Wir sind dabei
Axel Richter – sein Herz schlägt für edu
Nein, man glaubt es nicht, wenn dieser Mann sein Alter nennt: Der Grandseigneur, der mir gegenübersitzt und mit dem ich schon viele Male bei Veranstaltungen der Freunde des Museums zusammengetroffen bin, sagt: Ich bin 84. Respekt! Axel Richter und seine Frau Ellen sind lautlose Förderer so mancher Museumsaktivität und legen den Fokus ganz besonders auf die so überzeugende pädagogische Arbeit der Abteilung Bildung und Vermittlung (edu) mit Astrid Lembcke-Thiel und Daniel Altzweig an der Spitze. Zudem gehört Axel Richter in Wiesbaden dem Vorstand des Lions Clubs Wiesbaden-Mattiacum an, hat das mit einem Preis ausgezeichnete Projekt „Der Weg des Löwen“ initiiert und sich maßgeblich dafür engagiert. Kuratorin Astrid Lemcke-Thiel, für den Bereich Bildung und Vermittlung sowie Besucherbeziehungen im Museum verantwortlich, hat dieses von ihr und Andrea Bosse konzipierte edu-Förderprogramm betreut, es fand international Beachtung.
Herr Richter, Sie und Ihre Frau sind treue Museumsgäste. Seit wann sind Sie bei den Freunden und wie kamen Sie auf die Idee, Mitglied zu werden?
Ich lernte das Museum schon lange vor Gründung des Freundeskreises kennen. Damals war ich viel im Naturhistorischen Teil unterwegs, weil ich eine Jägerprüfung ablegen wollte. Ich bin seit etwa 40 Jahren Jäger. Und da halfen die Studien im Museum, wo man ja eine große Abteilung mit Vögeln und anderen Tieren findet.
Und später kam das Interesse an allem, was das Landesmuseum Wiesbaden zu bieten hat?
Ja, das Kuratoriumsmitglied bei den Freunden des Museums, Jan Baechle, brachte es uns nahe. Vor etwa 20 Jahren traten wir dem Förderkreis bei.
Erinnern Sie sich noch an die erste große Ausstellung, die Sie im Museum Wiesbaden besonders beeindruckt hat?
Ja, das war Anfang der neunziger Jahre, die schöne Jawlensky-Ausstellung.
Diese fand zum 50. Todestag statt. Und nun haben wir die „Lebensmenschen“ mit Werken von Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin. Eine Ausstellung, die wegen des Corona-Virus unter erschwerten Bedingungen eröffnet wurde und jetzt leider bis auf weiteres wegen der Schließung des Museums gar nicht zu sehen ist. Haben Sie am Eröffnungstag die 15 Räume schon angeschaut?
Ich war am Eröffnungstag bei der Freunde-Preview und habe die gesamte Ausstellung gesehen. Sie gefällt mir sehr gut. Mich haben die Werke von Marianne von Werefkin besonders gefangengenommen. Von ihr kannte ich noch nicht so viele Arbeiten.
Welche Kunstrichtung ist Ihnen denn die liebste?
Die Zeitgenössische liegt mir nicht so. Die Impressionisten gefallen mir. Aber eben auch Jawlensky.
Wie eng sind Sie heute mit der Natur im Museum verbunden?
Sehr. Das war sicher auch ein Ausgleich zu meinem technischen Beruf. Und die Natur liebt man natürlich als Jäger. Ich bin ja in erster Linie für die Wildhege da und nicht zum Schießen.
Sie sind im Lions Club Wiesbaden Matticaum aktiv, der das Museum unterstützt und haben sich besonders um das Projekt „Der Weg des Löwen“ verdient gemacht“, das der Club mit 50.000 Euro förderte. Eine Erfolgsgeschichte, die wir beim Neujahrsempfang kurz vorgestellt hatten. Bitte geben Sie uns hier nochmal einen vertiefenden Einblick.
Ich hatte mal das Glück, eine große Erbschaft für den Club vermitteln zu können Und in diesem Zusammenhang fühlte ich mich berechtigt, als Vorstandsmitglied anlässlich unseres 50. Geburtstag 2013 ein Projekt zur Förderung der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund vorzuschlagen. Dabei waren mir Nachhaltigkeit und enge Begleitung durch Mitglieder des Clubs wichtige Voraussetzungen.
Konnten Sie die Lions-Freunde gleich überzeugen? Es gibt ja viele schöne Dinge, die man mit einer solchen Summe fördern kann.
Es gab natürlich auch andere Ideen. Und es wurde sehr ausführlich diskutiert, was ich da vorgeschlagen hatte. Am Ende aber waren 92 Prozent bei der Abstimmung dafür. Und die enge Begleitung wurde von fünf Club-Mitgliedern gewährleistet.
Wie ging es dann weiter?
Wir nahmen Kontakt zu Astrid Lembcke-Thiel und Direktor Alexander Klar im Museum auf. Frau Thiel und eine externe Kollegin, Andrea Bosse, erarbeiteten das Konzept für „Der Weg des Löwen“. 36 städtische Kitas wurden besucht und angesprochen, hier lag der Migrationshintergrund bei 60 Prozent.
Wie sahen die einzelnen Schritte aus?
