Kulturcampus MuWi

Schwärzlinge im Blick

Ich bin sehr froh, dass es das Museum Wiesbaden und die Freunde des Museums Wiesbaden gibt. 2018 wurde ich eingeladen, Teil des Führungsteams Natur zu werden, und nun schreibe ich sogar meine Abschlussarbeit für das erste Staatsexamen in Kooperation mit dem Museum Wiesbaden.

Bereits seit 2014 war ich für das Naturhistorische Museum Mainz tätig, doch als der Umbau stattfand, waren leider keine Führungen mehr möglich. Dankenswerterweise hat mich die Museumspädagogin aus Mainz an das Museum Wiesbaden vermittelt. Seitdem habe ich dort sehr viel erlebt und mein Tätigkeitsfeld stets erweitern dürfen, sodass ich zum jetzigen Zeitpunkt schon über 150 Führungen für das Museum Wiesbaden geleitet habe. Die meisten Führungen sind für Schulen, Kindergärten und Kitas gedacht. Man trifft mich zudem bei den öffentlichen Sonntagsführungen, Sonderführungen wie die am eintrittsfreien Samstag oder bei Events wie den Neujahrsempfängen. Unterstützt wird meine Vermittlungsarbeit in den verschiedenen Formaten auch durch die Freunde des Museums Wiesbaden.

Fühlt sich inmitten der Natursammlung des Museums Wiesbaden besonders wohl: Marius Müller, seit drei Jahren am Haus, trifft bei seinen Führungen auf viele interessierte Besucherinnen und Besucher. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Mich selbst sehe ich als Museumspädagogen und Studenten, da ich mir schon seit mehreren Semestern mein Studium mit museumspädagogischen Tätigkeiten finanziere. Nun befinde ich mich in der Abschlussphase. Ich studiere Lehramt an Gymnasien an der TU Darmstadt mit den Fächern Biologie und Philosophie-Ethik. Im Oktober steht mein erstes Staatsexamen an. Die Abschlussarbeit dazu thematisiert die vier Räume der Naturhistorischen Sammlung im Museum Wiesbaden. Ich bin unglaublich froh, dass mir die TU Darmstadt sowie das Museum Wiesbaden es ermöglichen, über mein persönliches Spezialgebiet Evolutionsvermittlung im Museum schreiben zu dürfen. Konzipiert wird ein Forschungstag mit dem Schwerpunkt Evolutionsfaktoren für eine gymnasiale Oberstufe.

Die Evolutionsfaktoren wurden beschrieben, um die Frage nach ausgebildeten Merkmalen gezielter thematisieren zu können. Kinder und Jugendliche fragen zum Beispiel sehr direkt nach sichtbaren Merkmalen: Warum ist der Feuersalamander so auffallend schwarz und gelb gefärbt? Wieso hat der Kasuar so ein Horn auf dem Kopf? Weshalb gibt es Tiere, die rundherum schwarz sind?

Ein flugunfähiger Vogel aus der Gruppe der Laufvögel: der Helmkasuar – mit einer Höhe von 1,70 Meter und einem Gewicht über 60 Kilogramm zählt er zu den größten und schwersten Vögeln. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Auf der ersten Ebene kann man mit Schlagwörtern wie „Anpassung“ oder „Survival of the Fittest“ antworten. Möchte man jedoch genauere Indizien haben, warum sich ein bestimmtes Merkmal ausgebildet hat und ein anderes nicht, dann benötigt man die Evolutionsfaktoren. Einer der bekannteren Faktoren ist beispielsweise die Mutation. Ein anschauliches Beispiel dazu ist der Albinismus. Hierbei fehlen den Tieren Pigmente, das Melanin, in Haut, Haaren, Schuppen oder Augen, sodass sie charakteristisch weiß erscheinen und rote Augen haben. Das Museum Wiesbaden thematisiert nicht nur dieses Phänomen, sondern präsentiert auch einen Schwärzling, der das Gegenteil zum Albinismus darstellt. Schwärzlinge werden in meiner Abschlussarbeit im Fokus stehen.

Wurde früher aufgrund der dunklen Farbe für eine andere Art gehalten: ein Schwärzling der Kreuzotter (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Während beim Albinismus keine oder nur wenige Pigmente vorhanden sind, entsteht die schwarze Färbung bei Schwärzlingen durch den sogenannten Melanismus. Hierbei mutiert ein Genabschnitt in dem Bereich, der für die äußere Musterung zuständig ist. In der Folge wird zu viel vom Pigment Melanin produziert und die Haut, Fell oder Schuppen erscheinen schwarz. Wie genau das aussieht, können Museumsbesucherinnen und -besucher im Raum der Farben an einer Kreuzotter (Schwärzling) sehen. Viele nehmen bei diesem Teil der Führung zum ersten Mal das Phänomen der Schwärzlinge bewusst wahr. Doch warum ist das so? Ein Erklärungsansatz hierfür könnte sein, dass die weiße Färbung eines Tieres in den meisten Ökosystemen farblich mehr auffällt als eine dunklere beziehungsweise schwarze Färbung. Hinzu kommt, dass der prominente Effekt der roten Augen bei Schwärzlingen nicht vorkommt und sie dadurch meistens besser getarnt sind.

Ziel meiner Abschlussarbeit ist es, dass Oberstufenschülerinnen und -schüler sich an einem Forschertag mithilfe der Exponate der Ästhetik der Natur, Arbeitsblättern und Hands-ons die vier Evolutionsfaktoren selbständig erschließen können. Danach möchte ich das Konzept gerne für weitere Gruppen anpassen und hoffe, so die Ausstellung des Museums Wiesbadens noch ein weiteres Stück erlebbarer zu machen.

Marius Müller


Zur Person
Marius Müller (35) stammt aus Erbach im Odenwald und wohnt seit 2012 in Mainz. Seit 2014 ist er freischaffender Museumspädagoge und führte Besucherinnen und Besucher schon durch mehrere Museen. Neben Freiberuflichkeit und Studium reist er sehr gerne und besuchte schon auf der ganzen Welt Museen. In seiner Freizeit trainiert er eine Handballmannschaft und spielt Bass und Gitarre. (red)

 

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