Interview mit Frank Brabant

Und immer gehen seine Schätze auf Reisen

Kann das denn wirklich stimmen? Der große Kunstfreund und -kenner Frank Brabant, der dem Museum Wiesbaden die Hälfte seiner mehr als 650 Werke umfassenden Sammlung schenkt, wird 85. Ja, es stimmt, am 11. April ist es soweit. Aber eins ist klar: Ehe der gebürtige Schweriner, der auch das Museum seiner Heimatstadt großzügig – mit der anderen Hälfte – beschenken wird, Glückwünsche entgegennimmt, absolviert er auch am Geburtstag erst einmal sein morgendliches Sportprogramm. Danach darf gratuliert werden. Er wird nicht groß, sondern nur in einem überschaubaren Kreis im Museum feiern. „Seine“ Kabinettausstellung „Frank Brabant trifft Karl Otto Hy“, die er mit Kustos Roman Zieglgänsberger zusammengestellt hat, ist ja bereits im Februar eröffnet worden. Nicht schon wieder so viel Aufmerksamkeit …, denkt der Jubilar sich und mag zurückschauen auf den 80. im Jahr 2018: Damals gab es eine wunderbare Ausstellung, mit der im Museum sein „zweites Wohnzimmer“ entstand, und eine umfassende Würdigung samt Verleihung einer Plakette, mit der das Land Hessen (nicht sehr oft) besondere Verdienste für Kunst und Kultur auszeichnet.

Für „außerordentliche Verdienste um Kunst und Kultur“ erhielt Frank Brabant bei der Ausstellungseröffnung von Minister Boris Rhein die Goethe-Plakette des Landes Hessen (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)
Für „außerordentliche Verdienste um Kunst und Kultur“ erhielt Frank Brabant 2018 bei der Ausstellungseröffnung mit Werken aus seiner Sammlung vom damaligen Minister und heutigen Ministerpräsidenten Boris Rhein die Goethe-Plakette des Landes Hessen (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Für die Freunde-Website hatte er bereits 2017 ein ausführliches Interview gegeben, über die Anfänge und Jawlenskys Bild „Helene im spanischen Kostüm“, das russische Interessenten ihm für acht Millionen Euro abkaufen wollten, er jedoch schon 2014 unserem Museum schenkte. Aber ein kleines Gespräch zum 85. sollte doch auch stattfinden – und vier kurze Laudationes auf Frank Brabant aus dem Museum streuen wir ebenfalls in diesen Beitrag ein …
„Treffen wir uns bei dir oder kommst du zu uns?“, lautete meine Frage am Telefon. „Ich muss mich bewegen, ich komme zu euch“, heißt die Antwort. Und ein sportlicher Typ steht an einem Nachmittag zum verabredeten Zeitpunkt gut gelaunt an der Tür. Erst einmal wird die Katze begrüßt. Dafür setzt sich Frank Brabant auch mal kurz auf den Boden. Schließlich ist es ein alter Kater, der „Guten Tag“ sagen will …


Frank, nun wirst du schon 85 – was man einfach nicht glauben kann! Wenn du dir, ganz persönlich, drei Wünsche erfüllen könntest, wie würden die lauten?

Gesundheit. Viel Geld, um neue Bilder zu erwerben, die dann später zusätzlich an unser Museum Wiesbaden gingen. Und dann möchte ich nicht, wenn ich noch älter werde, vereinsamen.

Du hast vermutlich seit dem 80. Geburtstag deine Sammlung noch um so einiges an spannenden Werken vergrößert. Worauf hast du den Fokus gelegt?

Vor allem auf Bilder von Künstlern, die 1933 nicht mehr weiterarbeiten konnten. Zum Schluss habe ich Werke von Aktiven der Wiesbadener Werkkunstschule erworben. Ein Selbstporträt von Professor Otto Fischer-Trachau, der eine Zeitlang in Wiesbaden gelehrt hat, ein weiteres Porträt, das er malte, und auch eine kubistische Arbeit von einem Schüler Fischer-Trachaus, der heißt Erich Franke. Aber auch Karl Otto Hy war ein Schüler des Professors. Über Hy hatte ich mich zuerst schlau gemacht, Du weißt ja, dass ich ihn sehr schätze. Deshalb auch die Kabinett-Ausstellung „Frank Brabant entdeckt Karl Otto Hy“, die ich mit Roman [Zieglgänsberger] auf den Weg bringen durfte.

