Unter Freunden

Begegnungen, die Freude machen …

Ergeht es Ihnen auch so? Man trifft sich in unserem Museum gerne immer wieder mit Freunden und Freundinnen, tauscht sich aus, freut sich gemeinsam über das inspirierende Angebot in Kunst und Natur, über Vorträge, Workshops, Jour-Fixe-Abende, zu denen der Förderkreis einlädt. Man ist neugierig auf aktuelle Ausstellungen wie nun „Ernst Wilhelm Nay – Retrospektive“. Und viele Mitglieder nehmen gerne auch die Previews mit Sektempfang wahr, so wie wieder vor Beginn der Nay-Eröffnung. Dort trifft man bekannte Gesichter, kann aber ebenso neue Gleichgesinnte kennenlernen. Und ist es nicht schön, wenn darunter immer wieder auch junge Menschen sind? Ihre Beziehung zum Museum, ihre Sicht auf die Museumswelt zu erfahren, ist interessant und oft bereichernd.

Ernst Wilhelm Nay – in zwölf Räumen „berauscht“ der Farbmaler. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Interessiert am Treffpunkt Museum 

Deshalb, Sie wissen es vermutlich, gibt es schon lange auch ein gutes Zusammenspiel der Freunde des Museums mit den hiesigen Hochschulen, vielversprechende Projekte entstehen. So wie jüngst drei Arbeiten von Studierenden der Hochschule RheinMain aus dem Fachbereich Kommunikationsdesign. Wie können junge Leute der Zielgruppe 18 bis 30 Jahre in der Rhein-Main-Region nachhaltig auf die Dauerausstellungen des Museums Wiesbaden aufmerksam gemacht werden und das Haus als Treffpunkt sehen? – so lautete die Fragestellung des von Professor Jörg Waldschütz betreuten praxisnahen Projektes. So viel sei heute schon gesagt: Drei Teams haben dazu kreative Ideen entwickelt – Ideen, die wir Ihnen bald in unserer Rubrik „Kulturcampus MuWi“ vorstellen möchten. Ideen, die durchaus auch bei den Museums-Aktiven Anklang fanden. Freunde-Vorstandsmitglied Klaus Niemann, der die Zusammenarbeit mit den Hochschulen koordiniert, berichtet von einer „lebendigen und mulitmedialen Präsentation“ der Ergebnisse, „strukturiert, kreativ und professionell“ hätten die jungen Leute mögliche Marketingideen vorgestellt.

Übrigens: Einer der Studenten, die eine App entwickelt haben, folgte spontan unserer kurzfristigen Einladung zur jüngsten Preview. Es war erfrischend zu sehen, wie leicht er mit Mitgliedern unseres Förderkreises und mit Museums-Aktiven ins Gespräch kam. Und es machte Spaß, mit ihm zusammen das unglaublich farbintensive Werk Ernst Wilhelm Nays aus all seinen Schaffensperioden im Anschluss an die tolle Einführung durch Kurator Roman Zieglgänsberger zu betrachten.


Mit Marburg forschend aktiv

Bleiben wir beim Thema Kulturelle Bildung und junge Menschen: Das Museum Wiesbaden ist seit kurzem in Hessen das erste „InnoLabMuseum“, nachdem es in Marburg bereits eine „InnoLabSchool“ gibt. InnoLab? Was steckt dahinter? „InnoLab“ steht für Innovation Laboratorium. In der Beschreibung der Presseabteilung des Museums wird die Arbeit so erklärt: Die Philipps Universität Marburg (Arbeitsstelle Kulturelle Bildung an Schulen) und das Museum haben eine Vereinbarung über eine verbindliche Zusammenarbeit unterzeichnet. Für die Kooperation von Schule und Kulturinstitution sollen neue Perspektiven nachhaltiger Weiterbildung und kultureller Bildung in Hessen aufgezeigt werden. Und zwar mit Erprobung des Weiterbildungsstudiengangs Kulturelle Bildung an Schulen. Mit renommierten Fachleuten der Sparten Literatur, Bildende Kunst, Theater und Musik soll das Museum Wiesbaden für die Studierenden zum „ästhetisch-forschenden Handlungsraum“ werden, heißt es in einer Presseerklärung.

Besiegelt: Vertragsunterzeichnung für „InnoLab“ durch Christian Kammler, Leiter der Arbeitsstelle Kulturelle Bildung an Schulen, Professorin Dr. Kati Hannken-Illjes von der Uni Marburg, Direktor Dr. Andreas Henning und Astrid Lembcke-Thiel, Referentin am Museum Wiesbaden für Kulturelle Bildung. (Foto: Museum Wiesbaden/Brand)

Man darf sicher sein: Die Partner werden sich mit Verve in das erste Projekt stürzen, das am 23. November beginnt. Nicht zuletzt Astrid Lembcke-Thiel, am Museum Referentin für Kulturelle Bildung, dürfte eine Garantin dafür sein. Sie hat längst an der Marburger Uni das Studium des Berufsbegleitenden Weiterbildungsmaster abgeschlossen und sprüht seit jeher vor Konzeptideen für Schulen. Siehe auch unser Interview mit ihr in der Rubrik „Gesichter des Museums“.

