Kunstvoll und Naturnah
Lichtstimmungen in der Malerei
Ein Blick in die aktuelle Ausstellung „Winston Roeth – Speed of Light“ erweckt den Anschein eines denkbar einfachen, formalen Konzepts: Uns begegnen ausschließlich rechteckige Tafeln, jede ist Träger eines Farbtons. Manche von ihnen sind zu zwei- oder mehrteiligen Werken zusammengesetzt. Ihre Monochromie wird nur aufgebrochen, wenn die Tafeln einen andersfarbigen, bildimmanenten Rahmen erhalten. Doch hinter der Klarheit der Formen verbergen sich komplexe, visuelle Resultate, die erst bei näherer Betrachtung die besonderen Eigenschaften der Malerei erfahrbar werden lassen.

Winston Roeth untersucht die Qualität sowie die Leuchtkraft von Farbtönen und vermag es, veränderliche Lichtstimmungen in seinen Bildern zu speichern. Es ist kein Zufall, dass viele seiner Titel an helles Licht (Sahara, 2000) oder besondere Tagesstimmungen erinnern (Summertime Blues, 2019). Er zeigt in seiner Malerei, dass Farbe das Potenzial in sich trägt, sich in Licht zu verwandeln. Licht, das herausspringen und die Betrachtenden wahrlich ergreifen kann – ein Licht, das stets in einer Wandlung begriffen ist, wie im Ablauf eines jeden Tages. Dabei arbeitet Roeth intensiv an diesen Farbstimmungen, die er in vielen Schichten, aber letztlich monochrom auf die Oberfläche seiner Tafeln bringt. Die Farbwirkung ändert sich mit jeder Farbschicht – manchmal nur ein wenig, manchmal auch dramatisch. So ist in diesem Prozess auch das Farbmaterial ständig in einem Fluss begriffen.

Das geschieht auch, wenn er mehrere Tafeln zu einem Werk zusammensetzt. Die Oberflächen der Trägermaterialien (beispielsweise Zedernholz, Wabenplatte, Alu-Dibond-Platte, Schieferschindeln) erzeugen unterschiedlichste Farbwirkungen, die durch den Einsatz von speziellen Glanzpigmenten dank ihrer Mehrfachreflexion von Licht besondere visuelle Reize erzeugen (Blue Angel, 2010).

Je nach Trägermaterial, Farbumgebung und Lichteinfall changieren die Farbwerte derart, dass diese sich jedem Versuch einer Identifizierung gleicher Farbtöne entziehen. Die Farbwahrnehmung ist abhängig von der Eigenbewegung der Betrachtenden und der Oberfläche des Bildträgers. Jeder Wechsel des eigenen Standpunkts wie auch des auftreffenden Lichts verändert und erweitert sofort die optische Wirkung von Roeths Malerei. Ob eine Farbschicht glänzend, matt oder plastisch ist, lässt sich erst aus verschiedenen Perspektiven erkennen. Auch einzelne Lasurlagen transparenter Farbe oszillieren, da Anteile des Lichts, die von jeder der verschiedenen Farbschichten zurückgeworfen werden, je nach Einfallswinkel differieren.

Dank der klaren Struktur und Strenge in seinen Kompositionsprinzipien werden die feinen Unterschiede erst sichtbar. Somit können alle, die sich eingesehen haben, den Rhythmus der Farben und kleinste Eigenheiten in der Oberfläche als optische Sensationen wahrnehmen.
Lea Schäfer