Es wurden fünf Module entwickelt. Am Anfang stand der Besuch in den Einrichtungen, die Museumspädagoginnen waren mit einem Koffer unterwegs und stellten das Projekt vor. Ich bin auch oft mit in die Kitas gegangen. Es folgte zum Kennenlernen der Besuch des Museums, dann in den nächsten Schritten das Kennenlernen der Naturhistorischen Sammlungen und der Kunstsammlungen. Hier malten und modellierten die Kinder auch. Das letzte Modul war übrigens ein ganz besonderes: Die 480 Kinder zeigten ihren Eltern gemeinsam „ihr“ Museum – und natürlich ihre Arbeiten. Ganz zum Schluss erhielten die Kleinen noch einen Geschenkbeutel, zu dem auch zwei markierte Eintrittskarten für Erwachsene gehörten. Und diese wurden zum großen Teil eingelöst. Viele Familien kamen also wieder … Ein großes Ziel war natürlich, den Erziehern in den Kitas das Museum als Bildungsort nahezubringen. Wir konnten am Ende erfreut feststellen, das dies uns gelungen ist.
Eine tolle Sache, der Name „Der Weg des Löwen“ ist ja auch sehr passend gewählt …
Das ist eine Hommage der Museumsaktiven an unseren Lions-Club. Wir haben wirklich mit unserer Projektgruppe den „Weg des Löwen“ eng begleitet und unter anderem für die pünktliche Bereitstellung der Mittel gesorgt.
Und wie lange dauerte das Projekt, das international bekannt ist? Es wurde von Astrid Lembcke-Thiel sogar in Russland vorgestellt.
Ja, ein wirklich großer Erfolg. Das Projekt dauerte mehr als zwei Jahre. Zu unserer großen Freude wurde es dann vom Amt für Soziale Arbeit der Landeshauptstadt übernommen und weitergeführt. Die Stiftung der Deutschen Lions zeichnete den „Weg des Löwen“ 2018 in einem bundesweiten Wettbewerb mit dem zweiten Preis aus.
Die kulturelle Förderung von jungen Menschen liegt Ihnen und Ihrer Frau schon besonders am Herzen …
Das stimmt. Es begann, als der Club noch vor dem großen Projekt eine Spende für Möbel an die erweiterte edu-Abteilung gemacht hatte. Damals verfolgte ich dort einen Kursus für Jugendliche der 10. Klasse der Biebricher Heinrich-von-Riehl-Schule und war sehr beeindruckt von deren Interesse und Kreativität. Auch hier stammten die Schüler zu 70 Prozent aus Familien mit Migrationshintergrund. Am Ende des vierstündigen Workshops waren tolle Bilder entstanden. Und es gab sogar ein kleines Gedicht als Hommage an Kursleiterin Astrid Lembcke-Thiel.
Sie und Ihre Frau sind immer wieder gerne recht lautlos als Unterstützer zur Stelle, etwa mit dem Erlös eines großen, traditionellen Gans-Essens.
Der Erlös des Gans-Essens kommt auch der pädagogischen Arbeit des Museums zugute. Erstmals unterstützten wir edu, als wir im Steinsaal des Museums den 70. Geburtstag meiner Frau feierten und unsere Gäste um einen Beitrag zur Unterstützung einer edu-Publikation baten. Erwähnen möchte ich aber nicht zuletzt: Unser Lions-Club beteiligt sich aktuell an der Freikarten-Finanzierung für Museumsbesucher, die sich den Eintritt nicht leisten können.
Von Bedürftigkeit zu Sponsorentum: Wie gefällt Ihnen denn die Museumsgala? Dort konnte man Sie und Ihre Frau Ellen schon mehrmals antreffen.
Gutes Programm, gutes Essen, sympathische Menschen … Der Benefizabend liegt uns schon am Herzen. Mit der Teilnahme tragen wir alle, die wir dabei sind, zum Erwerb eines neuen Kunstwerks bei.
Was gefällt Ihnen am Programm der Freunde?
Die Previews sind toll, ebenso wie die Führungen beim jeweiligen Jour Fixe. Und der Depot-Frühschoppen im jedem November mit Jan Baechle ist ein Highlight. Auch die Kunstreisen mit Frau Estelmann möchte ich hervorheben.
Und was wünschen Sie unserem Museum?
Einen verständnisvollen neuen Direktor, der die bisherige Arbeit im Museum Wiesbaden zu schätzen weiß, ich denke natürlich als erstes an edu. Für diese Abteilung habe ich große Hochachtung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind so ideenreich und engagiert, das muss unbedingt, wie die Freunde es ja schon lange tun, weiterhin stark gefördert werden.
Das Gespräch führte Ingeborg Salm-Boost
Zur Person:
Axel Richter lebt seit 1965 in Wiesbaden. Im Jahr 1958 kam er aus der DDR in den Westen, wo er das Ingenieur-Studium aufnahm. Als Diplomingenieur für chemische Verfahrenstechnik war er bis zum Ruhestand in verantwortlicher Stellung in einem bedeutenden Großunternehmen tätig. Er sieht sich als Jäger in erster Linie in der Wildhege engagiert. Weitere Freizeitbeschäftigungen sind – neben der Liebe zum Museum – das Golfen und gelegentliches Bridge-Spiel. Mit seiner ebenso wie er dem Museum sehr verbundenen Frau Ellen hat er einen Sohn und zwei Enkel.