War das nicht toll, dass die Enkelin deines Hy-Porträts „Anna“, zur Preview, die von den Freunden fürs Museum ausgerichtet wurde, kam und wir so erfuhren, dass die dargestellte Anna Hys Schwägerin war? Bislang wusste man ja nicht, wer diese, schon in der Londoner Tate Gallery ausgestellte, „Anna“ überhaupt ist …

Ja, das war ein interessantes Zusammentreffen, auch mit dem Sohn von Karl Otto Hy.


Im Namen des gesamten Museumsteams möchte ich Frank Brabant einen sehr herzlichen Geburtstagsgruß zurufen. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie glücklich und dankbar wir sind, dass wir ihn haben. Als großzügiger Stifter unterstützt er uns maßgeblich, die Sammlung der Klassischen Moderne weiterzuentwickeln, und zwar nicht nur in ihrem Schwerpunkt Expressionismus, sondern insbesondere auch in der Neuen Sachlichkeit. Wir schätzen ihn als Experten, der mit wachem Blick Qualität erkennt, und das sowohl im Kanon der Kunstgeschichte wie auch bei bislang übersehenen Künstlerinnen und Künstlern. Und er begleitet uns als Freund: als Mitglied des Vereins der Freunde des Museums Wiesbaden seit dem Gründungsjahr 1994, als aufmerksamer Besucher, als stets gutgelaunter Gast unserer Eröffnungen. Lieber Frank: von Herzen alle guten Wünsche zum Geburtstag – und danke, dass es dich gibt!
– Dr. Andreas Henning, Direktor


Du verleihst dann sicher auch Bilder an die Kunstarche, die bald eine Ausstellung mit Absolventen der früheren Handwerker- und Kunstgewerbeschule in der Zeit von 1919 bis 1933 macht?

Ja, ich bin mit Felicitas Reusch in Kontakt. Ich leihe der Kunstarche drei Gemälde aus, davon zwei von Franke.

Wie geht es weiter? Bist du immer noch im Kauf- und Ersteigerungsfieber?

Nein, die letzte Erwerbung soll das kubistische Werk von Franke, „In der Bibliothek“, gewesen sein. Ich muss jetzt sparsam werden, eisern sein. Die Sammlung ist abgeschlossen. Alle meine Wände sind ja voll.

Der jugendlich gebliebene Sammler vor seinem fiktiven Wohnzimmer im Museum – seinem zweiten Wohnzimmer (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)
Der jugendlich gebliebene Sammler im Jahr 2018 vor seinem fiktiven Wohnzimmer im Museum – seinem zweiten Wohnzimmer (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Du bist in Fachkreisen bekannt dafür, dass du Bilder für Ausstellungen gerne ausleihst. Wo findet man Werke aus der Brabant-Sammlung derzeit noch, außer im Museum Wiesbaden?

Mit fünf Bildern bin ich unterwegs. In Konstanz mit zwei von Franz Lenk, Neue Sachlichkeit. Dann gibt es eine Doppelausstellung in Koblenz im Mittelrhein-Museum und in Königswinter im Siebengebirgsmuseum.
Im Herbst gehen fünf Werke nach Albstadt, u. a. „Der Liebesakt“ von Elfriede Lohse-Wächtler, „Susanne im Bade“, von Franz von Stuck und „Der Lustmord“ von Karl Hubbuch. Das Bild ist  übrigens dieses Jahr auch schon im Centre Pompidou und im Louisiana Museum in Dänemark ausgestellt worden. Und dann geht noch Kleinschmidts Bild „Die Klavierspielerin“ ins Schloss Achberg bei Lindau. In unser Museum Wiesbaden gebe ich übrigens im Oktober für die Schau „Gemischtes Doppel“ mit Arbeiten der Künstlerpaare Purrmann und Moll zwei Bilder.

Hast du schon einmal beim Ausleihen schlechte Erfahrungen gemacht?

Nein. Bislang nicht. Ich bin einigermaßen kooperativ. Das freut die Museen.


