Ein Leben inmitten der Kunst
Der Sammler Frank Brabant im Film
Da sitzt er entspannt auf dem Sofa mit der markanten schwarz gerahmten Brille, die Wände und Dachschrägen um Frank Brabant sind gepflastert mit Bildern. Klein, groß, schmal, schwarz-weiß, leicht lasiert, stark farbig hängen Gemälde, Zeichnungen und Grafiken in Petersburger Hängung um ihn herum. Schon in der ersten Sequenz des Dokumentarfilms von Andreas Clarysse erfahren wir, dass der stolze Besitzer von rund 700 Kunstwerken in Wiesbaden in einer 5-Zimmer Dachgeschoßwohnung lebt. „Überall wo Platz ist“, hängt er seine Bilder: im Bad, in der Küche, ja sogar an der Rückseite der Wohnungstür.

Clarysse begleitet Frank Brabant zurück ins Jahr 1963: 25 Jahre ist Brabant damals alt, von Beruf Versicherungskaufmann, seit fünf Jahren lebt der gebürtige Schweriner in Wiesbaden. Ein Termin hat ihn nach Frankfurt geführt. Um Wartezeit zu überbrücken, betritt er die Galerie Hanna Bekker vom Rath, wo gerade die Eröffnung einer Max Pechstein Ausstellung stattfindet. Die Kunst spricht Frank Brabant an. Aber es ist ihm auch etwas mulmig. Er konnte doch nicht einfach so rumstehen und nichts kaufen, dachte er damals. Also entschied er sich für einen Holzschnitt, gleich mit dem Hinweis an Hanna Bekker vom Rath „er müsse das Bild aber ein Jahr lang abstottern“.
Das ist der Grundstein der Sammlung Frank Brabant mit Schwerpunkten im Expressionismus, Realismus und der Neuen Sachlichkeit. Er habe damals vor allem „Dinge gekauft, die liegen geblieben sind“. Also günstig zu haben waren.

Sehr persönlich und oft auch wirklich zum Schmunzeln sind die kleinen Geschichten, die Frank Brabant zu seinen Bildern und zu seinem Leben erzählt. Etwa, wenn es um das „Pussycat“ geht, eine Disco oder wie Brabant sagt „ein Singletreff“, das er von 1968-88 in Wiesbaden betrieben hat.
Während der 6-monatigen Drehzeit zu dem Dokumentarfilm scheinen Filmemacher und Sammler einen guten Draht zueinander gefunden zu haben (siehe dazu auch unseren Beitrag „Unter Freunden“ aus dem Januar 2025). Ursprünglich sollte der Streifen nur einige Minuten lang sein, aber das Endprodukt füllt ohne jegliche Längen rund eine halbe Stunde. Hauptdrehort war für 24 Wochen die Wohnung mit Bücherstapeln, aus denen Frank Brabant sein Wissen zur Kunst bezog und nicht zuletzt wechselnden Bildern an der Wand, wenn gerade mal wieder Kunstwerke von Emil Nolde, August Macke, Franz Marc, Kandinsky oder Georg Tabbert, Otto Dix zu Ausstellungen unterwegs waren. Es gibt interessante Rückblenden in die Zeit der Neuen Sachlichkeit mit Wirtschaftskrise und Schwarzhandel in Berlin; ein Besuch in der Galerie Rubrechtcontemporary, wo kürzlich das Frank Brabant-DNA-Porträt des Fotokünstlers Kevin Clarke vorgestellt wurde; und natürlich der Besuch im Museum Wiesbaden, wohin bereits zahlreiche Schenkungen und Leihgaben ihren Weg gefunden haben. Frank Brabant ist eng mit dem Museum verbunden, nicht nur als Sammler. Als der Förderverein „Freunde des Museums Wiesbaden“ 1994 gegründet wurde, war er dabei. Er ist häufiger Gast in den Ausstellungsräumen und steht auch mit seinem bürgerschaftlichen Engagement in der Tradition des Hauses. Hier schließt sich der Kreis zwischen Frank Brabant und Hanna Bekker vom Rath. Ein Teil ihrer Sammlung befindet sich bereits im Museum Wiesbaden. Die Hälfte der Kunstwerke von Frank Brabant werden dort nach seinem Tod einen Platz finden. Eine ganz wichtige Ergänzung für die eigenen Bestände des Museums.

Und so ist es kein Zufall, dass gerade im Jubiläumsjahr „200 Jahre Museum Wiesbaden“ dieser Dokumentarfilm entstanden ist. Von den Freunden initiiert und unterstützt, gefördert auch von der Landtagspräsidentin Astrid Wallmann und der Naspa Stiftung konnte der Dokumentarfilm realisiert werden. Er wird demnächst auf der Website der Freunde des Museums zu sehen sein. Und dann können auch Sie feststellen, dass die Chemie zwischen dem Filmemacher Andreas Clarysse und dem Protagonisten, dem Sammler und Mäzen Frank Brabant, stimmt. Das Ergebnis ist ein opulentes Werk von 30 Minuten. Opulent, nicht wegen technischer Finessen, sondern gerade aufgrund seiner Einfachheit und vor allem der vielen farbenprächtigen Bilder, nicht zuletzt dank der kleinen verschmitzten Erzählungen. Im Mittelpunkt steht die Kunst mit einzigartigen Bildern von Alexej Jawlensky, Max Beckmann, Rudolf Schlichter oder Johannes Wüsten.

Eine Anmerkung zum Schluss: Vielleicht waren es ja ein oder sogar zwei Kindheitserlebnisse, die aus dem Versicherungskaufmann Frank Brabant den Sammler werden ließen. Da ist, wie er selbst erzählt, die Begebenheit 1945 in Schwerin als die Sowjets einrückten und Wohnungen konfiszierten. Was aber den kleinen Frank vielmehr schmerzte, war, dass eine Offizierin ihm den geliebten Teddybären entriss und requirierte. Wenig später im Nachkriegsdeutschland ging der junge Frank notgedrungen ins Museum, wenn die Sonntagsvormittagsvorstellungen (im Kino) ausverkauft waren.
Frank Brabant ist ein leidenschaftlicher Sammler, aber damit ist jetzt Schluss: „Ich kann nicht mehr weitersammeln. Ich muss manchmal über Bilder steigen, um ins Bett zu kommen.“
Martina Caroline Conrad