Kunstvoll und Naturnah

Die Tochter des Künstlers

Fotografie von Else Müller-Knaus vor Ihrem Porträt im Museum Wiesbaden 1951. Dauerleihgabe aus Privatbesitz. (Foto: Museum Wiesbaden)

Der in der Ausstellung „Homecoming“ inszenierte Kreislauf des Lebens findet sich verkürzt in einer Schwarz-Weiß-Fotografie der Tochter des Künstlers, Else Müller-Knaus (1865-1960), wieder. Die Fotografie entstand 1951 und zeigt sie, inzwischen fast 86 Jahre alt, im Museum Wiesbaden vor ihrem Kinderporträt sitzend. Dem Zusammentreffen der alten Dame mit ihrem Kinderbild haftet eine romantische Note an. Ihr im gemalten Bild angedeutetes Lächeln hat sich zu einem freudigen Gesichtsausdruck verstärkt. Die Freude über die vom Direktor Clemens Weiler organisierte Ausstellung im Museum Wiesbaden ist Müller-Knaus deutlich anzumerken. Ihr Ziel war es immer, die Kunst ihres Vaters im öffentlichen Bewusstsein zu halten und wissenschaftlich zu begleiten. Dazu wollte sie ein Werkverzeichnis erstellen und plante, die von ihr verfassten Erinnerungen an ihren Vater zu publizieren. Das Museum Wiesbaden schien hierfür genau der richtige Ort, schließlich schmückte sich die Geburtsstadt des Künstlers im 19. Jahrhundert gerne mit dessen internationalen Ruf. Weilers Engagement knüpfte nach dem Zweiten Weltkrieg entsprechend an diesem Selbstverständnis des Museums an, dem Künstler eine besondere Stellung im Museum zukommen zu lassen. Die engen Kontakte des Direktors zur Tochter führten nicht nur zur Umsetzung der Ausstellung 1951, sondern auch zu einem kleinen Katalog und zu einer großzügigen Schenkung der Familie an das Museum. Elses Tochter, der 1893 geborenen Hedwig Müller, einer Kinderärztin aus Ratekau, blieb es vorbehalten, im Katalog der Wiesbadener Knaus-Ausstellung von 1971 die Erinnerungen ihrer Mutter zu publizieren.

Die Begegnung von Else Müller-Knaus mit ihrem 1873 gemalten Kinderbildnis, das sie als Schulmädchen zeigt, ist ein wunderbares Zeugnis für die immerwährende Verbundenheit der Tochter zu ihrem Vater durch die Kunst. Auch die aktuelle Ausstellung von „Ludwig Knaus – Homecoming“ (14. Februar bis 2. August 2020) zeigt diverse Werke und Dokumente aus dem familiären Nachlass und reiht sich somit in die Tradition der engen Beziehung zwischen Museum und Teilen der Nachkommen von Knaus ein. Das Porträt von Else, die Schiefertafel und Griffel hält, zählt zu den Höhepunkten seiner Porträtkunst und war so beliebt, dass Knaus im Auftrag einer russischen Prinzessin, eine Kopie des Bildes fertigte.

Peter Forster


Dr. Peter Forster ist Kustos für die Alten Meister und Leiter der Provenienzforschung im Museum Wiesbaden. Lesen Sie zur aktuellen Ausstellung „Ludwig Knaus – Homecoming“ auch unseren Beitrag „Superstar des 19. Jahrhunderts“.

Ludwig Knaus, Mädchen mit Schiefertafel (Die achtjährige Tochter Else Knaus), 1873. Museum Wiesbaden. (Foto: Bernd Fickert)

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