Unter Freunden

Wo’s den Vorstand hinzieht …

Wenn wir vom Vorstand des Freunde-Förderkreises zusammenkommen, dann gibt es in der Regel eine Sitzung mit einer Fülle von Themen, guten Diskussionen und meist einvernehmlichen Beschlüssen. Natürlich treffen wir uns auch zu Ausstellungseröffnungen oder Veranstaltungen unseres Vereins. Wir sprechen über vieles – nicht aber über „Sehnsuchtsobjekte“. Bis jetzt! Andreas Henning, der neue Direktor des Museums Wiesbaden und qua Amt Vorstandsmitglied, hatte schon im Osterbrief die Mitglieder unseres Vereins dazu aufgerufen, ihr ganz persönliches „Sehnsuchtsobjekt“ zu verraten. Wo zieht es mich hin, wenn die Türen zum Museum nach dieser Pandemie-Zeit der Entbehrung wieder geöffnet werden? Natürlich, in die aktuellen Ausstellungen. Aber eben auch dorthin, wo man immer wieder sein möchte …

Liebe Freunde und Freundinnen des Museums, wir vom Vorstand sowie unsere Mitglieder-Betreuerin und Reise-Expertin Wilma Estelmann möchten Ihnen ein bisschen Lust darauf machen, in Gedanken ins Museum zu gehen, an die Stelle, wo Sie Ihr „Sehnsuchtsobjekt“ finden. Schreiben Sie an die E-Mail-Adresse

sehnsuchtsobjekt@museum-wiesbaden.de

ein paar Zeilen, so wie es einige Freunde schon getan haben. Okay, mancher mag nicht von Sehnsucht sprechen, aber ein Lieblingsbild, eine Lieblingsvitrine in der Natur oder eben ein Werk, das man besonders bewundert, haben doch sicher viele von uns? Deshalb hier ein Ausschnitt der „Vorstands-Sehnsüchte“, die das Museum und auch wir, wie alle anderen Einsendungen, demnächst auf den Websites veröffentlichen werden.


Evelyn Bergner möchte nach der Wiedereröffnung des Hauses wieder die Künstlerräume der Moderne aufsuchen. Sie findet in dieser „aufwühlenden Zeit“ dort eine Atmosphäre der „Konzentration und Ruhe“. Keine Frage, dass sie sich im Kabakov-Raum in den „Roten Waggon“ setzen wird … Und später auch bei Beuys vorbeischaut – der, so schreibt sie, „… auf die Verwundbarkeit des Menschen, aber auch auf die prinzipielle Überwindbarkeit, die Möglichkeit der Heilung und Fürsorge hinweist“.

Evelyn Bergner möchte in den Künstlerräumen der Moderne „Konzentration und Ruhe“ finden, nicht zuletzt im „Roten Waggon“ von Ilya Kabakov. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Catherine Dallmers Weg führt bei Eintritt ins Museum gleich nach rechts, immer geradeaus. Bis sie zu den Werken von Angela Glajcar kommt. Catherine Dallmer haben es die „großartigen Papierarbeiten“ dieser Künstlerin angetan. „Egal, von welcher Seite man sie anschaut, es ist jedes Mal ein neues Bild“.

Catherine Dallmer ist fasziniert von den Papierarbeiten: Es zieht sie immer wieder zu Angela Glajcar. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Martina Mulcahy geht in die andere Richtung: Beim Wort „Sehnsuchtsobjekt“ denkt sie „sofort an die Vitrine der Seesterne im Themenraum Form der Natur-Abteilung“. In dieser Vitrine findet sie die „kunstvoll konservierte Gemeinschaft der sternförmigen Tiere“. Für sie „verwischen hier die Grenzen von Natur und Kunst“, sie sieht „einen Ort vieler Möglichkeiten, vom ästhetischen Erleben bis zur Auseinandersetzung mit der Biologie der Stachelhäuter, zu denen die Seesterne mit ihren etwa 1600 Arten zählen …“

Martina Mulcahy liebt die Vitrine der Seesterne als einen Ort vieler Möglichkeiten. Hier ein Ausschnitt. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Wilma Estelmanns Schritte werden sie zu Anselm Feuerbachs „Nanna, Profil nach rechts, 1861“, führen. In Speyer, es waren die 60er Jahre, machte die noch kleine Wilma Bekanntschaft mit den „Nannas“, für sie Inbegriff der Schönheit. Sie erweckten zudem Sehnsucht nach dem Land der Schönheit, nach Italien … Wenn sie heute die „Nanna“ in Wiesbaden anschaut, fühlt Wilma Estelmann sich wieder wie „das staunende, beglückte Kind“.

