Unter Freunden
Mit Wimmelbild und „Abraham“
Neulich in unserem Museum: Einfach mal schlendern, den neuen Themenraum „Wandel“ anschauen, auf Maria Sibylla Merians Wegen gehen. Dann auch einen Abstecher zu „Abraham“ machen. „Abraham“? Ja, dieses Frühwerk Jawlenskys ist ein Geschenk ans Museum zum 200. Geburtstag … Aber erst noch ein Stopp in der Wandelhalle, vor dem Wimmelbild! „Findest du das gut als Jubiläumskennzeichen?“, dies fragte mich kürzlich eine Freundin mit leichtem Zweifel in der Stimme. Ja, mir gefällt dieses farbenfrohe Gewimmel, das auch als Fahne auf der „Rue“ weht und das eine schöne Kulisse beim Festakt im Staatstheater war. Nein, es macht nicht nur Kindern Spaß, interaktiv zu werden und sich am Bildschirm in der Wandelhalle zwischen Bienen und Goethe, Eisbär und Nana, Paradiesvogel und Alexej von Jawlensky zu bewegen. Ach ja, und auch unseren Direktor, Andreas Henning, trifft man beim Klicken durch die Bildergeschichte – gezeichnet von Mirko Röper.

So entspannt, wie er im Wimmelbild steht, dürfte Andreas Henning vor dem großen Festakt zum Museumsjubiläum, der im gut gefüllten Großen Haus des Staatstheaters stattfand, sicher nicht gewesen sein. Welch eine Herausforderung, hier und sofort im Anschluss im Museum den Geburtstag zu feiern und die gesamte Planung für diesen Mega-Event mit eigenen Kräften zu stemmen. Aber die Anspannung konnte schnell vom Direktor abfallen. Was sein Team, allen voran Oksana Katvalyuk und Suzan Mesgaran, geplant und geleistet haben, ist überaus beeindruckend und einen Riesenapplaus wert – was die geladenen Gäste auch gerne bestätigten.

Eine prominente Rednerin konnte für die Festrede gewonnen werden – Maria Furtwängler, Schauspielerin und Ärztin. Und, wie sie einmal in einem Interview verriet, eine große Bewunderin von Maria Sibylla Merian. Also exakt die Wissenschaftlerin, der das Museum Wiesbaden fortan noch größere Aufmerksamkeit widmen wird. Wie schön, dass im Staatstheater verkündet werden konnte: Die Alfred-Weigle-Stiftung und das Museum Wiesbaden werden den Maria Sibylla Merian-Preis nun alle zwei Jahre ausloben. Mit einem Betrag von 15.000 Euro, gesplittet in je 7.500 Euro, richtet er sich an angehende Künstlerinnen und Naturwissenschaftlerinnen.

Viel Anerkennung gibt es in den Grußbotschaften, u.a. von Landtagspräsidentin Astrid Wallmann, für die Arbeit des Hauses der Kunst und Natur (das sich nun auf den Erweiterungsbau freuen darf). Anerkennung von allen Seiten auch für das Engagement der Freunde des Museums Wiesbaden, für unserem Förderkreis, der zu den größten seiner Art in Deutschland zählt. Wie schön, dass in allen Ansprachen bürgerschaftliches Engagement gewürdigt wird, dem Wiesbaden ja auch die Gründung des Museums vor 200 Jahren zu verdanken hat – was auch der Direktor deutlich hervorhebt.



