Unter Freunden

Naherholungsgebiet Museum

Mit Maske: Besuch bei Jawlenskys „Turandot“ (Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert)

Sommer, Ferien, Museum – kein Gedränge, aber guter Besuch, so lässt sich die Lage in unserem Haus der Kunst und Natur in diesen Tagen schildern – aus eigener Anschauung. Eigentlich bin ich „nur“ mit einem der Kustoden, mit denen die Freunde eng zusammenarbeiten, zu einem Gespräch verabredet, doch dann gesellt sich ein zweiter Kustos dazu, der neue Direktor kommt – weil zufällig im Café – zu unserem Tisch, alles natürlich mit gebührendem Abstand! Und, wie schön: Auch der dem Museum Wiesbaden so eng verbundene Sammler und Mäzen Frank Brabant ist dabei, mit einem neu erworbenen Kunstwerk, das er einem der Experten zeigen möchte. Natürlich herrscht kein Hochbetrieb im Café Mechtild, das darf ja auch gar nicht sein. Aber die weit auseinander stehenden Tische sind besetzt.

Das zufällige Zusammentreffen mit lebhaftem Austausch mag symbolisieren, wie schön es ist, wieder mal von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren, auch wenn die Abstandsregeln immer im Kopf bleiben, die Maske aufgesetzt wird, sobald man zur Theke oder ins Foyer läuft. Grund zur Freude beim Museumsteam und auch bei uns Freunden, die wir den eintrittsfreien Samstag unterstützen: Rund 1.000 Besucher nutzten das Angebot, hielten sich an die Spielregeln, waren besonders angezogen von der Ausstellung „Lebensmenschen“, die ja zum Glück bis zum 23. August verlängert werden konnte. „Es hat sich gezeigt. wie gut und notwendig dieses Angebot des freien Samstags ist“, sagt Direktor Andreas Henning, auch mit Dank an den Förderkreis. Hier der Hinweis auf ein interessantes Gespräch, das unser Mitglied Corinna Freudig mit Dr. Henning über seine ersten Monate im Museum Wiesbaden geführt hat – und zwar am 7. Juli als Livestream im Presseclub Wiesbaden, dessen Vorstand die Journalistin angehört. Es macht Spaß, den beiden zuzuhören – keineswegs dreht sich alles nur um Corona …

Ganz aktuell hat dieser Grund zu großer Freude: Wie uns Annette Simacek, Leiterin der Geschäftsstelle, berichtet, konnte sie in den vergangenen, von den Corona-Folgen geprägten Wochen 20 neuen Mitgliedern ihre Ausweise zusenden. Der Vorstand möchte ganz herzlich „Willkommen“ sagen. Nicht zuletzt auch Danielle Neess, der Witwe von Ferdinand Wolfgang Neess, der dem Museum die großartige Jugenstilsammlung geschenkt hat. Der Verein Freunde des Museums Wiesbaden nähert sich nun der Zweitausender-Marke. Eines sei an dieser Stelle versichert: Ganz wichtig bleiben uns die persönlichen Kontakte, wie sie hoffentlich in nicht zu ferner Zukunft bei Veranstaltungen des Vereins wieder möglich werden.

Gehen wir nochmals kurz zurück zu Jawlensky und Werefkin, den „Lebensmenschen“. Vielleicht haben Sie schon unserer jüngsten Rundmail entnommen, dass Kurator Roman Zieglgänsberger nun neben dem in der Ausstellung gezeigten Film zwei Spots auf YouTube empfiehlt. Den kurzen Trailer finden Sie auf YouTube, den zweiminütigen Film zeigen wir Ihnen hier:

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Sehr zu empfehlen ist übrigens auch ein Beitrag von ihm in der neuesten Ausgabe des Magazins „Wegbegleiter“ des Hospizvereins Wiesbaden AUXILIUM. Hier schreibt der Kustos der Klassischen Moderne über die Werkgruppe der „Meditationen“ des Künstlers Alexej von Jawlensky. Eine der Arbeiten heißt „Erinnerung an meine kranken Hände“, zwei andere „Rückblick“ und „Mein Geist wird weiterleben“. Von 1921 bis zum Tod 1941 lebte und arbeitete Jawlensky in Wiesbaden und schuf, so sagt Roman Zieglgänsberger, mit den „Abstrakten Köpfen“ seine bedeutendste und mit den „Meditationen“ seine berührendste Serie. Im Einverständnis mit der Wegbegleiter-Redaktion und dem Autor veröffentlichen wir den Beitrag hier auf unserer Website. Wer gerne das sehr lesenswerte Magazin in Händen halten möchte, findet Exemplare im Untergeschoss des Museums oder in der Auxilium-Geschäftsstelle, Luisenstraße 26, in Wiesbaden. Wer mit dem Hospizverein Kontakt aufnehmen möchte, kann dies telefonisch über 0611-408080 tun. Wer sich gerne informieren will, findet hier die Website.

