Unter Freunden

Faszinierend: Kunst am Kran

Über die Terrasse an der Rue per Kran ins Gebäude … Das Objekt aus Bronze, von Tony Cragg exklusiv für das Museum Reinhard Ernst geschaffen, wird sich in einer besonderen Nische über zwei Etagen erstrecken. (Foto: Q/von Debschitz)

Das wird unvergesslich bleiben: Freitagvormittag, Wilhelmstraße 1. Auf der Rückseite des jetzt schon imposanten Gebäudes, in dem 2022 im September das Museum Reinhard Ernst eröffnet werden soll, steht ein gelber Schwertransporter. Ein Blick ins Innere ist schon möglich, mehrere Männer sind hier bei der Arbeit. Die Sonne scheint und von der Ladefläche blinkt es golden: Ja, es ist die Bronze-Skulptur von Tony Cragg, eigens für Wiesbaden im Auftrag von Sonja und Reinhard Ernst geschaffen. Besser gesagt: Es ist der eine Teil, mehr als sechs Meter hoch, ca. 2,5 Tonnen schwer.

Und dann plötzlich hebt der riesige Kran das Objekt empor, schwenkt es hoch nach oben und in Richtung Rue. Denn von dort aus sollen die beiden skulpturalen Teile über die Terrasse  in ihre „Nische“ gebracht werden und später den Besuchern auf zwei Ebenen, im ersten und zweiten Stockwerk, einen faszinierenden Anblick bieten.

Faszinierend ist schon die „Anlieferung“ und wie behutsam die behelmten Männer mit der glänzenden Fracht umgehen, nachdem der Kran zur Landung angesetzt hat. Gleich zweimal ist dies zu beobachten. Im zweiten Stockwerk verfolgen auch Sonja und Reinhard Ernst das Geschehen. So wie der Sammler die Entstehung der organisch wirkenden Skulptur im großen Wuppertaler Atelier von Tony Cragg begleitet hat.

Für Reinhard Ernst, der zwei weitere Werke des 71-jährigen Bildhauers sein eigen nennt, war eines Tages klar: Die eine, besondere Nische im Bauwerk seines berühmten Architekten und Freundes Fumihiko Maki braucht eine exklusive Skulptur. Und: das kann nur eine von Tony Cragg sein, ein Bildhauer, der zu den weltweit Größten gezählt wird. Dass dieses „Paar“ – laut Sammler Ernst als eine Einheit zu sehen – unverhüllt nach Wiesbaden gebracht wurde, war ein Glücksfall für diejenigen, die das Schauspiel miterleben konnten. Denn, weil sie tags zuvor nass geworden war, verzichtete man darauf, die beiden Teile der bronzenen Skulptur zu verpacken.

Gut verhüllt wird sie allerdings nun bis zur Eröffnung des Museums der abstrakten Kunst aufbewahrt sein. Und die besondere Nische wird wieder verschlossen – sodass dem Werk, das in Düsseldorf bei Kunstgießer Rolf Kayser fertiggestellt wurde und aus mehr als 20 Einzelteilen besteht, nichts passieren kann.

Kunst im „Anflug“. Der andere Teil der über sechs Meter hohen Skulptur ist bereits gut im Museumsbau „gelandet“. Sammler und Auftraggeber Reinhard Ernst verfolgt die faszinierende Aktion. (Foto: Q/von Debschitz)

Mit dem Fortgang der Bauarbeiten ist Reinhard Ernst übrigens weitgehend zufrieden. Man hofft, den Eröffnungstermin im Herbst 2022 einhalten zu können. Verzögerungen gibt es allerdings immer wieder, sagt uns der Bauherr im Gespräch für die Freunde-Website. Grund: Es fehlt an Material. Zum Beispiel an Holz. So weiß er uns zu berichten, dass die Amerikaner das Holz aus Deutschland massenweise aufkaufen – wohl, weil es günstiger ist. Auch an Dämm-Material fehlt es zur Zeit. Aber die Zuversicht bleibt. Mitte 2021 soll auch die Leitungsfunktion fürs Museum besetzt sein. Die Bewerbungsgespräche laufen, verrät der Sammler. Fast alle anderen (zwölf) festen Stellen sind mittlerweile besetzt. Auch wegen der Gastronomie finden Verhandlungen statt – was sich in Pandemie-Zeiten nicht so einfach gestaltet.

Reinhard Ernst, Mitglied in unserem  Freunde-Förderkreis, bekräftigt im Gespräch noch einmal seinen Wunsch zur guten Zusammenarbeit mit dem Museum Wiesbaden. Ein Ansinnen, das von Direktor Andreas Henning und seinem Team voll und ganz geteilt wird. So darf man gespannt sein auf den Herbst 2022 in Wiesbaden. Und wird bei der Einweihung des neuen Hauses der Kunst fasziniert sein von der bis dahin auf Enthüllung wartenden zweiteiligen Skulptur des Tony Cragg, die an einem Freitag des Jahres 2021 über der Rue schwebte …

Ingeborg Salm-Boost

PS: Ein Video über die Entstehung der Tony-Cragg-Arbeit findet man auf der Website www.museum-reinhard-ernst.de. Übrigens: Auch für den Bundestag hat der Künstler eine Skulptur geschaffen, die 2020 eingeweiht wurde. Sie heißt „Werdendes“ und steht auf der „Stadtloggia“ des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses.

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