Für mich ist Frank Brabant in jeglicher Beziehung – also dienstlich und privat – eine ungemeine Bereicherung. Jede Begegnung mit ihm ist nicht nur eine große Freude, sondern auch lehrreich durch seine umfassende Detailkenntnis der Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Darf ich bei ihm bei Kaffee und Kuchen sein, wobei wir gerne über Kunst und die Welt der abgehängten und vergessen KünstlerInnen sprechen, schweift mein Blick unverfrorenerweise, ich muss es zugeben, immer durch den Raum und bleibt bei seinen vielen, vielen Kunstwerken hängen. Irgendwann schaue ich aber natürlich auch wieder zum Tisch zurück und dann ist es schon vorgekommen, dass ich so ganz für mich gedacht habe, was für ein „Gesamtkunstwerk“ Frank Brabant doch ist. Herzlichen Glückwunsch, lieber Frank – und demnächst gerne wieder persönlich bei dir auf dem Diwan zur Tasse Bohnenkaffee, darauf freue ich mich schon heute – den Kuchen bringe ich mit, versprochen!
– Dr.  Roman Zieglgänsberger, Kustos Klassische Moderne


Gibt es außer dem Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit noch eine Kunstrichtung, die dir besonders zusagt?

Die Abstraktion der 20er Jahre, etwa Kandinsky oder Rudolf Bauer.

Frank, jeder, der dich ein bisschen kennt, weiß, wie sehr du auf deine Fitness achtest …

Das stimmt, ich habe da einen starken Willen. Eine Stunde Training muss an jedem Morgen sein: Radfahren auf dem Heimtrainer, Springseil, Liegestütze, Kniebeugen, Hanteln…

Respekt! Warst du immer schon so diszipliniert?

Ich bin es seit zirka 40 Jahren. In der Zeit als Betreiber der Disco „Pussycat“ war das natürlich anders … 1975 habe ich mir übrigens das Rauchen abgewöhnt, ich trinke auch kaum Alkohol.


Für mich ist Frank verbunden mit dem geflügelten Wort: „Das Schönste an Frankfurt ist der Zug nach Wiesbaden!“, das von einer „goldenen Zeit“ des Wiesbadener Nachtlebens schwärmt. Irgendwie wäre ich auch gerne dabei gewesen. Aber wer weiß, ob wir das nicht wieder hinbekommen?
– Dr. Jörg Daur, stellvertretender Direktor und Kustos moderne und zeitgenössische Kunst


Schauen wir mal auf die Stadt Wiesbaden, in der du seit 1959 lebst. Was gefällt dir besonders?

Ich liebe das Nizzaplätzchen im Kurpark, sitze gern im Café Maldaner, und ich bin öfter im Staatstheater, auch zu den Maifestspielen. Und ich gehe gerne ins Ballett und natürlich in die Oper.

Zum Beginn unseres Gesprächs haben wir von deinen ganz persönlichen Wünschen gesprochen. Zum Schluss die Frage: Was wünschst du dir denn zeitnah mit Blick auf deine Stadt Wiesbaden?

Ganz wichtig ist der Erweiterungsbau für unser Landesmuseum. Und dann freue ich mich auf die Eröffnung des Museum Reinhard Ernst. Außerdem sollten nicht mehr so viele Geschäfte in der Innenstadt leer stehen.


Frank ist immer beides: Sammler und Mensch. Der Mensch trägt den Sammler, der Sammler den Menschen. Beides macht Spaß.
– Dr. Peter Forster, Kustos Sammlungen 12. bis 19. Jahrhundert


Lieber Frank, danke für das Gespräch! Ist es richtig, dass du keine Geschenke zum Geburtstag haben möchtest?

Ja, das ist so. Wer mir unbedingt etwas schenken will, der kann vielleicht einen kleinen Beitrag zum Erwerb eines Werkes von Alois Erbach, ein Wiesbadener Maler, der von 1888 bis 1972 lebte, leisten. Natürlich ist das Gemälde nicht für mich, sondern für unser Museum!

Das Gespräch führte Ingeborg Salm-Boost

Wie schön, dass er auch – seit Gründung 1994 – zu den Freunden des Museums gehört. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, lieber Frank Brabant! Das Bild von ihm hat Fotokünstler Frank Deubel, auch Förderkreis-Mitglied, anlässlich des 80. Geburtstags aufgenommen.

PS: Am Ostermontag, 18 Uhr, gab es bei unserem Freunde-Mitglied Jutta Szostak auf Radio Rheinwelle, 92,5, eine „Blaue Stunde“ mit Frank Brabant. Sie ist kann hier nachgehört werden.

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