Unter Freunden

Alles fließt in die Kunst …

„Alles ist Kunst“ – so hieß eine Kategorie des Leonardo Schul-Award 2022 der Wiesbaden Stiftung, in der – viele von Ihnen, liebe Museumsfreunde und -freundinnen, werden es wissen – unsere Museumsguides die Siegertrophäe eroberten! Dieser „Leonardo“ steht nun gleich am Eingang des Museums und kündet von dem großen Erfolg. Und die jungen Damen vom Gymnasium am Mosbacher Berg beweisen immer wieder ganz individuell, wie spannend es beispielsweise ist, sich mit dem Jugendstil zu befassen. „Alles ist Kunst“, das soll heute der rote Faden für ein paar Nachbetrachtungen sein …

Es ist schon eine Weile her, da wurde die Naspa-Hauptstelle an der Rheinstraße zum Ort für ein Happening: Statt um Pekuniäres ging es um Risotto. Reis? In der Tat! Mit Blick auf den am 1. Juni beginnenden Wiesbadener Sommer 23 „FLUXUS S(I)EX TIES“ hatte Kunstfreund und Naspa-Vorstandsmitglied Bertram Theilacker in Erinnerung an alte Fluxus-Zeiten zu einem Event mit Aktionskünstler Andreas Petzold eingeladen und versprochen „Wir kümmern uns rührend um Sie“. „Risotto – oder die Kunst des Reiskorns“. Aha, mag der eine oder andere Gast gedacht haben, was bitte soll da Kunst sein, geht es nicht „nur“ ums Kochen? Stellen wir mal gleich die Verbindung zu unserem Museum her: Eine, die dabei war und uns Freunden und Freundinnen des Museums als vielseitige Kuratorin bekannt ist, kann es nämlich erklären! Jana Dennhard, die sich sogar in ihrer Masterarbeit mit einem Fluxus-Künstler der 1960er Jahre befasste, sagt: „Interdisziplinarität, Dialog und Überraschung“, das wären Fluxus-Eigenschaften. Und überraschend war der Sparkassen-Abend in jedem Fall. Wurde man doch nicht nur „rührend“ versorgt, sondern auch selbst zum Rühren im großen Reistopf animiert – so wie Jana Dennhard. Sie erinnert daran, dass bei Fluxus nicht näher definierte Erwartungen aufgebaut werden, dann aber jeder sich selbst überlassen wird. Alles fließt …

„Risotto oder die Kunst des Reiskorns“: Jana Dennhard am Kochtopf – ein Fluxus-Happening mit Andreas Petzold. (Foto: Ingeborg Salm-Boost)

Dazu werden wir also im Kunstsommer sicher mehr erfahren können – auch das Museum Wiesbaden wird mit von der Partie sein. Und, hier wiederum kommt unsere junge Kunsthistorikerin Jana ins Spiel: Nachdem sie ihr wissenschaftliches Volontariat beendet hat, ist sie nun für die Stadt als Projektmanagerin von „FLUXUS S(I)EX TIES“ aktiv. Verloren geht sie dem Haus der Kunst und Natur aber nicht ganz: Denn als wissenschaftliche Mitarbeiterin ist sie für die Ausstellung „HAP Grieshaber – Form|Sprache“ engagiert. „Grieshaber war auch ein Kommunikator, nur eben mit anderen Mitteln. Der Unterschied ist vielleicht: Er hat (s)eine Meinung festgehalten und trat damit weniger in den Diskurs … wohingegen bei Fluxus der Erfahrungswert der Rezipienten und Rezipientinnen absolut im Fokus steht.“ Lassen wir uns überraschen!

Übrigens: Der nimmermüde Aktionskünstler Andreas Petzold, früher in Wiesbaden zu Hause und heute mit seiner Frau auf der Insel Föhr äußerst kreativ, hatte u. a. im Sparkassen-Haus ein frei nach Joseph Beuys formuliertes Gedicht verteilt. Der Anfang geht so: „Lerne Schlangen beobachten, pflanze unmögliche Gärten, mache kleine Zeichen, die ,Ja‘ sagen und verteile sie überall in deinem Haus …“

So schön kann das „Experiment Ornament“ im Ideenraum der Jugendstil-Abteilung sein. (Foto: Josh Schlasius)

„Ja sagen“, das kann man mit großer Freude zum „Jugendstilizer“. Sie haben darüber schon auf dieser Website gelesen? Oder es vielleicht im Museum selbst ausprobiert? Sich das eigene Jugendstil-Ornament erschaffen, nach Hause mailen und/oder als Postkarte ausdrucken lassen – das macht nicht nur jungen Menschen Spaß, wie man beobachten kann, und auch an sich selbst beobachtet. Kreativität ist gefragt – und plötzlich entfaltet sie sich! Es gibt auch eindrucksvolle erste Zahlen zum „Experiment Ornament“: Seit dem Start am 30. März, der vier Wochen zurückliegt, haben sich mehr als 1.200 Museumsgäste in der Kunst des Gestaltens am Computer versucht. Der „Jugendstilizer“  ist auch ein – von den Freunden unterstütztes – Projekt, das die beiden Powerfrauen Jana Dennhard, Valerie Ucke und Kustos Peter Forster mit den drei Studentinnen Julia Muthler, Alisa Sawchuk und Leah Stephan sowie deren Tutor Professor Jörg Waldschütz und der Agentur 99 Grad realisiert haben.

