Unter Freunden

Die Kunst des Miteinanders

Volles Haus bei der Buchpräsentation „Faszination Farbe“ und anschließender Ausstellungseröffnung mit ausgewählten Werken aus der Sammlung Reinhard Ernst. Prof. Dr. Christoph Zuschlag erläutert im Vortragssaal des Museums Wiesbaden die Kapitel im neuen Bildband. Links von ihm (stehend): Dr. Kirsten Maria Limberg, gemeinsam mit Prof. Zuschlag Autorin des Buches. (Foto: Q)
Volles Haus bei der Buchpräsentation „Faszination Farbe“ und anschließender Ausstellungseröffnung mit ausgewählten Werken aus der Sammlung Reinhard Ernst. Prof. Dr. Christoph Zuschlag erläutert im Vortragssaal des Museums Wiesbaden die Kapitel im neuen Bildband. Links von ihm (stehend): Dr. Kirsten Maria Limberg, gemeinsam mit Prof. Zuschlag Autorin des Buches. (Foto: Q)

„Faszination Farbe“ – welch ein verheißungsvoller Titel für den ersten Band der Reihe „Schriften aus der Sammlung Reinhard Ernst“. Als das im Hirmer-Verlag erschienene Buch am 15. März 2019 im Museum Wiesbaden vorgestellt wurde, konnte man sich zugleich auf die Präsentation von neun Schlüsselwerken freuen, die bis zum 23. Juni in zwei Sälen zu betrachten sein werden. Dank Reinhard Ernst – seit mehr als 30 Jahren leidenschaftlicher Sammler abstrakter expressionistischer Kunst aus Europa, den USA und Japan – kann sich das kunstinteressierte Wiesbaden auf ein neues Museum freuen, das im Frühjahr/Sommer 2022 eröffnet werden soll. Die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung wird es bauen und betreiben.

Reinhard Ernst ist ein Freund es Museums Wiesbaden, auch ein Mitglied unseres Vereins und Förderer des Museums im Collector’s Circle. Manche von Ihnen erinnern sich vielleicht, dass wir im frühen Stadium, im September 2017, für diese Website ein Interview mit ihm führten, in dem er uns seine Pläne erläuterte und verhalten optimistisch über die Verhandlungen mit der Stadt sprach. Es spricht für die Wiesbadener und Wiesbadenerinnen, dass in einer Bürgerbefragung eine eindeutige Zustimmung für die Bebauung des Grundstücks Wilhelmstaße 1 durch die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung zustande kam.

Der lichtdurchflutete Eingangsbereich im Museum Reinhard Ernst (Visualisierung)
Der lichtdurchflutete Eingangsbereich im Museum Reinhard Ernst (Visualisierung)

„Wir sind knapp hinterher, aber es geht gut voran“, sagt Reinhard Ernst. Ende Januar wurde die Baugenehmigung beantragt, das Grundstück ist geräumt. Erste Bohrungen, die im Quellgebiet nötig sind, haben stattgefunden, weitere Vorarbeiten sind zur Zeit im Gange, so beschreibt der Sammler die Situation. Er freut sich sichtlich, dass sein Traum von einem Museum nicht nur für seine Werke, sondern natürlich auch für ergänzende Ausstellungen Wirklichkeit wird. Dass die Bürgerbefragung ein eindeutiges Signal für das Museum brachte, ist ihm ungemein wichtig. „Sonst hätte ich die Finger davon gelassen“. Mit der Stadt seien die Erbpacht-Verhandlungen drei Monate lang geführt und zu einem guten Ende gebracht worden. „Beide Seiten wollten das. Der Vertrag ist in Ordnung, wir sind zufrieden. Die Stadt kann noch zufriedener sein“, so Reinhard Ernst.

Wie er schon im Interview gesagt hatte, will er sich stark in die Detailplanungen einbringen. Details für ein Gebäude, das der renommierte japanische Architekt Fumihiko Maki, seit langem sein Freund, entworfen hat: Es wird wahrscheinlich aus hellen Granit gebaut, mit Fensterfront im Erdgeschoss, mit öffentlich zugänglichem Atrium, einem Bistro und einem Museumshop. Wöchentlich, so erzählt Reinhard Ernst, trifft man sich in Frankfurt zu einer Videokonferenz mit Makis Büro in Japan. Die Planungsgesellschaft Schneider und Schumacher sind die Co-Architekten, es sei einfacher, von Frankfurt aus in Sachen Genehmigungsverfahren zu agieren.

