Neu: Josef Eberz!

Eine Erwerbung – ermöglicht durch zwei treue Freunde des Museums Wiesbaden

Eine schöne Geschichte kurz vor Weihnachten: Unser Museum kann sich über das Werk „Assisi“ des Expressionisten Josef Eberz freuen. Lesen Sie, was Kustos Roman Zieglgänsberger zu dem Künstler und seiner Beziehung zu Wiesbaden erzählen kann, auch, welche Rolle der uns allen bekannte Sammler und Mäzen Heinrich Kirchhoff in diesem Zusammenhang spielte:


Der Maler, Grafiker, Zeichner und tatsächlich begnadete Aquarell-Künstler Josef Eberz (1880–1942) wird gemeinhin zur zweiten Reihe der deutschen Expressionisten gezählt. Das bedeutet aber keineswegs, dass er nicht mindestens genauso spannend ist wie seine Kollegen Conrad Felixmüller, Alexander Kanoldt oder Emil Nolde, welchen er zeitweilig künstlerisch am nächsten stand.

Neuerwerbung: Josef Eberz, Assisi, 1921 (Foto: Galerie Bassenge, Berlin)

Für Wiesbaden ist der in Limburg geborene hessische Künstler Eberz insofern von Interesse, weil er der erste war, den der magnetische Sammler Heinrich Kirchhoff (1874–1934) nach Wiesbaden lockte. Kirchhoff hatte die Vision und auch die finanziellen Möglichkeiten, die Casino-, Theater-, Kur- und Bäderstadt Wiesbaden neben Berlin als zweites Zentrum der Avantgarde-Kunst in Deutschland zu etablieren. Ein Aspekt seines Masterplans war dabei, dass, wenn schon keine Kunstakademie vor Ort war, junge Maler sich hier niederlassen sollten, um den reichen, progressiven Nährboden für eine hiesige zukünftige Kunstszene zu bilden. 1917 kam Josef Eberz, der in Stuttgart bei Adolf Hölzel studiert hatte, 1918 folgte Felixmüller und 1919 Walter Jacob. Von allen drei sind Bilder überliefert, die im exotischen Garten ihres Sammlers Kirchhoff entstanden sind.

Josef Eberz, Rhododendron, 1918, Museum Wiesbaden (Foto: Bernd Fickert)

Josef Eberz blieb zwei Jahre, bis 1919, in Wiesbaden. Ihn zog es nach dem Ersten Weltkrieg über Darmstadt nach München, wo er später in der Frauenkirche ein großes (heute leider zerstörtes und unglücklich rekonstruiertes) Glasfenster ausführte, im Verlag Hans Goltz das lithografische Mappenwerk „Koster Eberbach“ herausbrachte und in der renommierten Galerie Hans Goltz im Sommer 1921 die Einzelausstellung „Das Werk von Assisi“ zeigen konnte. Kürzlich wurden im Städtischen Museum Limburg viele Arbeiten dieser ausgedehnten Italienreise, die exakt vor 100 Jahren stattgefunden hatte, zusammengeführt. Und wer sie gesehen hat, dem war sofort klar, dass dieser magische Ort mit seiner weit zurückreichenden religiös- wie kunsthistorischen Vergangenheit den Künstler zu besonders dramatischen, sinnlichen wie atmosphärischen Werken angeregt hatte.

Josef Eberz, Tropischer Garten, 1918, Sammlung Frank Brabant, Wiesbaden

Ein Aquarell aus Assisi jedoch war bis dahin unbekannt und ist deshalb in Limburg weder ausgestellt noch im Katalog abgebildet. Es wurde im Dezember dieses Jahres in Berlin in einer Auktion angeboten und konnte durch die großzügige, spontane Spende von zwei langjährigen Mitgliedern des Fördervereins der Freunde des Museums Wiesbaden für die Abteilung Klassische Moderne für die Öffentlichkeit gesichert werden. Angela Rohweder, eine Verehrerin der Kunst von Jawlensky und Nolde, und Frank Brabant, der selbst einige Werke von Eberz sein Eigen nennt und die bereits dem Museum versprochen wurden (danke, danke, danke), sind mit einer großherzigen Geste in die Bresche gesprungen, um diese wichtige Erwerbung für unser Haus zu ermöglichen.

Wichtig ist sie deshalb, weil wir bis dahin noch kein Aquarell des Künstlers besaßen und damit eine empfindliche Lücke geschlossen werden konnte. In unserer Sammlung befinden sich zwei Gemälde (eines ist im Garten Kirchhoff gemalt worden) und mehrere Mappenwerke, unter anderem die bereits erwähnte „Kloster Eberbach“-Mappe sowie eine große dazugehörige Originalzeichnung, auf der die Klosterkirche mit dunkelstem Bleistift festgehalten ist. Mit dem intensiven Aquarell können wir nun belegen, wie groß das Können des Künstlers auch und gerade in dieser Technik war. Man spürt förmlich die abendliche Hitze, die Luft scheint zu flimmern, die dunklen Bäume im Vordergrund winden sich, das Grün des Himmels wirkt irreal und die rosafarbenen Wolken schweben über allem, von unten angestrahlt vom letzten Abendsonnenschein, als wäre das alles ganz normal.

Vielen Dank für dieses schöne Blatt – wir freuen uns sehr!

Roman Zieglgänsberger


Dr. Roman Zieglgänsberger ist Kustos der Klassischen Moderne im Museum Wiesbaden. Lesen Sie hier auch das Interview mit ihm in unserer Serie „Gesichter des Museums“.

 

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