Gäste, die sich viel zu erzählen hatten: beim Treffen der Gewinnerinnen und Gewinner des NovemberFlash in der Wandelhalle des Museums. (Foto: Josh Schlasius)

Intensiv mit der Kunst und ebenso mit der Natur, die in unserem Museum zu finden ist, hatten sich viele Freundinnen und Freunde befasst, die am „NovemberFlash“ des Förderkreises teilnahmen. Nun fand in der Wandelhalle ein Empfang für die PreisträgerInnen statt. Wieder einmal gab es ein Zusammensein mit vielen angeregten Gesprächen. Geschäftsleute, Gastronomen, Privatpersonen, das Museum und nicht zuletzt KünstlerInnen haben tolle Preise zur Verfügung gestellt. Ins Kunstgespräch konnten die Gewinner und Gewinnerinnen beim Empfang mit Nicole Ahland, Viola Bittl, Gábor Török und Frank Deubel kommen und auf den „NovemberFlash“ anstoßen.

Gute Laune bei der Preisverleihung in der Wandelhalle: NovemberFlash-Gewinnerin Regina Graminski ist eine sehr interessierte Freundin des Museums. (Foto: Josh Schlasius)

Zu den Preisen, mit denen die Kunstschaffenden dem Förderkreis ein Geschenk machen, gehören neben Kunstwerken auch Atelierbesuche. Zwei Atelierausflüge zu der jungen Bildhauerin Emilia Neumann hatte der Freunde-Verein übrigens vor einigen Wochen im Rahmen seines Veranstaltungsprogramms nach Frankfurt angeboten. Neumann hat den Wettbewerb zur künstlerischen Gestaltung vor dem RheinMain CongressCenter gewonnen. Ihre drei Skulpturen beschäftigen sich mit dem Thema Wasser. Zu sehen, wie die Werke entstehen, war eine spannende Sache und weckte großen Respekt vor dem Schaffen Emilia Neumanns.

Ein gewaltiger Eindruck: Im Atelier von Emilia Neumann entsteht die Kunst am Bau fürs RheinMain CongressCenter in Wiesbaden. (Foto: Elke Fuchs)

Lassen wir die Vorsitzende des Preisgerichts, Beate Kempfert, Direktorin der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen, dazu erklären: „ … Mit Emilia Neumann wurde eine Künstlerin prämiert, deren künstlerische Setzung durch die Wahl des Standortes und durch die Besonderheit ihrer Werke überzeugte. Zur Formfindung nutzte Neumann Alltagsfundstücke, die sie miteinander derart durchdrang, dass man sich den Objekten von mehreren Seiten nähern werden kann. Ihre gewählten Farben und erzeugten Farbschlieren unterstreichen darüber hinaus ihre Selbstbestimmtheit im künstlerischen Prozess“. Der eine oder die andere dürfte die Entwürfe bereits im Dezember 2022 im RMCC gesehen haben – nun warten wir auf die Installation. Im Laufe des Sommers, heißt es, soll die Kunst am Bau vollendet werden. Kunst gegenüber unserem Museum, wunderbar! Direktor Andreas Henning gehörte übrigens der Jury an, die sich für Emilia Neumann entschieden hat. Es macht Freude, ins Reich von Kunstschaffenden eingeladen zu werden. Und so möchten die Freunde des Museums gerne immer wieder einmal zu solchen Ausflügen einladen.

Und so soll das skulpturale Werk im Laufe des Sommers vor dem RMCC zu sehen sein. (Foto: Wiesbaden Congress & Marketing GmbH)

Ein Atelierbesuch im Gewinnspiel des Jahres 2022 wird übrigens zu Bildhauer Gábor Török in Wiesbaden führen, wo bereits am Eingang die Edelstahlskulptur „Geburt einer Sehnsucht“ die Gäste begrüßt. Sie gehörte zu den Ausstellungsobjekten, die 2022 im Museum Wiesbaden in der  „Intervention“ zu sehen waren – einer Schau, die sich Töröks Schaffen widmete.

Nur ein paar Worte an die Gäste: Bildhauer Gábor Török freute sich, die Gewinnerin des Besuchs in seinem Atelier kennenzulernen. (Foto: Josh Schlasius)

Auch Viola Bittls Werke „Intervention 1“  waren 2022 im Museum Wiesbaden zu entdecken. „ … Nicht weniger als ein Ereignis“, so schrieb die FAZ zu den Arbeiten der Frankfurterin, die nach einem zehnmonatigen Stipendium in New York entstanden waren. Die Freunde des Museums Wiesbaden haben den Ankauf eines Werkes im Rahmen eines Förderprogramms der Hessischen Kulturstiftung unterstützt. Nun kann der NovemberFlash-Gewinner mit Gästen beim Atelierbesuch ihrem Schaffen näherkommen.

Die Liebe zur Kunst verbindet – dies sei am Ende unseres Rückblicks wieder einmal festgestellt. Die Treffen unter Freunden und Freundinnen des Museums sind bereichernd. Und helfen wie eben die Kunst selbst, „den Staub des Alltags von der Seele zu waschen“ – ein Statement von Pablo Picasso, das sich immer wieder bestätigt.

Ingeborg Salm-Boost

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