Begegnungen am neapolitanischen Super-Samstag
Mehr als 1.500 Museumsbesucher am eintrittsfreien Novemberbeginn
Das Museum Wiesbaden erlebte am eintrittsfreien 1. November-Samstag einen Besucher-Boom: 1502 Gäste wurden gezählt! Schon vor Öffnung des Hauptportals warteten rund 50 Menschen auf Einlass. „Caravaggios Erben“ lockten vermehrt auch auswärtige Besucher an. Ebenso waren die anderen Ausstellungen und Sammlungen sehr gefragt. Die Museumswerkstatt für Kinder war wieder der Renner und im Nu ausgebucht. „Welches Wüstentier wählst Du?“ lautete die spannende Frage, die in die Kabinettausstellung „Rub al-Chali“ führte und schließlich dazu animierte, ein Wüstendiorama zu bauen. Am Stand der Freunde des Museums, die den eintrittsfreien Samstag möglich machen, gab es zahlreiche interessante Begegnungen und Gespräche …
Das Trio aus Freiburg trifft schon kurz nach Öffnung des Museums ein: Drei gut gelaunte Frauen, die in aller Früh den Zug genommen hatten und dreimal umgestiegen waren, kommen bei den Freunden des Museums vorbei. Ob man sie wohl mal vor einem der Werke fotografieren könne, bevor sie ganz ins goldene Zeitalter des neapolitanischen Barock eintauchen? Natürlich – machen wir doch gerne! Nachdem sie die Intensität, Brutalität und üppige Schönheit dieser Malerei erlebt haben, wenden sich die Kunstfreundinnen einer anderen Pracht zu: In der naturwissenschaftlichen Abteilung besuchen sie die Paradiesvögel.
Ein in Wiesbaden lebender Besucher mit italienischen Wurzeln steuert den Freunde-Stand an, interessiert sich für die Arbeit des Vereins. Er erzählt, dass er vor zwei Jahren im Museo di Capodimonte in Neapel war, aus dem Wiesbaden 18 Leihgaben für die Ausstellung mit mehr als 200 Werken erhalten hat. Von der Konzeption der Ausstellung ist der Mann beeindruckt. Ebenso wie eine Kunsthistorikerin aus Hockenheim, die sich zudem darüber freut, dass – für sie überraschend – der Eintritt frei ist.
Nach zwei Stunden zählt Museumsmitarbeiter Walter Büttner, der im Trubel stets den Überblick behält, bereits 520 Besucher. Unten im Garderobenbereich zeugt ein farbenfrohes Meer aus zum Trocknen aufgespannten Regenschirmen vom Andrang im Haus für Kunst und Natur. An der Kasse, wo die Freikarten vergeben werden, teilt man auch Tickets für die zwei Führungen am Nachmittag aus. Die zu „Caravaggios Erben“ ist schon am Morgen „voll“, auch die Tour durch die Klassische Moderne hat viele Interessenten. In die Barock-Ausstellung hätte man vielleicht noch eine zweite Gruppe führen sollen, merkt später ein Teilnehmer an.
Eine Dame aus Frankfurt (von wo übrigens wieder zahlreiche Kunstinteressierte kommen) braucht offensichtlich keine Führung. Sie ist bestens vorbereitet und freut sich unendlich auf die Kraft der Malerei in den Werken von Jusepe de Ribera, Artemisia Gentileschi oder Francesco Solimena, deren Werke stilprägend für ganz Europa wurden. Am Stand der Freunde fragt sie, was sie an anderen Tagen denn an Eintritt zu zahlen hätte. Und wirft dann diesen Betrag in die Spendenbox in der Wandelhalle.
Diese ist so belebt wie selten. Noch vor 14 Uhr haben sich eintausend Besucher eingefunden. Darunter auch eine Gruppe mit Flüchtlingen. Ein ehrenamtlicher Begleiter führt sie durchs Museum. Ihr bevorzugtes Ziel: die naturwissenschaftliche Abteilung, und hier besonders Eisbär, Gepard und Edelpapagei.
Eine ältere Besucherin aus Idstein verrät, dass sie noch nie im Museum Wiesbaden war, dass sie eigentlich keine „Museumsgängerin“ ist. Als sie von der aktuellen Ausstellung und vom freien Einritt erfuhr, dachte sie sich: „Man könnte es ja mal versuchen“. Ihr Fazit nach drei Stunden: „Es ist fantastisch“. Die Idsteinerin hat sich nach dem neapolitanischen Barock noch bei den Werken aus dem Neunzehnten „Von Schwindt bis Stuck“ umgesehen. Ja, und dann hat auch sie, wie so viele andere, noch einen Abstecher in die Natur gemacht. In jedem Fall soll dieser erste Besuch nicht der letzte im Museum Wiesbaden gewesen sein, sagt sie den Stand-Betreuerinnen.
Hochbeeindruckt speziell vom neapolitanischen Barock zeigen sich auch Besucher aus Düsseldorf und Karlsruhe. Das Nebeneinander von Gewalttätigkeit und Ästhetik, von Brutalität und Schönheit fasziniert offensichtlich viele Betrachter. Neben dem Capodimonte-Museum hat übrigens die Familiensammlung der Grafen Harrach beinahe ebensoviele Bilder zur Verfügung gestellt. Sie sind direkte Nachfahren der österreichischen Habsburger, die im 17. Jahrhundert in Neapel regierten. Ein weiterer wichtiger Leihgeber für die mehr als 200 Werke zählende Ausstellung ist die Royal Collection in Windsor.
Apropos Zahlen: Die Freunde des Museums sind mittlerweile bei 1426 Mitgliedern angekommen. Und während des Super-Samstags zu Novemberbeginn können wieder einige Besucher für eine Mitgliedschaft interessiert werden. Gerne nehmen sie die Anträge mit. „Ein tolles Engagement!“, sagt ein hoffentlich zukünftiges Mitglied, „Hier wäre ich auch gerne dabei.“