Spätabendliches Zusammentreffen nach dem Festakt im Museum – alle Türen offen. Viel anzusehen, viel Austausch zwischen froh gestimmten Gästen. Sich einen ersten Eindruck vom neuen Themenraum „Wandel“ in der Dauerausstellung „Ästhetik der Natur“ zu verschaffen (siehe Beitrag auf dieser Seite), gehört zum Abendprogramm. Es geht um ständige Veränderung … Und klar, ein kurzer Besuch bei „Abraham“, ist zwischen den Gesprächen auch wichtig. Jawlensky-Enkelin Angelica Jawlensky Bianconi (sie ist Freunde-Mitglied!) hat dieses Frühwerk von 1883 dem Museum zum Geburtstag geschenkt. Für Kustos Roman Zieglgänsberger ein „einmaliges Geschenk“. Er lässt mich wissen: Es gibt nur wenige aus der Zeit in Russland. Damals, 1892, lernten Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin sich in St. Petersburg kennen. In jener Zeit traf Jawlensky auch mit Ilja Repin zusammen, dieser gilt als der bedeutendste Vertreter des russischen Realismus. Als wir vor Jawlenskys „Abraham“ stehen, beschreibt Roman Zieglgänsberger das Werk so: Es sieht aus wie eine Kohlezeichnung, ist aber ein Gemälde in Grautönen, fast wie ein Foto wirkt es … Und für den Kustos kommt in dieser Arbeit ganz deutlich „die innere Befindlichkeit“ zum Ausdruck. Nun hängt „Abraham“ neben der „Helene im spanischen Kostüm“. Schauen Sie mal bei ihm vorbei!

Angelica Jawlensky Bianconi hat zum 200. Geburtstag dem Museum Wiesbaden, dem sie sehr verbunden ist, noch ein weiteres Werk geschenkt: Ein Bild, das ihr Vater Andreas Jawlensky 1924 von seiner Mutter Helene geschaffen hat! Übrigens: Andreas Henning konnte am Festabend berichten, dass es noch weitere Schenkungen zum Jubiläum gegeben hat. Das dürfte mal eine eigene Geschichte wert sein …

Zum Schluss noch der Blick auf eine schöne Begebenheit: Landesmuseum und Landtag haben sich in einer erstmaligen Kooperation Arbeiten der renommierten Fotografin Barbara Klemm gewidmet. Sie war mehr als 40 Jahre für die FAZ in aller Welt „unterwegs“ und hat „Entscheidende Momente“ stets mit dem Ziel festgehalten, „ein Bild soll den Inhalt verdichten“. Wer kennt es nicht, das Foto von Joschka Fischer, wie er zur Vereidigung als Minister in Turnschuhen bereit steht … Aber vor allem weltpolitisch bedeutsame „Momente“ wie die Öffnung des Brandenburger Tors sind eindrucksvoll festgehalten. Immer in Schwarz-Weiß. Während nach der Kurzen Nacht der Galerien mit viel Publikum im Landtag die Schau vorüber ist, werden im Museum Wiesbaden – in der Wandelhalle – die Künstler-Fotografien von Klemm nun längere Zeit zu sehen sein: Beispielsweise Richard Serra, Joseph Beuys oder Ilya Kabakov vor seiner Installation im Museum Wiesbaden.

Kuratiert worden ist die Doppelschau von Kustos Peter Forster, der auch zusammen mit Astrid Wallmanns Mitarbeiter Nikolas Jacobs für einen sehr sehenswerten Bildband gesorgt hat. Dieses Zusammenwirken von Landtag und Museum wurde bei einem ersten „Abend der Kultur“ im Foyer des Landtagsgebäudes im Beisein der Fotografin besiegelt. Schön wäre es doch, wenn weitere gemeinsame Projekte dieser Art folgen würden.

Ingeborg Salm-Boost
PS: Am 17. April, 19 Uhr, wird Peter Forster einen besonderen Jubiläumsgast zum Talk begrüßen: Barbara Klemm! Alle 30 Fotografien und Künstlerporträts, die hier zu sehen sind, zeigen Kunstschaffende, von denen Werke im Haus vertreten sind. „Damit gehen die Arbeiten über Einzelporträts hinaus und bündeln sich zu einem Porträt des Museums“, heißt es in der Einladung. Peter Forster wird aber auch mit seinem Gast über die Bilder sprechen, die „unser kollektives Bild des politischen Deutschlands der Nachkriegszeit prägten.“ Der Eintritt ist frei.