Wie schön, dass sie für die Unterzeichnung des „InnoLab“-Vertrags ein unterhaltsames, passgenaues Programm geplant hatte, das zeigt, wie engagierte junge Leute unterwegs sind: Eingeladen war das singende Ensemble „Frauenzimmer“ der Diltheyschule, das übrigens 2019 den Leonardo Schul Award der Wiesbaden Stiftung in der Kategorie Musik gewann. Ebenso, wie in diesem Jahr die „Museumsguides“ vom Gymnasium am Mosbacher Berg in der Kategorie „Alles ist Kunst“ den ersten Preis erhielten (siehe Beitrag dazu auf dieser Website)! Auch über das „InnoLab“ wird es noch Interessantes zu berichten geben – ein Projekt, das uns Freunden besonders am Herzen liegt, sind wir doch starke Förderer des Bereichs Bildung und Vermittlung sowie im engen Gespräch mit den hoch motivierten Aktiven dort. Die Meinung der „InnoLab“-Initiatoren kann man nur teilen: Kulturelle Bildung fördert gerade in diesen Zeiten die Wahrnehmung des Gegenübers, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und notwendige gesellschaftliche Wertschätzung. Dass diese Kooperation nun besiegelt ist, darüber freuen sich auch die MitarbeiterInnen der Abteilung Bildung und Vermittlung, Daniel Altzweig, Gabriele Knepper und Ann-Katrin Spieß.


Malen für die Seele

Bleiben wir in diesem Bereich: Schon seit März gibt es im Museum Wiesbaden großes Interesse an den Angeboten für Menschen aus der Ukraine. Die Dolmetscherin, Übersetzerin und Hochschuldozentin Stella Seifert, gebürtig in Kiew und in Wiesbaden zu Hause, lädt zweimal im Monat sonntags zu Führungen mit anschließendem Workshop in der Abteilung Bildung und Vermittlung ein. Ein deutsch-ukrainischer Verein in Mainz unterstützt sie dabei, die Möglichkeit bekannt zu machen, mit Hilfe der Kunst den Krieg in der Heimat zumindest für kurze Zeit in den Hintergrund zu rücken. Unproblematische Anmeldung hilft, dass überwiegend ukrainische Mütter mit ihren Kindern und auch Großeltern den Weg ins Museum Wiesbaden finden. Im Jugendstil, bei den Alten Meistern und nicht zuletzt vor Jawlensky-Werken verharren diese Gäste gerne. Stella Seifert ist es auch ein Anliegen, ihnen zu vermitteln, dass sie angesichts des Krieges und der schrecklichen Erlebnisse in ihrer Heimat nicht mit der großen kulturellen Vergangenheit Russlands hadern sollten. Beeindruckend, wenn die ukrainischen Museumsgäste das im Haus Gesehene in die Bildsprache übersetzen, wenn sie selbst im Workshop malen. Durch die Farbe zeigen sie oft ihren seelischen Zustand, weiß Stella Seifert. Halb geschlossene Türen, eine große Wolke – alles spricht für sich. Einen tiefen Hintergrund sieht sie in den Bildern, nicht zuletzt auch bei Kindern. Wie bei dem zarten Mädchen, das ganz bunte Farben wählte – sie malte Bomben …
Bilder mit einem tiefen Hintergrund: Ukrainische Museumsgäste haben nach dem Ausstellungsbesuch Jawlensky-Werke nachempfunden. Hier „Helene im spanischen Kostüm“ …
… und das Selbstbildnis Alexej von Jawlensky – mit einer App dazu. (Fotos: Stella Seifert)

Ab sofort gibt es noch ein weiteres Angebot für ukrainische Familien mit Kindern im Museum, beide Projekte werden unterstützt von den Freunden. „Museum für mich“ ist die Einladung, sich in Räumlichkeiten des Hauses ungezwungen austauschen zu können und spielend miteinander ins Gespräch zu kommen, sich mit Kunstwerken befassen. Zwei aus der Ukraine geflüchtete Frauen, die Museumspädagogin Kateryna Okremova und die Kunstlehrbuch-Autorin Hanna Ostapenko, haben das Konzept erarbeitet und sich ans Museum gewandt, wo man gerne auf die Idee einging. In ukrainischer Sprache moderieren sie die Treffen in den Ausstellungsräumen und Ateliers, wo Kinder ab fünf Jahren mitmachen können. Und sie ergänzen so das meist ausgebuchte Programm von Stella Seifert. „Kultur ist für alle da“, so heißt es bei „InnoLab“. Ja, das ist sie!


