und Besucher blieben fasziniert und von der Intensität der Darbietung gefesselt stehen und nahmen als Zuschauende teil.

Die Sparte Literatur, vertreten durch Saskia Henning von Lange, arbeitete u.a. mit der Methode des biografischen Schreibens und startete mit der Suche nach Begriffen, die es in den Sammlungen aus der eigenen Sicht der Studierenden zu finden galt, um dann in einem künstlerischen Schreibprozess daran weiterzuarbeiten.

Thomas Kohl, bildender Künstler (der 2024 in der Hamburger Kunsthalle seine Aquarelle ausstellen wird) und Meisterschüler von Gerhard Richter, machte das große Atelier zur KünstlerInnen-Werkstatt und eröffnete den Studierenden eine erste Annäherung an das Medium der Malerei.

Malerei und Literatur wurden dann in einem intensiven Prozess am dritten Tag miteinander verbunden und im Atelier der Vermittlungsabteilung  zum Abschluss des Moduls als Ausstellung präsentiert.

Im Vorfeld war die Wahl der zu erprobenden Kunstsparten so ausgelegt, dass die Studierenden sich zu einer ihnen unbekannten und eher unvertrauten Kunst zuordnen sollten. Es ging um den Erwerb einer Haltung zu Irritierendem und Unvertrautem, wie es zu jeder Projektarbeit der kulturellen Bildung gehört. Diese erfahrene Auseinandersetzung mit sich selbst im Modus des künstlerischen Erprobungsfeldes war explizit so angelegt, dass der Aspekt von Kooperativität als Gelingensfaktor für kulturelle Bildung im Kontext der schulischen Bildung erlebbar und damit reflektierbar und professionalisiert wird.

Ziel des Masters ist es somit, das interprofessionelle Miteinander im komplexen Akteursgefüge von schulischer Institution zu Kulturinstitution zu thematisieren und die (kritische) Reflexivität der Akteure zu einem zentralen Punkt gelingenden Handelns zu machen.

Der gemeinsame Prozess der Betrachtung und Auswertung der dichten, gemeinsamen Tage mit den KünstlerInnen, Studierenden der Universität Marburg und dem Vermittlungsteam des Museum Wiesbaden ist noch nicht vollständig abgeschlossen, und es bleibt spannend zu sehen, wohin uns das gemeinsame Anliegen der Stärkung der Bildungsrelevanz durch kulturelle Bildung langfristig führen wird.

In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass Ende Oktober bereits eine Delegation von palästinensischen Schulverantwortlichen des Ministry of Education aus Nablus mit KünstlerInnen und Universitätsprofessoren der Kadoorie University aus Ramallah in Begleitung von Verantwortlichen des Referats Kulturelle Bildung des Hessischen Kultusministeriums das Museum Wiesbaden als InnoLabMuseum besucht haben. Die Delegation wurde mit interaktiven Vermittlungsformaten und Konzepten in den Ausstellungen von Kunst und Natur begleitet und tauchte selbst ästhetisch forschend in die Vielfalt der künstlerischen Auseinandersetzung mit den Exponaten ein. Der Fokus des Austauschs lag auf den Möglichkeiten und Potenzialen eines Transfers von Kulturschulentwicklungsmethoden der kulturellen Bildung.

Das Museum Wiesbaden als ein innovatives Laboratorium im Rahmen von kulturellen Bildungsprozessen und Kooperativität zu verstehen und langfristig auf das gesamte Museum zu übertragen, könnte also weiterhin interessant und gewinnbringend sein.

Wir freuen uns über die bisherigen und auf die weiteren Entwicklungen dieser spannenden Kooperationen als InnoLabMuseum!

Astrid Lembcke-Thiel, Referentin Kulturelle Bildung im Team Bildung und Vermittlung


Weitere Informationen:

Zur Kooperativität
Zum Masterstudiengang Kulturelle Bildung an Schulen

Zu den KünstlerInnen:
Thomas Kohl, Olaf Pyras, Saskia Henning von Lange, Thomas Hof


Zur Person
Astrid Lembcke-Thiel (Dipl.-Ing./M.A.) arbeitet als freie Kuratorin für künstlerische Prozesse, als Kunstvermittlerin und Kreativitätsextremistin. Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Verhältnis von Raum, Ort, Material und leiblicher Kommunikation. Neben Ihrer Tätigkeit als Referentin für Kulturelle Bildung am Hessischen Landesmuseum Kunst und Natur, Wiesbaden, ist sie Lehrbeauftragte an der Universität Duisburg-Essen, Dozentin in der Fortbildung von LehrerInnen, ErzieherInnen und KunstvermittlerInnen. Von 2016 bis 2018 machte sie als Stipendiatin der Commerzbank-Stiftung an der Phillips Universität Marburg den Weiterbildungsmaster „Kulturelle Bildung an Schulen“. Sie ist Initiatorin verschiedener Projekte und Kooperationen im Kontext der kulturellen Bildung, wie seit 2022 dem Projekt InnoLabMuseum in Kooperation mit der Philipps Universität Marburg.

 

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