Interview mit Eva Rücker

Fasziniert vom Roten Waggon

Begegnung an einem eintrittsfreien Samstag im Museum Wiesbaden. Zwei junge Frauen in historischen Kostümen verteilen Flyer, mit denen auf die Jugendstil-Sammlung des Mäzens Ferdinand Wolfgang Neess neugierig gemacht wird. Am Stand der Freunde des Museums Wiesbaden stellt sich bei einem kurzen Gespräch mit den Botschafterinnen des Jugendstils heraus: Beide absolvieren ein Freiwilliges Soziales Jahr im Museum. Und: Eine von ihnen, die 21-jährige Eva Rücker, ist Mitglied in unserem Förderkreis. Der feiert nun seinen 25. Geburtstag. Aus diesem Anlass möchten wir eine Serie beginnen, in der wir in loser Folge Freundinnen und Freunde zu Wort kommen lassen.


Eva und „Die Sünde“, Gemälde von Franz von Stuck: An den Vorbereitungen für die Präsentation der Jugendstil-Dauerausstellung hat die Praktikantin mitgearbeitet. (Foto: Elke Fuchs)

Eva, Sie sind 21 und Mitglied bei den Freunden des Museums. Wann und wie kamen Sie auf die Idee, dem Förderverein beizutreten?

Das war schon vor etwa sieben Jahren, mein Vater bekam von Freunden die Mitgliedskarte geschenkt. Das war ein Impuls, meine Mutter dachte, die ganze Familie sollte eintreten, denn mein Bruder und ich haben uns als Kinder schon fürs Museum interessiert.

Tauschen Sie und Ihr Bruder sich über Kunst und Natur im Museum aus?

Ja, natürlich. Mein Bruder interessiert sich mehr für die Natur, ich stärker für die Kunst. Schon mit der Kita St. Birgid war ich hier. Und als Schülerin habe ich ein Praktikum im Museum gemacht.

Und dann haben Sie nach dem Abitur hier Ihr Freiwilliges Soziales Jahr begonnen. Wie muss man sich die Arbeit einer Praktikantin vorstellen?

Man wird ins kalte Wasser geworfen und lernt sehr, sehr viel. Es ist eine Vollzeitstelle. Meine Ansprechpartner waren Jörg Daur und Peter Forster.

Was haben Sie denn beispielsweise machen dürfen?

Ganz viel für den Jugendstil. Ich habe Texte geschrieben, Obekte beschriftet, Jugendstil-Artikel für den Shop mit ausgesucht … Auch ein paar Bilder habe ich mit Magazinverwalter Salem Khalfani aufgehängt. Das war schon aufregend im Vorfeld zur Jugendstil-Ausstellung, ich war an der Seite von Rebecca Krämer und Peter Forster, wo alle Fäden zusammenliefen. Man fragte sich schon manchmal, ob das alles zu schaffen ist. Und am Ende ist die Präsentation der Dauerausstellung doch toll geworden!

An eintrittsfreien Samstagen haben Sie mit der Praktikantin aus der Naturwissenschaftlichen Abteilung in passenden Kostümen Jugendstil-Flyer verteilt …

Ja, wir waren auch alle zwei Wochen mit Flyern in der ganzen Stadt unterwegs und haben sie unter anderem in Cafés ausgelegt.

Was fanden Sie noch interessant an den Praktikumsaufgaben?

Als die Ausstellung Hannah Bekker vom Rath stattfand, da war ich beim Aufbau dabei und habe gelernt, wie man einen Blick für die Hängung der Bilder bekommt.

Apropos Bilder, was gefällt Ihnen denn ganz besonders?

Werke von Kandinsky. Oh ja, und Caspar David Friedrich ist großartig!

Welches Kunstwerk ist Ihr Favorit im Museum Wiesbaden?

Der Rote Waggon von Ilya Kabakov. Viele Besucher wissen gar nicht, dass man hineingehen darf. Ich bin überhaupt ein großer Fan russischer Kunst, seit ich in Moskau war.

Für Eva ein Wohlfühlort im Museum: der Rote Waggon von Ilya Kabakov. (Foto: Elke Fuchs)

Gibt es denn auch Lieblingsbereiche in der Natur?

Seit ich Praktikum gemacht habe, bin ich auch ein großer Fan der Naturwissenschaftlichen Abteilung geworden. Die Schmetterlingsvitrinen gefallen mir sehr. Übrigens, die Eiszeit-Ausstellung war toll!

Und welche Museen mögen Sie außer dem Wiesbadener denn noch besonders gern?

Das Pergamonmuseum in Berlin und die National Gallery London.

Was sagen Sie denn dazu, dass die Freunde des Museums nun die Museumscard für Studierende anbieten?

Absolut großartig! Ich habe hier auch mal junge Männer mit Migrationshintergrund getroffen, die fragten, wie sie Mitglied werden könnten.

Wie haben eigentlich Ihre Freundinnen und Freunde Ihr Engagement im Museum gesehen?

Die finden es super, viele haben sich dann auch fürs Museum interessiert. Ich mache ohnehin immer Werbung dafür. Und wenn Bernd Fickert, der Museumsfotograf, mal Menschen braucht, die Bilder betrachten, habe ich da gerne „Modelle“ vermittelt.

Ende August ging ja das Praktikum zu Ende. Was hatten Sie denn, als die Jugendstil-Dauerausstellung „geschafft“ war, noch an Arbeiten erledigt?

Da saß ich an Künstlerbiografien für die Apps. Beispielsweise Kandinsky, Jawlensky. Und bei der Papierrestaurierung habe ich geholfen.

Und was kommt nun?

Ich werde in Frankfurt studieren: Amerikanistik und Kunstgeschichte.

Am Ende des Gesprächs darf man Wünsche äußern …

Dass weiterhin so großartige Ausstellungen im Museum Wiesbaden stattfinden wie Jugendstil und beispielsweise die Brabant-Ausstellung. Und dass das Museum nach dem Weggang von Alexander Klar wieder einen so guten Direktor bekommt. – Darf ich noch einen Wunsch äußern?

Ja, bitte!

Manche Freunde des Museums sollten bitte mehr Verständnis haben, wenn es für sie keinen Sitzplatz mehr bei einer Eröffnung einer Ausstellung gibt und wir „Türsteher“ sie nicht mehr hineinlassen dürfen.

Das Gespräch führte Ingeborg Salm-Boost

Botschafterinnen für den Jugendstil: Eva Rücker (links) mit der Praktikantin aus der Naturwissenschaftlichen Abteilung, Louisa Ebert. (Foto: Ingeborg Salm-Boost)

Eva Rücker hat nach der Grundschulzeit in Bierstadt an der Obermayr-Schule ihr Abitur gemacht. Nun beginnt sie ihr Studium der Amerikanistik und Kunstgeschichte an der Goethe-Universität in Frankfurt. Ein Freiwilliges Soziales Jahr hat sie soeben im Museum Wiesbaden absolviert. Die 21-Jährige ist schon seit sieben Jahren Mitglied bei den Freunden des Museums Wiesbaden.

 

Zur Übersicht