Unter Freunden
Helene mit blauem Stuhl …
Neulich in den Räumen der Kunst: Zwei Besucherinnen sind beeindruckt von Helene. Sie wissen schon: „Helene im spanischen Kostüm“, Jawlenskys größtes Gemälde, das Sammler und Mäzen Frank Brabant schon 2014 unserem Museum Wiesbaden geschenkt hat. Dass sie dann auch zu den Beobachterinnen einer besonderen Aktion werden, das hätten die beiden Frauen aus Nordrhein-Westfalen nicht gedacht. Sind es aber gerne. Wieso? Der blaue Stuhl macht für eine kurze Foto-Session Station bei Helene, besser gesagt: vor Helene. Natürlich mit Einverständnis von Direktion und Kustos der Klassischen Moderne … Schließlich kann man ja nicht so einfach einen Stuhl mit in eine Ausstellung nehmen. Zunächst lassen sich die Kunstfreundinnen, die ich zufällig treffe, etwas über Jawlenskys Jahre in Wiesbaden und über seine Frau Helene erzählen. Aber auch an dem Stuhl sind sie interessiert. Sie auch?
Also „Nimm Platz! Tag plads! Take a seat!“, so die Aufforderung des aus Wiesbaden auf die Insel Föhr „ausgewanderten“ Aktionskünstlers Andreas Petzold. Dieser blau angemalte Stuhl soll „ein kreatives und partizipatives Spiel sein, das zeitgleich in Wiesbaden und auf der nordfriesischen Insel Föhr in Gang gesetzt wurde“, heißt es in der Beschreibung des Projekts. Eigentlich sind ja Zwillingsstühle unterwegs – der eine soll auch auf die im September stattfindende deutsch-dänische Kulturwoche vorbereiten (deshalb auch „Tag plads“), der andere, in Hessen, soll sich ebenfalls „öffentlich präsentieren und künstlerische Positionen und Fragen aufwerfen“, deren Beantwortung schließlich Teil von „Tatorte-Kunst“ Ende Oktober in Wiesbaden sein wird. Eine Aktion, an der wiederum Andreas Petzold alias Pan teilnehmen wird. Wer umfassend Bekanntschaft mit dem blauen Stuhl machen möchte, der immerhin schon in Kloster Eberbach, Schloss Vollrads, bei der Gesellschaft für Deutsche Sprache oder etwa bei Hessen Lotto platziert und fotografiert wurde, dem sei diese Webseite als Informationsquelle empfohlen. Ganz klar, dass die umfängliche Aktion auf vielen Kanälen gepostet wird …
Sie wollen wissen, warum der blaue Stuhl ausgerechnet bei Helene Platz nahm? Dies kam so: Das Sitzmöbel hat nebenan, im Nassauischen Kunstverein, einen festen Gaststatus gefunden. Und im Vorsitzenden des Vereins-Vorstands, Bertram Theilacker, hat Pan einen äußerst engagierten „Assistenten“. Denn höchstpersönlich steuert der frühere Naspa-Vorstand alle möglichen Orte an, hält den blauen Stuhl im Bild fest, trifft auf interessierte Menschen – die sich ruhig auch mal die Frage stellen dürfen: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Und nun zur Helene: „Wäre es nicht schön, wenn wir den blauen Stuhl vor ihr platzieren würden?“, fragte der NKV-Mann. Und fügte an: „Immerhin war Alexej von Jawlensky Mitglied im Nassauischen Kunstverein!“ Das passt und ist eine nette Idee, fanden wir Freunde, und auch unser Mitglied Frank Brabant sieht das so. Leider konnte er aus terminlichen Gründen nicht an der „Stuhl-Session“ im Museum teilnehmen. Er hätte sich eigentlich gerne hingesetzt und ein bisschen mit seiner Helene geplaudert – für die ein russischer Oligarch ihm über eine Galerie einst acht Millionen Mark geboten hatte. Wie schön, dass dies viele Geld ihn nicht locken konnte.
Schauen wir ganz kurz auch noch einmal zurück auf die tolle Pechstein-Retrospektive mit dem Leitthema „Die Sonne in Schwarzweiß“ (in der auch Leihgaben von Frank Brabant zu sehen waren). Seit März konnte das Museum 40.000 Gäste aus der gesamten Republik willkommen heißen. Und zum Abschluss, am Wochenende des Sommerfestes vor dem Haus der Kunst und Natur, führte die Enkelin des Brücke-Malers, Julia Pechstein, noch einmal durch die Ausstellung. Sie erinnern sich vielleicht: Sie hatte zuvor schon einen wunderbaren Vortrag über ihren Großvater und sein Werk gehalten, auch ein Gespräch konnten wir zum Start für die Freunde-Website mit ihr führen. Groß ist die Freude bei Julia Pechstein und im Museum Wiesbaden darüber, dass zwei zentrale Arbeiten des Malers, „Selbstbildnis, liegend“ und „Russisches Ballett“ (beide von 1909) als Dauerleihgaben in Wiesbaden bleiben. Die Gemälde sind gleich nach Ausstellungsende in der ständigen Sammlung neben Kollegen und Freunden von Max Pechstein platziert worden. „Das Selbstbildnis, liegend, wäre in jeder Museumssammlung ein Höhepunkt“, sagt Kustos Roman Zieglgänsberger dazu, „nicht nur, weil es Pechsteins erstes in Öl ausgeführtes Selbstporträt ist, sondern vor allem, weil der Maler darin sein gesamtes Kunstverständnis offenlegt – nämlich die von ihm wahrgenommene Welt mit seinen Emotionen zu mischen und für uns sichtbar zu machen.“
Zum Schluss zwei kleine Beobachtungen, die Freude machten und die ich unbedingt im Bild festhalten wollte. Kein großes Problem in den fortgeschrittenen Zeiten des Mobiltelefons, mit dem auch Ungeübte recht passable Fotos hinbekommen.
Wer viel in unserer Stadt zu Fuß unterwegs ist, dem ist sicher nicht entgangen: Eine Reihe der guten alten Litfaßsäulen sind ganz und gar kulturellen Angeboten dieser Stadt gewidmet. Okay, die plakatierte Ritschl-Ausstellung im Kunsthaus ist leider schon zu Ende, die Ergänzung dazu aber in unserem Museum ist noch bis zum 24. August zu sehen. Auch Fruhtrunk fällt ins Auge, oder etwa ebenso „70 Jahre Kunst am Bau“, Thema einer bundesweiten Wanderausstellung, die noch bis zum 18. August im RheinMain CongressCenter gastiert. Und ja, den Elefanten erkennen wir sofort wieder, er weist ja auf die bei uns bis Februar 2025 laufende, viel gelobte Ausstellung „Der Hase ist des Jägers Tod –Kultur und Natur des südlichen Afrikas“ hin. Der Elefant findet sich gleich über dem Aufruf des neuen Museums Reinhard Ernst „Jetzt entdecken“.
Natürlich ist der Maki-Bau auf dem Plakat zu sehen. Und im Museum Reinhard Ernst, da wo Katharina Grosses erstes Glaskunstwerk die BesucherInnen anzieht, sehe ich einen besonders schönen Hinweis auf das gute Miteinander von MuWi und mre: umschlungen von Grosses Kunst ein kleines „Fenster“ auf das Museum Wiesbaden, das im kommenden Jahr 200-Jähriges feiert. Oft sind es ja die kleinen Entdeckungen, die den Alltag ins Leuchten bringen …
Ingeborg Salm-Boost