Nachts nebenan bei Chillida

Einiges habe ich nun über kulturelle Teilhabe, über Aktivitäten und Projekte im Museum Wiesbaden erzählt. Lassen Sie mich schließen mit einem kleinen nächtlichen Ausflug nach nebenan, zum Museum Reinhard Ernst. Just an dem Eröffnungsabend der Nay-Ausstellung wurde die Chillida-Skulptur für den Innenhof des imposanten Gebäudes, das manche „Zuckerwürfel“ nennen, nach Wiesbaden und an seinen Bestimmungsort gebracht. Welch ein Abenteuer unter Flutlicht!
Dreiteilig, fast neun Tonnen schwer: „Auf der Suche nach dem Licht III“ heißt das Werk für den Innenhof des neuen Museums. (Fotos: Catherine Dallmer/Museum Reinhard Ernst)

Sie haben es sicher in der heimischen Presse gelesen: Die Straßensperrung tagsüber wegen des diffizilen Kunsttransports und der notwendigen Kran-Aktion wurde von der Stadt nicht genehmigt. Aber auch in der Dunkelheit gab es BeobachterInnen des Schauspiels der besonderen Art. Und nun sprechen wir von einem gut nachbarschaftlichen, sichtbar gelebten Zusammenspiel der beiden Museen. Denn nach einem langem Tag mit Ausstellungseröffnung ließen es sich u. a. Direktor Andreas Henning, die Kustoden Peter Forster und Roman Zieglgänsberger sowie Veranstaltungsmanagerin Suzan Mesgaran nicht nehmen, mit anderen Interessierten den Weg der dreiteiligen, fast neun Tonnen schweren Skulptur aus Cortenstahl in den Innenhof zu „begleiten“. „Buscando la Luz III“ heißt das Werk Chillidas, der in Wiesbadens Partnerstadt San Sebastian lebte und arbeitete. „Auf der Suche nach dem Licht III“, welch ein schöner Name! Catherine Dallmer, Chefin der Öffentlichkeitsarbeit beim Museum Reinhard Ernst, machte in der Nacht trotz gewisser Anspannung eine ganz besondere, eine angenehm-ruhige Stimmung aus. Man muss wissen: Die Skulptur war beim Verladen in London, wo Reinhard Ernst sie bei Sotheby’s erworben hatte, beschädigt worden (siehe auch dieser Bericht auf der Website des Museums Reinhard Ernst). In Duisburg fand man die Spezialisten, die alles wieder in Ordnung brachten. Und nun schaffte die Wiesbadener Firma Huhle sie wohlbehalten ans Ziel, ebenso wie eine weitere Skulptur aus Bronze des Künstlers Bernhard Schultze für die Terrasse im zweiten Obergeschoss.

Kunst-Transport: Die Wiesbadener Firma Huhle brachte Chillida sicher zum und ins Museum Reinhard Ernst.

Kein Fest fand statt, aber ein schönes Zusammensein, das der Partnerschaftsverein Wiesbaden-San Sebastian mitgestaltete und zu dem natürlich AnwohnerInnen willkommen waren. Auch ein Kunstfreund, aus Hamburg angereist, ließ es sich nicht nehmen, diesen hochsensiblen Akt zu verfolgen: Alexander Klar, Kunsthallen-Direktor und zuvor Chef unseres Museums Wiesbaden. Klar, dass Klar seine Kollegen nach der Nay-Eröffnung – bei der zuvor auch der Direktor des Ernst-Museums, Oliver Kornhoff teilgenommen hatte – auf die andere Straßenseite begleitete! Klar auch, dass er angereist war, um an seiner alten Wirkungsstätte die die Schau „Wilhelm Nay – Retrospektive“ zu besuchen, so wie Kurator Roman Zieglgänsberger sie arrangiert hat. Denn in seiner Hamburger Kunsthalle war das Projekt gestartet worden. Zusammenspiel, wie immer wieder von beiden Seiten betont, an der Wiesbadener „Rue“, aber eben auch bis hoch in den Norden …

Ingeborg Salm-Boost

PS: Ein letzter Blick noch auf ein Werk von Nay: Ist es nicht schön, dass in unserer Reihe „Wir zeigen’s Euch – Wie Kinder Kunst und Natur“ sehen, das Bild „Pilgrim“ 2020 von der damals neunjährigen Tihun ausgewählt und besprochen wurde? Das Video dazu finden Sie auf dieser Seite.

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