Aktion Sehnsuchtsobjekt (Teil 8)

Momente, die glücklich machen …

Wenn viele Kinder ausschwirren in Kunst und Natur, wenn sie hingebungsvoll zeichnen, dann ist Astrid Lembcke-Thiel, Kuratorin für Bildung und Vermittlung glücklich. Gut, dass nach der Wiederöffnung auch bei edu das Leben zurückgekehrt ist, aber eben in beschränktem Umfang und mit klaren Vorgaben. Gut auch, dass es trotz Pandemie ein Sommerferienprogramm für Familien geben wird (siehe Website des Museums). Sommer, See, Meer – alles dies findet in vollendeter Kunst Bettina Braun-Piepenburg in der Jugendstil-Dauerausstellung. „Vase la Mer“ ist entstanden in der Porzellanmanufaktur Charles Pillivuyt, entworfen von Louis Chalon und ausgeführt von Alphonse Lamarré. Am 28. Juni vor einem Jahr wurde Wiesbaden zur Jugendstil-Stadt, dank der herausragenden Sammlung von Ferdinand Wolfgang Neess, der an diesem Tag 90 Jahre alt geworden war. Im Januar 2020 verstarb der Mäzen. Nun soll seiner gedacht werden. Auch auf dieser Seite werden wir dies tun. Für Gertraud Hasselbach, die wir übrigens kürzlich mit ihrem Mann in der Serie „Wir sind dabei“ vorgestellt haben, ist in der Corona-Zeit die Sehnsucht nach Bewegung groß. Lesen Sie, warum die Installation „Seven Cubes“ von Donald Judd im Museum ein guter Anlaufpunkt ist …


Hingebungsvoll

Astrid Lembcke-Thiel schreibt: „Das hingebungsvolle, ,im Moment sein‘ vieler zeichnender Kinder in den Sammlungen von Kunst und Natur ist etwas, was ich unglaublich vermisse. Zwar haben wir nach der Wiederöffnung wieder Kinder im Haus, aber eben unter ganz anderen Bedingungen und in stark reduzierter Zahl. Ich vermisse die große Runde von Kindern sehr, denn es ist doch eines meiner großen Anliegen als Kuratorin für Bildung und Vermittlung solche Frei- und Schutzräume – jenseits von Bewertung und Vergleich – zu ermöglichen. Zeichnen und Malen zählen zu den beliebtesten Ausdrucksformen von Kindern in der frühen Kindheit. Diese ästhetisch- forschenden Aktivitäten als Bausteine der Kulturellen Bildung, sind per UNESCO-Definition ein grundlegendes Menschenrecht, geht es doch stets um mehr als die Herstellung eines ,schönen Bildes‘. Kinderzeichnungen sind Ausdruck und Mitteilung kindlicher Wahrnehmung, ihrer jeweiligen Vorstellungen und Gefühle. Ein Museum wie das unsere ist ein idealer Ort dafür.“

Wunderbare Momente für Kuratorin Astrid Lembcke-Thiel: Wenn viele Kinder sich im Zeichnen verlieren. Hier der Gepard, gezeichnet von Aslan, fünf Jahre alt. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Zum Träumen

Betttina Braun-Piepenburg schreibt: „Für mich ist die ,Vase La Mer‘ in der Jugendstilausstellung das erste Ziel jedes Besuchs im Museum. Diese Keramik ist jetzt mein Sehnsuchtsobjekt, mit den wunderschönen Blautönen und der Vielschichtigkeit:

– Möwen in der Luft
– Wellen an der Meeresoberfläche
– aufsteigende Quallen im Wasser und
– Seetang am Fuße/Boden

Aktuell symbolisiert diese Keramik für mich perfekt den Urlaub an der See – der in diesem Frühjahr leider wegen der Maßnahmen gegen die Pandemie ausgefallen ist.
Meine ,Sehnsucht‘ besteht auch darin, diese besondere Keramik einmal zu ,begreifen‘. Das haptische Erlebnis bleibt beim bloßen Anschauen unerfüllt. Thomas Moser hatte in seinem Vortrag am 25. Februar 2020 die Haptik der Kunstobjekte besonders erwähnt. Ob es da eine Gelegenheit des taktilen Erfassens einzelner Keramiken und Bronzen geben könnte? Wäre das eine Projektidee für die Jugendstilausstellung – nicht nur für sehbeeinträchtigte Museumsbesucher?

Schön, dass ich weiter träumen darf!“

Lädt Bettina Braun-Piepenburg zum Träumen ein: „Vase la Mer“ in der Jugendstil-Dauerausstellung. Schenkung von Ferdinand Wolfgang Neess (Foto Markus Bollen)

Sehnsucht nach Bewegung

Gertraud Hasselbach schreibt: „Gerade in den Zeiten von Corona ist doch die Sehnsucht nach Bewegung sehr groß. Die Installation von Donald Judd erlaubt nicht nur, sondern fordert Bewegung, körperlicher, wie auch geistiger Natur. Beim Durchschreiten des Raums verändern sich die aneinander stehenden Quader, sie werden zu Rechtecken und die geraden Linien werden zu Schrägen. Bei größerem Abstand gehen die Objekte gefühlt bis zur Hüfte. Ganz nahe dran könnte man in ihnen verschwinden. Durch wechselnde Perspektive verändert sich die Installation und wird zu einem immer neuen faszinierenden Bild. Ich freue mich, die Installation von Donald Judd wieder zu sehen.“

Immer wieder in Bewegung – zu Donald Judd und „Seven Cubes“ (1973). Ein Sehnsuchtsobjekt von Gertraud Hasselbach. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

 

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