Alexej von Jawlensky, Meditation: Erinnerung an meine kranken Hände, 1934, Museum Wiesbaden

Noch können Veranstaltungen im Museum nicht wie vor Corona stattfinden. Eine erfreuliche Nachricht aber gibt es vom Förderkreis: Der für den 25. August geplante Jour Fixe „Edu! Kulturelle Bildung im Museum“, zunächst wie die vorangegangenen abgesagt, kann nun doch stattfinden. Die Verantwortlichen für den Bereich Bildung und Vermittlung freuen sich über Interesse an ihrer spannenden und vielseitigen Arbeit. Allerdings dürfen aus Sicherheitsgründen nur zehn Personen teilnehmen. Noch sind einige Plätze frei. Wilma Estelmann nimmt wie immer gerne Ihre Anmeldung entgegen. Telefon: 0163-3359600.

Als unsere Reise-Organisatorin ist Wilma Estelmann natürlich sehr traurig, dass Reisen abgesagt werden mussten. Aber eines ist klar: Sowohl die Verhüllung des Arc de Triomphe in Paris, die der verstorbene Christo geplant hatte, als auch Venedigs Architektur-Biennale, die ja verschoben worden ist, stehen für 2021 auf dem Plan! Der Termin für Venedig konnte jetzt schon festgelegt werden: 16. bis 20. Juni 2021 und 23. bis 27. Juni. Im Herbst geht es dann nach Paris. In diesem November 2020 hat Wilma Estelmann einen Besuch der Anselm-Kiefer-Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle geplant. Ein Kurztrip im Herbst 2021 wird  beispielsweise zu den Arbeiten des Fotografen Peter Lindbergh ins Landesmuseum Darmstadt führen: „Untold Stories“ ist zur Zeit in Düsseldorf zu sehen.

Von den Reisen zu einem ganz anderen, wichtigen Thema: Der Tageszeitung haben sicher viele unserer Mitglieder entnommen, dass das Museum ein Werk von Adolf Hölzel (1853–1934), Dauerleihgabe seit 1987 des Vereins zur Förderung der bildenden Kunst in Wiesbaden, seinen rechtmäßigen Erben übergeben wird. Das Bild „Prozession im Gebirge“ stammt aus dem Nachlass der Hannah Bekker vom Rath und wurde Ende Mai vom Verein zur Fördrung der bildenden Kunst restituiert. Die Frankfurter Familie Flersheim hatte das Werk vor seiner Flucht vor dem Nazi-Regime mit vielen anderen Bildern versteigern lassen müssen. Mehr dazu können Sie ab Donnerstag nächster Woche auf der Website des Museums im MuWi-Blog lesen. „Prozession im Gebirge“ wird noch bis zum 30. August im Museum ausgestellt, ehe es die Reise in die USA antritt. Der neue Direktor Andreas Henning zur Restitution des Gemäldes: „Das Museum Wiesbaden ist seit vielen Jahren sehr darum bemüht, sukzessive alle fraglichen Provenienzen – sowohl des eigenen Bestandes als auch die von Dauerleihgaben – zu überprüfen, um nachweislich unrechtmäßig erworbene Werke an die Eigentümer zurückgeben zu können. Das Gemälde Adolf Hölzels an die Erben der Familie Flersheim zu restituieren, war für uns ein aufrichtiges Bedürfnis, denn damit wird ein kleines Stück Gerechtigkeit hergestellt“.

Wird an die rechtmäßigen Erben der Familie Flersheim in die USA geschickt: das Gemälde „Prozession im Gebirge“ (1909/10) von Adolf Hölzel (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Schauen wir nochmals kurz ins Museum: Es herrscht Leben in ihm, wenn auch Pandemie-bedingt noch verhalten. Aber die Besucher sind ihm treu geblieben. Ich sehe sie zu den Schmetterlingen ausschwirren, die „Bibliothek der Bäume“ oder etwa Ludwig Knaus ansteuern, der nun mit „Homecoming“ bis in den November bleibt. Ich treffe eine Bekannte, die zum zweiten Mal „Lebensmenschen“ erkunden möchte. Und anschließend die neu hinzugekommen Exponate im Jugendstil anschauen will. Die Neess-Schenkung sei immer wieder einen Besuch wert, sagt diese Museumsfreundin. Und kann mit der Maskenpflicht gut leben.

Ja, der Aufenthalt im Museum macht trotz Einschränkungen Freude. Wer nicht in den Urlaub fährt, vielleicht von außerhalb Besuch erwartet, der sollte in jedem Fall einen Ausflug in Kunst und Natur einplanen, vielleicht eine der kleinen, feinen Führungen mitmachen, von denen mir jüngst eine Freundin vorschwärmte. Danach vielleicht könnte man eine Pause auf den Stufen des Fischer-Baus mit seinen bunten Kissen machen. Der Blick auf die andere Straßenseite, zum RheinMain CongressCenter, stimmt allerdings ein wenig traurig. Hier wartet man dringend auf mehr Leben.

Ingeborg Salm-Boost

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