Unter Freunden

Der „Dame mit Maske“ begegnet

Wie, liebe Freunde und Freundinnen des Museums Wiesbaden, fühlen Sie sich in diesen Ausnahme-Novembertagen des Jahres 2020? Neben den vielen, die Stimmung drückenden Pandemie-Lageberichten gibt es ja mittlerweile – vor allem im Netz – auch eine Reihe von „Anleitungen zum Glücklichsein“. Wer das Glück hat, relativ sorgenfrei durch die nicht enden wollenden Corona-Monate gehen zu können, der mag sich an den herbstlichen Farben, vor allem bei Sonnenschein, erfreuen, wird vielleicht die CD-Sammlung nach lange nicht gehörten Schätzen durchforsten, gleiches am Bücher-Regal tun. Man wird vielleicht auch mal wieder seinen Wandschmuck in der Wohnung genauer anschauen. Und, trotz aller Skepsis, hoffen, dass im Dezember die Museumstüren wieder geöffnet werden.

Hoffentlich ist sie bald im Museum zu sehen, die Baechle-Schenkung. Hier von Jakob Becker „Burg Falkenstein“, 1844, Öl auf Leinwand, Museum Wiesbaden – Schenkung Jan und Friederike Baechle (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Zu schön wäre es, könnte am 1. Dezember, wie nun geplant, die von Kustos Peter Forster kuratierte, bereits verschobene Ausstellung „Exquisit – Kunst des 19. Jahrhunderts“ stattfinden. Ich darf an dieser Stelle verraten, dass die Schenkung von Jan und Friederike Baechle überaus beeindruckend ist. Ende November lesen Sie auf dieser Website ein Interview mit Jan Baechle, dem Sammler, Mäzen und Kuratoriumsmitglied des Förderkreises, der uns über viele Jahre mit dem „Depotfrühschoppen“ spannende Werke aus dem Museum vorgestellt hat.

Macht auf die Macke-Ausstellung aufmerksam, auch wenn sie derzeit nicht besucht werden kann: Fahne mit einem Ausschnitt des Werkes „Seiltänzerinnen“, 1910, Kunstmuseum Bonn (Foto: Ingeborg Salm-Boost)

Ist Ihnen möglicherweise aufgefallen, dass seit wenigen Tagen eine Fahne vor dem Museumsgebäude auf „August Macke – Paradies! Paradies?“ hinweist? Eine der Seiltänzerinnen macht Lust auf mehr Macke. Aber leider müssen wir mindestens bis Dezember warten. Ein Glück, dass Kurator Roman Zieglgänsberger den Freunden kommende Woche Teil 2 der „Entdeckungstour“ durchs Paradies anbieten wird. Aus der Ausstellung wollen wir aber heute auch ein Macke-Werk zeigen: Die stickende Frau! Wer weiß, wie viele Menschen in diesen Tagen wieder die Handarbeit für sich entdeckt haben…

Der Kustos der klassischen Moderne ist derweil bereits mit einer anderen, wichtigen Schau befasst: Im September 2021 wird diese mit Sicherheit ein Besuchermagnet: 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden.

Muße für Handarbeit: August Mackes „Stickende Frau auf Balkon“ (Frau mit Handarbeit), 1910, Kunstmuseum Bonn, erworben mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen (Foto: Kunstmuseum Bonn)

Derweil warten die Schmetterlinge (zum Glück noch bis Ende Januar) in der Naturhistorischen Abteilung auf uns und wollen bewundert werden. Winston Roeths „Speed of Light“ könnte auch noch bis in den Februar gute Laune erzeugen – wenn erst die Türen wieder aufgeschlossen werden.