Wilma Estelmann ist seit ihrer Kindheit von den „Nannas“ des Künstlers Anselm Feuerbach beglückt – und besucht immer wieder eine „Nanna“ in unserem Museum. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Gerd Eckelmann lässt sich gerne allein durch die Museumssäle treiben. Immer wieder mal steht er aber vor einem Leuchtkasten, der zu einer Rauminstallation des japanischen Künstlers und Ritschl-Preisträgers Kazuo Katase gehört: Man sieht, gut beleuchtet, „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“, dieses berühmte Vermeer-Werk, das im Original in Den Haag zu bewundern ist. Hier in Wiesbaden ist die Installation bei den Alten Meistern zu finden, sie entstand im Kontext der Neukonzeption der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts.

Gerd Eckelmann zieht es zu den Alten Meistern, wo Kazuo Katases Installation zu finden ist und ihm „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ entgegenleuchtet. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Klaus Niemann fühlt sich ebenfalls von einem Frauenbildnis angezogen: Von dem größten Gemälde Alexej von Jawlenskys: Die „Helene im spanischen Kostüm“ – diese „kraftvolle Frau, die die Hände zum Zeichen der Dominanz in die Hüften gestemmt hat … Das wunderschöne Spiel von Farbe und Pinselstrich“ gefällt ebenso wie die „story behind“ –  die Geschichte des Hausmädchens, das Mutter von Jawlenskys Sohn und seine Frau wird. Ein Glück, dass dieses besondere Werk dank der Schenkung von Sammler Frank Brabant seit Jahren im Besitz des Museums Wiesbaden ist, trotz verführerischer Angebote hat er es nicht nach Russland verkauft.

Klaus Niemann ist Fan von Jawlenskys „Helene im spanischen Kostüm“ und freut sich, dass es dank Mäzen Frank Brabant dem Museum Wiesbaden gehört. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Ich selber, Ingeborg Salm-Boost, stehe immer wieder vor Marianne von Werefkins „Badehaus“. Das entstand 1911, als Jawlensky mit ihr an der Ostsee Ferien machte. Und es gehört zum Glück dem Museum Wiesbaden, hängt natürlich jetzt, ebenso wie die Helene ihres Freundes, in der Ausstellung Lebensmenschen. Werefkin schwärmte schriftlich von dem „unendlich prachtvollen Strand“. Und dann malte sie das Bild, mit diesem violetten Himmel über Strand und Badehaus, eine Atmosphäre, die mich innehalten und an Ferien am Meer in Kindertagen denken lässt … Dabei darf das bei Experten erlesene Wissen über das „Badehaus“ ruhig einmal in den Hintergrund geraten.

Ingeborg Salm-Boost geht immer wieder zu Marianne von Werefkins „Badehaus“ und wird von der Atmosphäre zum Innehalten inspiriert. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Fehlt noch der Direktor: Andreas Henning hat seine „Sehnsucht“ mit einem weiteren Aufruf verbunden. Denn außer seiner Freude auf die „Sehnsuchtsobjekte“ aus dem Freundeskreis gilt Hennings „Sehnsucht“ den Besucherinnen und Besuchern, die er zur Zeit schmerzlich vermisst. „Denn erst dann, wenn sie wieder Leben in unsere Ausstellungsräume bringen, ist das Museum komplett.“ Der Museumschef ist neugierig auf die Werke, „die unsere Gäste in Reaktion auf die große Sonderausstellung ,Lebensmenschen‘ malen, zeichnen, schreiben oder dichten werden“. Im Gelben Salon, den man bei edu im Untergeschoss findet, können nach Wiedereröffnung die Museumsbesucher aller Altersgruppen „kreativ werden und Werke von ihren persönlichen Lebensmenschen entwerfen …“

Andreas Henning hat Sehnsucht nach Besuchern des Museums. Und wenn sie dann wieder kommen und sich endlich die „Lebensmenschen“ anschauen können, dann wartet anschließend im Untergeschoss ein Gelber Salon auf sie. Auf dass die Wände sich mit kreativen Beiträgen füllen … (Foto: Museum Wiesbaden/Andreas Henning)

Aber so lange die Türen noch geschlossen sind, gehen Sie, liebe Freundinnen und Freunde des Museums, in ihren Gedanken durch die Räume, bleiben Sie an Ihrem „Sehnsuchtsobjekt“ stehen – und schreiben Sie uns. So wie es beispielsweise eine Dame getan hat, die im Jugendstil „Vase la mer“ ansteuern wird. Warum ausgerechnet diese Keramik? Das können Sie im nächsten MuWi-Blog des Museums lesen.

Ingeborg Salm-Boost

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