Große Änderungen seit Vorstellung der Pläne gibt es nicht. Von den zirka 8.500 Quadratmetern Nutzfläche werden rund 2.000 als Ausstellungsfläche zur Verfügung stehen. Spannend auch, dass die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung in der Museumspädagogik ganz neue Wege gehen will. „Wir werden auf digitale Methoden zurückgreifen, Kinder über das digitale Spielen an die Kunst heranführen. Das hat meines Wissens bisher noch niemand so in einem Museum gemacht, wir sind mit Experten in Gesprächen“, verrät Ernst. Und betont gleichermaßen, dass das neue Museum keineswegs in Konkurrenz mit der Museumspädagogik im benachbarten Museum Wiesbaden treten werde. Vielmehr soll eine enge Verzahnung stattfinden.

Das Museum Reinhard Ernst (Visualisierung) an der Ecke Rheinstraße/Wilhelmstraße
Das Museum Reinhard Ernst (Visualisierung) an der Ecke Rheinstraße/Wilhelmstraße

Enge Zusammenarbeit – dies ist ohnehin die Devise, die ja heute schon sichtbar wird. In Museumsdirektor Alexander Klar hatte Reinhard Ernst von Anfang an einen engagierten Mitstreiter. Für die Auswahl der Werke, die im Museum Wiesbaden zu sehen sind, zeichnete Jörg Daur, stellvertretender Direktor, verantwortlich. Daur ist Kustos für moderne und zeitgenössische Kunst. „Er hat sich Topsachen ausgesucht“, sagt Reinhard Ernst. Und er freut sich natürlich, dass in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Werk „Loom“ von Morris Louis, das er dem Museum Wiesbaden als Leihgabe überlassen hat, nun u. a. Helen Frankenthaler zu finden ist, die Künstlerin, die dem Sammler ganz besonders am Herzen liegt, wie er uns 2017 im Interview erzählte. Aber auch Bilder aus Japan und nicht zuletzt Deutschland – hier nennt der Sammler Hubert Berke und den deutsch-französischen Künstler Hans Hartung – werden ausgestellt. (Ein Video vom Ausstellungsaufbau mit Schlüsselwerken aus der Sammlung Reinhard Ernst finden Sie auf dem YouTube-Kanal des Museums Wiesbaden.) Rund 50 neue Bilder hat Reinhard Ernst seit unserem letzten Gespräch für diese Website angeschafft, verrät er uns, und betont, dass ihm die zeitgenössischen abstrakten Arbeiten ebenfalls sehr wichtig sind. Seine Sammlung umfasst ca. 800 Bilder insgesamt.

Aus dem Museum Wiesbaden heißt es übrigens, „Das Museum Ernst knüpft an einen besonderen Avantgarde-Moment Wiesbadens an, nämlich an die Ausstellung ,Couleur Vivante‘. Sie fand 1957 in Wiesbaden statt und war die erste deutsche Museumsausstellung des jungen französischen und deutschen Informel.“ Diese Verbindung soll in einer zukünftigen engen Zusammenarbeit sichtbar werden.

Logisch also, dass die Buchvorstellung und die Präsentation der Schlüsselwerke im Museum Wiesbaden stattfand. Ja, das Buch sei wirklich gut geworden, sagt Reinhard Ernst zufrieden. Interessierte können es im Shop des Museums Wiesbaden (oder direkt beim Hirmer-Verlag) kaufen. Während der Ausstellungsdauer, also bis zum 23. Juni, kostet es 49,90 Euro, ansonsten ist es für 59,90 Euro zu erwerben. Die Buchpräsentation übernahmen die beiden Autoren und absoluten Kenner der von Reinhard Ernst gesammelten Kunstrichtung, Dr. Kirsten Maria Limberg und Professor Dr. Christoph Zuschlag.

Sammler Reinhard Ernst vor „Loom“ von Morris Louis, das als Leihgabe im Museum Wiesbaden hängt. (Foto: Bernd Fickert/Museum Wiesbaden)
Sammler Reinhard Ernst vor „Loom“ von Morris Louis, das als Leihgabe im Museum Wiesbaden hängt. (Foto: Bernd Fickert/Museum Wiesbaden)

Einen Einblick in die Sammlung Ernst und einen Überblick über das Museumsprojekt ermöglicht jetzt auch die Website www.museum-reinhard-ernst.de, wo in den nächsten Wochen und Monaten eine wachsende Zahl von Kunstwerken aus der Sammlung präsentiert wird. Man kann sich dort auch für einen Newsletter eintragen, um über den Baufortschritt auf dem Laufenden zu bleiben. Für das (bereits preisgekrönte) Erscheinungsbild des Museums Reinhard Ernst und die dazugehörige Website hat das kreative Team der Wiesbadener Agentur Q gesorgt, das für das Museumsprojekt der Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung tätig ist. (Übrigens betreut Q auch die Website, auf der Sie gerade diesen Text lesen …)

Ingeborg Salm-Boost

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