Das Museum muss derzeit ohne Besucher auskommen – die an Kunst und Natur interessierten Menschen ohne das Museum. Aber in diesem herrscht durchaus keine Grabesstille. Es ist nämlich eine gute Gelegenheit, bautechnische Projekte voranzutreiben, die zu normalen Öffnungszeiten nicht so einfach möglich sind, sagt Direktor Andreas Henning. So sind derzeit Elektriker überall im Haus unterwegs. Besonders intensiv wird laut Henning an der Einführung des Online-Ticketing-Systems gearbeitet. Eine wirklich dringliche Neuerung! In den Social-Media-Kanälen des Museums werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Hauses ab sofort ihre „Lieblingsstücke“ vorstellen. (Erinnern Sie sich an die Osterzeit? Auf unserer Freunde-Website haben anlässlich des ersten Lockdown viele engagierte Mitglieder des Vereins ihre „Sehnsuchtsobjekte“ vorgestellt). Nun also kommen auf der Museums-Website in Videos die Aktiven zu Wort. Den Anfang macht Lea Schäfer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit einem Werk von Eva Hesse „Untitled“ aus dem Jahr 1965. Schauen und hören Sie hier mal rein! Noch etwas bewegt sich zur Zeit im Fischer-Bau: In allen Sammlungen werden Image-Filme gedreht. Wir dürfen gespannt sein.

Apropos Videos: Auch wir vom Förderkreis werden noch im November mit dem Filmer Olaf Herrmann im besucherlosen Museum unterwegs sein. Die dritte Staffel der Serie „Wir zeigen’s Euch – Wie Kinder Kunst und Natur sehen“, die wir schon in der Mitgliedersammlung angekündigt haben, wird gedreht. Meine Kollegin Martina Mulcahy und ich freuen uns sehr darauf und sind gespannt, was sich die beiden Kinder als Objekte ihrer Betrachtung aussuchen werden.

Die ganz besondere Atmosphäre in einem verwaisten Museum konnte ich übrigens vor wenigen Tagen schnuppern – und durchaus auch genießen. Mit einem Studenten und Interviewpartner waren der Museumsfotograf Bernd Fickert und ich im Jugendstil. Die Sammlung von Ferdinand Wolfgang Neess hat es Patrick Trepte angetan, und so sollte er auch hier abgelichtet werden. Den Beitrag finden Sie ebenfalls noch im November auf der Freunde-Seite.

Bleiben wir in der Jugendstil-Dauerausstellung. Sind Sie dort auch schonmal der „Dame mit Maske« begegnet? Sie passt wunderbar in die Zeit.

Passt in die Zeit: „Dame mit Maske“, Museum Wiesbaden/Schenkung Ferdinand Wolfgang Neess (Foto: Museum Wiesbaden/Markus Bollen)

Die singende Frau eignet sich doch sehr als Grußbotschaft an Freunde und Freundinnen in Corona-Zeiten. Interessant auch, was in der Ausstellung neben der Figur zu lesen steht: „Unter dem Direktorat von Theodor Schmuz-Baudiß entstanden in der KPM zahlreiche figürliche Plastiken mit modernem Unterglasdekor. Im Zentrum standen erfolgreiche Darstellerinnen aus dem damaligen Showgeschäft – stellvertretend für jenen gesellschaftlichen Wandel, der sich in einem selbstbewussten Frauenbild manifestierte.“ Als wir jetzt wegen der Fotoaufnahmen mit dem jungen Jugenstil-Freund wieder in ihrer Nähe waren und ich der „Lady with mask“ mit meiner schwarzen Maske gegenüberstand, kam mir der Gedanke: Es ist zu allen Zeiten schön, immer wieder Neues im Museum zu entdecken, sich daran zu erfreuen, auch bei der zweiten und dritten Begegnung – und die Freude mit anderen zu teilen …

Ingeborg Salm-Boost

PS: Noch ein Tipp und Hinweis auf eine weltweite, allerdings traurige Botschaft: Am 25. November, ab 17 Uhr, wird der Museumbau in ein ganz besonderes Licht getaucht. Denn das Museum beteiligt sich an der internationalen Kampagne „Orange the world“, einer Aktion gegen Gewalt an Frauen. Die Initiative wird in Wiesbaden vom Zonta-Club organisiert und soll bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, fortgeführt werden.

Zur Übersicht