Unter  Freunden

Lust auf Landschaft

Hand aufs Herz? Kennen Sie Harald Sohlberg und wissen gar, wo er in der Kunstszene zu verorten ist? Okay, Sie sind immer gut informiert über die Ausstellungen im Museum Wiesbaden und über die Angebote der Freunde dazu. Und Sie waren bei der Eröffnung am 11. Juli? Dann wissen Sie spätestens seit diesem Abend, dass Harald Sohlberg ein norwegischer Landschaftsmaler war, ein Zeitgenosse des wesentlich bekannteren Edvard Munch. Und dass Sohlbergs Hauptwerk „Winternacht in Rondane“ in Wiesbaden zu bewundern ist.

Harald Sohlberg, Winternacht in Rondane, 1914, Öl auf Leinwand, 160 x 180.5 cm, Nasjonalmuseet Oslo · © Nasjonalmuseet/Børre Høstland, Jacques Lathion

Ein Werk, an dem er mehr als 15 Jahre arbeitete und das laut einer Umfrage von 1996 das beliebteste Bild der Norweger ist. Ein Bild, das von der Nationalgalerie Oslo, seit es 1918 in ihren Besitz kam, nie ausgeliehen worden war. Dies steht im Flyer zur außergewöhnlichen Ausstellung. Für die Freunde des Museums hat die Ausstellungseröffnung natürlich mit einer – gut besuchten – Preview begonnen. Faszination pur für viele, bereits bevor Kurator Roman Zieglgänsberger im voll besetzten Vortragssaal in das Werk des Norwegers einführte.

Harald Sohlberg, Landstraße II, 1916, Öl auf Leinwand, 103 x 138 cm, Privatbesitz · © O. Værin Eftf. AS.

Auch der Botschafter des Königsreichs Norwegen, Petter Ølberg, war zugegen, als die „Mittsommernacht“ – so der Name der Ausstellung – eröffnet wurde. Aus der Londoner Dulwich Picture Gallery kommt die Schau nach Wiesbaden. Die Nationalgalerie Oslo, die Dulwich Picture Gallery London und das Museum Wiesbaden haben sie zusammen konzipiert und auf die jeweiligen Räume abgestimmt. Kurator Roman Zieglgänsberger kann mit Freude betonen, dass im Theodor Fischer-Bau die größte „Ausstellungsstation“ entstanden ist. Hier soll bis Ende Oktober ein „wunderbarer Künstler“, der an einem anderen Ort berühmt ist, bekannt gemacht werden und Fans finden.

Harald Sohlberg, Selbstportrait, 1896, Öl auf Leinwand, 39 x 28.5 cm, Privatbesitz · © Nasjonalmuseet/Jacques Lathion

Wer noch nicht in der „Mittsommernacht“ war, aber schonmal einige Abbildungen im Internet angeschaut hat, der dürfte keine Zweifel daran haben, dass Sohlbergs Kunst tief beeindruckt. Roman Zieglgänsberger spricht von herausragender Qualität, von Neoromantik, die viele begeistern wird. Aber auch ein Prototyp der Neuen Sachlichkeit sei zu erkennen – wenn der Künstler etwa das Arbeitsleben von 1915 darstellt. Dazu braucht er nicht einmal Menschen auf den Bildern. „Er wirkt, wie aus der Zeit gefallen – aber auch sehr modern“ schwärmt der Kurator. Nicht zuletzt über den deutschen Romantiker Caspar David Friedrich werde sich mancher Betrachter die Arbeiten Sohlbergs erschließen können.

In der Einladung zur Ausstellung heißt es denn auch: „Sohlberg steht zwischen Tradition und Moderne, vereint in seinen Bildern einerseits Romantik, Symbolismus und Jugendstil, andererseits kann in ihm aufgrund seiner menschenleeren Landschaften ein Protagonist der progressiven Stilrichtung Neue Sachlichkeit erkannt werden.“ Apropos Jugendstil – Roman Zieglgänsberger und „Noch-Direktor“ Alexander Klar haben Recht, wenn sie betonen, wie wunderbar die Sohlberg-Schau zur vor wenigen Wochen eröffneten Jugenstil-Schenkung F.W. Neess passt.

Sorge bereitet es Roman Zieglgänsberger keinesfalls, dass die „Mittsommernacht“ während der Ferien ihren Anfang nimmt. Es kann auch eine große Chance sein, meint er, Rundfunksender zum Beispiel hatten sich ebenso wie natürlich zahlreiche Printmedien zur Eröffnung angekündigt. Und, wer die Juli-Ausgabe des Kunstmagazins Art, liest, der findet dort eine ganzseitige Empfehlung zur Sohlberg-Ausstellung. Dass die Frankfurter Buchmesse 2019 Norwegen als Gastland präsentiert, ist ein weiterer großer Vorteil. Eine Reihe von Veranstaltungen passen zur übrigens vom Kulturfonds Rhein Main geförderten Ausstellung – und so mancher Messe-Besucher wird den Weg ins Museum Wiesbaden finden.

Sie haben die Preview verpasst? Dann machen Sie sich doch jetzt auf den Weg, Harald Sohlberg kennenzulernen. Und schauen Sie sich zuvor auf unserer Website den vom Museum zur Verfügung gestellten Trailer an:

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Übrigens, das verriet Roman Zieglgänsberger noch zu dem Norweger mit seiner ganz speziellen Maltechnik: Er wollte seine Werke nicht etwa nach Themen geordnet sehen, sondern nach Farben. „Avantgarde Pur“, sagt der Kurator. Lassen wir den Maler, dessen Werk anlässlich des 150. Todestages nun in Wiesbaden gefeiert wird, selbst zu Wort kommen: „… Die Details, das Monumentale und die großen dekorativen Effekte zu einer Gesamtheit zu kombinieren, wie ich es am persönlichsten sehe und fühle – dies ist der zentrale Punkt meiner Kunst.“ Ingeborg Salm-Boost

P.S. Eine Freundin des Museums Wiesbaden übrigens hatte mir schon vor einiger Zeit von Sohlberg vorgeschwärmt und ein paar Bilder geschickt. Wie das? Jutta Szostak, Redakteurin und Moderatorin der Blauen Stunde von Radio Rheinwelle, war 2018 in Oslo. Und dort begegnete sie Museumsdirektor Alexander Klar auf der Straße. Klar, dass die Journalistin den Kunstexperten fragte, was er denn in Oslo zu tun habe. Er berichtete von der großen Sohlberg-Ausstellung, die er sich angeschaut habe, weil sie im Jahr darauf nach Wiesbaden komme. Keine Frage, dass Jutta Szostak sich sofort aufmachte und erforschte, was 2019 in Wiesbadens Museum zu erwarten sein würde. Und natürlich wollte sie nun sehen, wie die Wiesbadener Sohlberg präsentieren. Das Ergebnis gefiel der Kulturjournalistin außerordentlich gut.

Ingeborg Salm-Boost

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