Unter Freunden

Mehr als Betroffenheit

Vollrad Kutscher, in unserem Museum unter anderem mit den „Leuchtenden Vorbildern“ – 60 Künstlerporträts – vertreten, freut sich sehr, dass die Gedenk-Installation „Für Demokratie! – Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger im Widerstand gegen das NS-Regime“ im Rathaus nun, trotz Corona-Einschränkungen, eingeweiht werden konnte. Leider, so sagt er am Telefon, konnten nur wenige Gäste kommen, waren keine Angehörigen der gewürdigten Menschen dabei. Aber Interessierte hatten die Möglichkeit, an einem Livestream teilzunehmen. Zuerst, erzählt uns Vollrad Kutscher, hatte Widerstandsforscher Dr. Axel Ulrich ihn als Berater für das Projekt angefragt, schließlich wurde aus der Beratung der Auftrag für die Umsetzung. „Eine völlig neue Aufgabe“, so Kutscher, die er gerne übernahm. Er hatte auch am Deportationsmahnmal Schlachthoframpe mitgewirkt, mit einer Kastanienallee und Textfragmenten.

Ein Ort zum Verweilen und Gedenken, am 20. Juli im Rathaus eingeweiht (Foto: Ziegenfusz)

„Wir leben wieder in einer Zeit, in der überall Populistisches im Gange ist. Die Demokratie ist wie ein Mobile, sehr komplex. Einfache Antworten reichen nicht!“, meint der Künstler, der mit den Widerstandsforschern Dr. Axel Ulrich und Dr. Rolf Faber zusammengearbeitet hat. Die beiden sind für die Inhalte verantwortlich, haben die Biografien der 14 Widerständler/innen erarbeitet– von Oberst Ludwig Beck über Johannes Maaß, Konrad Arndt oder Toni Sender und Henny Neu bis hin zu dem späteren Oberbürgermeister Georg Buch. Wie Sozialdemokrat Buch hatten die meisten Widerständler/innen, die die Diktatur überlebten, sich seit Frühjahr 1945 sofort für die Wiedererrichtung der Demokratie eingesetzt.

Die Köpfe der Widerständler und Widerständlerinnen, wie sie Vollrad Kutscher anhand von Fotos gezeichnet hat (Foto: Kutscher)

Vollrad Kutscher hat die 14 Köpfe nach Fotovorlagen Freihand für die Installation porträtiert. Zu dieser heißt es im Text aus dem Rathaus: Der Bildschirm mit den Informationen ist eingebettet in eine farbig gestaltete Glasfläche. Die darin zu findenden Jahreszahlen beziehen sich auf die Geschichte des Rathauses, eines Ortes der Demokratie selbst … Das sei ihm, sagt Vollrad Kutscher in unserem Telefonat, sehr wichtig gewesen, dass in der Arbeit die Geschichte des Rathauses auftaucht. Ebenso wichtig: „Es sollte nicht nur ein Betroffenheitsmahnmal entstehen, wir müssen die Jugend erreichen“.  Umso schöner, dass ein junger Assistent Kutschers, Claudio Roig, eingebunden war in die Projektarbeit. Und gut, dass es eine auch für Schulklassen geeignete digitale Aufbereitung durch die Akteure Kutscher/Ziegenfusz gibt.

Ganz wichtig findet es Vollrad Kutscher, dass das Projekt weitergeführt und um die Namen zahlreicher Widerstandskämpfer/innen erweitert werden soll. „Es gab mehr als 600 Menschen in Wiesbaden, die gegen die Diktatur gekämpft haben“, sagt der Künstler. Auch sollen Beiträge von jungen Menschen in die Erinnerungsgeschichte einfließen. „Für Demokratie“. Das Stadtarchiv wird das Projekt weiter betreuen.

Alle Details zur Gedenkinstallation können auf dieser Website abgerufen werden. (isa)

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