Ein Jahr Jugendstil

Ideal für das Haus der Kunst und Natur

Besucher in der Jugendstilausstellung, Schenkung F.W. Neess (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Unter dem Namen „Jugendstil. Schenkung F.W. Neess“ wurde am 28. Juni 2019 die Dauerausstellung im Südflügel eröffnet. Das „Gesamtkunstwerk“ mit mehr als 500 Exponaten lockt seither Besucher aus dem In- und Ausland an. Wir veröffentlichen an dieser Stelle den Rück- und Ausblick, den die Pressestelle des Museums Wiesbaden zusammengestellt hat. Gleichzeitig berichten wir in einem eigenen Beitrag von einem Gespräch mit Danielle Neess, die eng mit dem Museum zusammenarbeitet. Und: In der kommenden Woche wird in der Serie „Aktion Sehnsuchtsobjekt“, Folge 9, ein amerikanisches Mitglied unseres Förderkreises die Jugendstil-Sammlung würdigen. 

Aus dem Museum heißt es:

Am 28. Juni 2020 jährt sich zum ersten Mal der Jahrestag der Jugendstil-Schenkung von Ferdinand Wolfgang Neess an das Museum Wiesbaden. Zu seinem 90. Geburtstag wurde seine Sammlung unter dem Namen „Jugendstil. Schenkung F. W. Neess“ feierlich im Museum eröffnet und findet seitdem breite Aufmerksamkeit beim Publikum und in den internationalen Medien. Das Museum konnte seinen Sammlungsschwerpunkt durch die Schenkung substanziell erweitern. Gemeinsam mit dem Sprudelhof in Bad Nauheim und der Mathildenhöhe in Darmstadt stellt die internationale Sammlung sowohl eine wichtige Ergänzung für diesen kulturgeschichtlichen Zeitraum in Hessen als auch auf der Landkarte des Jugendstils dar. Der Jugendstil speiste sich stilistisch und inhaltlich aus den Formen der Natur und verbindet somit ideal die Sammlungen für Kunst und Natur des Zweispartenhauses in Wiesbaden.

Die Präsentation der größten europäischen Privatsammlung des Jugendstils, Art Nouveau und Symbolismus’ wurde im Museum Wiesbaden ganz im Sinne des Geistes der damaligen Künstler als Gesamtkunstwerk inszeniert. Als gelebte Einheit werden Gläser, Keramiken, Möbel, Lampen und Gemälde als untrennbare Verbindung von Kunst und Leben gemeinsam präsentiert. Die Innovationskraft dieser Kunstrichtung zeigt sich auch in der künstlerischen Nutzung der modernen Elektrizität, indem Skulpturen illuminiert, funktional nutzbar gemacht und Lampen zu gläsernen leuchtenden Kunstwerken wurden. Einen besonderen Kern bildet in der Präsentation die permanente Beleuchtung der Lampen sowie der Lichtinstallationen der Räume, um die für den Jugendstil besondere Bedeutung der Lichtatmosphäre hervorzuheben.

„Die herausragende Qualität der Objekte, die vielfach ikonische Werke dieser Zeit wie Alfons Muchas Skulptur ,La Nature‘ enthält, trägt ihren Teil zu einem einzigartigen Kunsterlebnis bei. Dank der Schenkung konnte das Museum seinen bisherigen Sammlungsschwerpunkt zur Kunst des 19. Jahrhunderts fulminant erweitern und den Übergang vom 19. Jahrhundert zur Kunst der klassischen Moderne im 20. Jahrhundert präzisieren“, resümiert Museumsdirektor Dr. Andreas Henning und begrüßt zudem den Zuwachs an Internationalität: „Einem Museum der Landeshauptstadt Hessens würdig, trägt die Sammlung zur Schärfung seines internationalen Profils bei. Besonders die Objekte des Art Nouveau in der Sammlung verdeutlichen, welche bedeutende Rolle Frankreich für diese Bewegung innehatte. Kein anderes Museum außerhalb Frankreichs weist eine solche Fülle an Kunstwerken aus dieser Zeit auf. Die Sammlung macht das Museum Wiesbaden zu einem Zentrum des Art Nouveau in Deutschland.“

Durchdrungen vom Geist der Weltausstellung 1900 in Paris, der Wiener Sezessionsbewegung als auch der deutschen Reformbewegung stellt die Präsentation mit ihren mehr als 500 Objekten qualitativ als auch quantitativ einen zentralen Querschnitt des weltweiten Jugendstils dar. Der Jugendstil gilt als letzte gemeinsame internationale Kunstsprache.

Kustos und Ausstellungsmacher Dr. Peter Forster bedauert, dass die erste Jubiläumsfeier nur still und ohne den Stifter und Sammler begangen werden kann: „Am Jahrestag wäre der Sammler Ferdinand Wolfgang Neess, der am 26. Januar verstorben ist, 91 Jahre geworden. Liebend gerne hätte das Museum seinen Geburtstag mit ihm feierlich begangen. In seiner Sammlung lebt er jedoch weiter und auch die Sammlung selbst lebt weiter. Seine Ehefrau Danielle Neess fühlt sich der Sammlung weiterhin sehr verpflichtet und unterstützt das Museum in großzügiger und tatkräftiger Weise“, so Peter Forster.

So gelangten nach der Eröffnung ein Originalplakat von Alfons Mucha „Österreich auf der Weltausstellung in Paris“ und ein großformatiges Gemälde von Friedrich König „Der Tod und das Mädchen“ als Dauerleihgabe in das Museum. Einen weiteren Höhepunkt bilden eine Tischleuchte „Danseuse à l’écharpe“ und eine Skulptur„Danseuse aux Cothurnes“ von Agathon Léonard. Beide Tanz-Figuren wurden für einen fünfzehnteiligen Tafelaufsatz aus Porzellan entworfen, der auf der Pariser Weltausstellung 1900 mit einer Goldmedaille prämiert wurde. Die beiden beeindruckenden Fassungen in vergoldeter Bronze, eine Hommage an die um die Jahrhundertwende gefeierten neuen Ausdruckstanzbewegungen, werden in Wiesbaden erstmals zum 91. Geburtstag des Mäzens präsentiert. Neben der Sammlungspräsentation jährt sich auch das Jugendstiljahr in Wiesbaden, an dem sich zahlreiche Institutionen in Wiesbaden beteiligt und die maßgeblich dazu beigetragen haben, den Blick auf den Jugendstil in Wiesbaden zu öffnen.


Auch in den Besucherzahlen spiegelt sich die Neugier der Gäste und das Interesse an der vielseitigen Kunstströmung wider. Am Eröffnungstag der Sammlung durfte das Museum über 1.000 Besucherinnen und Besucher in seiner neuen Jugendstil-Sammlung willkommen heißen. Seitdem zieht es – nun auch als Mitglied der European Art Nouveau Route und Dank der engen Zusammenarbeit mit dem Wiesbadener Stadtmarketing – zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland in die Sammlung.

„Die Bilanz zu einem Jahr Jugendstil im Museum Wiesbaden gestaltet sich auf allen Ebenen hoch erfreulich und wird begleitetet von Zustiftungen. Dem Beispiel Neess folgend werden Sammler geschlossene Keramik- und Glaskonvolute von Royal Dux und Joh. Loetz-Witwe dem Museum als Vermächtnisse zukommen lassen. Als Fazit kann festgehalten werden: Der Jugendstil hat sich in Wiesbaden etabliert, Dank Ferdinand Wolfgang Neess,“ dankt Forster dem Engagement des verstorbenen Sammlers sowie den Bürgerinnen und Bürgern.

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