Idas Tiere „in motion“
Spendenaktion für einen Bildteppich von Ida Kerkovius
Noch ist Zeit bis zur „Naturpause“ im Museum Wiesbaden. Inhalt heute: Antilopen. Tiere, mit denen ich im Alltag nicht in Kontakt komme, vielleicht auch besser so, ich fände solche Begegnungen in städtischen Parks oder im Garten schwierig. Ich liebe dieses Mittwochsformat, das sich im Wechsel mit der so genannten „Kunstpause“ gut 20 Minuten einem speziellen Thema widmet. Ich lerne jedes Mal etwas dazu, sei es zu einer aktuellen Ausstellung oder Exponaten aus dem Bestand. Und, großes Lob an dieser Stelle, die Referenten aus dem Haus geben sich alle Mühe, den meist kleinen Kreis Interessierter an ihrem Wissen teilhaben zu lassen.
Doch ich schweife ab, oder anders gesagt, führe nach dieser kleinen Werbung hin zu einer größeren, die sich aus meiner Anwesenheit zu besagter „Naturpause“ heraus ergab. Ich bin zu früh und verweile in der Wandelhalle, es eilt vorbei Dr. Roman Zieglgänsberger. Er nimmt mich mit in einen Raum mit Werken aus der Sammlung gleich im Erdgeschoss. Ich bin gespannt. In dem Raum hängt ein Lieblingsbild (ich habe einige, sie sind wie gute Freunde, die ich gerne besuche), Willi Baumeisters Mogador auf Violett. Die Überraschung verbirgt sich allerdings davor in einem Glaskasten auf dem Boden, ein Neuzugang wartet auf seine perfekte Positionierung: Mir entgegen leuchtet so lebensfroh und bunt, fast kindlich in der Gestaltung und sicherlich flauschig weich, könnte ich ihn anfassen, der Figurale Tierteppich von Ida Kerkovius. Ist der mal schön! Liebe auf den ersten Blick wie bei Baumeister, und der Platz in der Nähe dieses Bildes ist stimmig, Stichworte Stil und Farbgebung.
Dr. Jörg Daur kommt dazu, nun wird feinjustiert: Ja, der Teppich macht sich in diesem Raum gut. Hier hängen, das nur nebenbei, Fritz Winters Aktives Rot, Gerhard Hoehmes Spazio Meteorologico, K. O. Götz’ Krakmo, weiter Peter Brünings 74/61, und steht noch auf einem Sockel die Skulptur Wiederauferstehung des Willens von Gábor Török. Beste Gesellschaft also. Die Idee, ihn nicht zu hängen, obwohl seinerzeit als Wandteppich geschaffen, und dafür lieber bodennah in einem Glaskasten zu präsentieren, hat etwas. So können Besucher das Werk allseitig umrunden, man steht sich nicht im Weg. En plus erhält es eine Sonderstellung, denn im Gegensatz zu den umgebenden Bildern und einer Skulptur liegt es – und welches Bild tut das schon. Allerdings soll der neue Star der Sammlung nicht zur Stolperfalle werden, wenn Betrachter von Baumeister oder Winter rückwärts schreiten. Wobei, so wird weiter überlegt, der Abstand zu
Baumeisters kleinteilig gestaltetem Werk so groß nicht sein muss, und man bei Winter ohnehin mehr Distanz braucht, um das Aktive Rot auf sich wirken zu lassen. So wird der Teppich von den beiden Kuratoren hin- und hergeschoben, Zentimeter, Millimeter, mehr in Richtung Ein- bzw. Durchgang, aber auch nicht zu viel, damit Besucher nicht an der Kastenkante hängen bleiben, diese gar zum sinnbildlichen Stein des Anstoßes wird.
Den Kasten nicht zu hoch zu machen, erfahre ich, soll verhindern, dass er als Sitzgelegenheit zum Ausruhen fehlgenutzt wird. Einem Kunstfreund mag das absurd erscheinen, eher kulturungeübten Mitbürgern, eine nachsichtige Umschreibung meinerseits, nicht.
Nicht zuletzt, fällt mir im Rückblick vom heimischen Schreibtisch aus ein, dürfte für den Teppich ein gleichmäßiger Lichteinfall von oben günstiger sein. Kein Schattenwurf schmälert seine Leuchtkraft.
Damit diese zauberhafte Teppich-Kunst, die liebevolle kunsthandwerkliche Schöpfung von Ida Kerkovius aus dem Jahr 1954 ganz und gar und für immer im Museum Wiesbaden ihr Zuhause hat, bedarf es noch finanzieller Unterstützung. Und wir von den Freunden dieses wunderbaren Museums sind dazu aufgerufen, hier hilfreich und sinnvoll aktiv zu werden. Schauen Sie sich bei einem Besuch das „gute Stück“ einmal genauer an und verlieben Sie sich! Mitunter braucht es den direkten Bezug, das Vor-Ort-Sein, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wofür man Geld ausgibt, selbst wenn Anfassen und Ausprobieren entfallen. Statt Martinsgans, Nikolausstiefel oder dem fünften Kaschmirschal ein Zuschuss für etwas, das bleibt – für Sie, mich, jetzt, und für alle Besucher in den nächsten Jahren.
P. S. Die fabelhafte Idee, das Tierteppich-Glück dem Museum zu schenken, ist ja aus dem höchst erfreulichen 30. Geburtstag der Freunde entstanden. Ein besonderes Jubiläum feiere ich privat zum Beispiel sehr gerne damit, aus einer Grundhaltung der Dankbarkeit heraus etwas Gutes zu tun, und nicht nur mich, sondern auch andere zu bedenken. Sie wissen ja, geteilte Freude …
PS: Wenn Sie noch mehr über den Kerkovius-Teppich lesen möchten, schauen Sie kommende Woche unbedingt wieder auf unsere Freunde-Website. Dort finden Sie dann einen Beitrag von Kustos Dr. Roman Zieglgänsberger, der ausruft: „Endlich ist er da!“. Falls Sie sich gerade eben spontan zu einem Zuschuss entschlossen haben: Das Förderkreis-Spendenkonto hat die IBAN DE 53 5105 0015 0101 2550 93.
Anne-Marie Djaković
Zur Person
Dr. Anne-Marie Djaković, zurzeit freischaffend im Bereich Textarbeit und Lektorat tätig, engagiert sich bei Projekten rund um Literatur, Kunst und Kultur. Seit 2020 ist die Wahl-Mainzerin Mitglied bei den Freunden des Museums Wiesbaden. Sie wertschätzt das Haus der Kunst und Natur als „zweites Zuhause“, in dem sie gerne bei den Jours fixes oder Künstlergesprächen auf Gleichgesinnte trifft. (red)