Unter Freunden

„Ein lebendiges Wahrnehmen“

Es war ein Experiment, eine Premiere im Programm des Freunde-Förderkreises. Und eine Wiederauflage ist möglich: Inmitten der Jugendstil-Sammlung Musikstücke von Saint-Saens, Ravel und Massenet zu hören, gleichzeitig den Blick schweifen zu lassen auf Werke aus der Schenkung Neess, das war ein zu Herzen gehendes Erlebnis gleich zu Beginn des neuen Jahres. „Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele“ – diese Weisheit von Pablo Picasso bekam beim Spiel der Musizierenden, Professorin Cordula Hacke am Flügel und Violinistin Yumiko Noda, eine ganz besondere Bedeutung.

Ein ganz besonderes Konzerterlebnis in der Neess-Sammlung: mit Professorin Cordula Hacke am Flügel und Geigerin Yumiko Noda (Foto: Josh Schlasius)

Wir hatten es im Vorfeld berichtet: Danielle Neess, Witwe von Ferdinand Wolfgang Neess, bereichert immer wieder die Dauerausstellung, ein Gesamtkunstwerk in unserem Museum, so im vergangenen Jahr auch mit dem Mand-Olbrich-Konzertflügel. Cordula Hacke, die in Norwegen lehrt und den leidenschaftlichen Flötisten Neess stets am Klavier begleitete, war, als wir ihr unsere Idee vorstellten, gleich bereit. Gemeinsam mit der aus Japan stammenden Geigerin, die lange Zeit zum Ensemble der Oper Frankfurt gehörte, erlebte die Pianistin ihre drei 35-minütigen Konzerte für jeweils 15 Gäste als „ein wahrhaft außergewöhnliches Ereignis der Sinne“. Diese Empfindung brachte sie vor einem begeisterten Publikum zum Ausdruck. Und stellte auch Bezüge zu Bildern von Hans Unger und Franz von Stuck her.

Der Mand-Olbrich-Flügel, den Danielle Neess für die Jugendstil-Dauerausstellung erworben hat und der auch immer wieder einmal erklingen soll. (Foto: Josh Schlasius)

Ja, solche kleinen Konzerte sollte es in der Sammlung immer mal geben, sagt Danielle Neess uns, „aber nur mit Cordula am Flügel“, fügt sie hinzu. Mit ihr zusammen hat sie, die Freunde des Museums werden es wissen, den Internationalen Flötenwettbewerb Ferdinand W. Neess mit Musik um 1900 ins Leben gerufen und damit 2022 ein neues Musik-Highlight für Wiesbaden aus der Taufe gehoben. Keine Frage, dass Danielle Neess zu der Freunde-Veranstaltung kam und den ZuhörerInnen bei einer kurzen Begrüßung durchaus verriet, wie viele Emotionen für sie mit diesem Spiel im Jugendstil verbunden sind.

Auch Museumschef Andreas Henning ließ sich übrigens diesen Hörgenuss im Jugendstil nicht entgehen und zollte dem Veranstaltungsformat seine Anerkennung. Klar für uns Freunde, dass ohne das Zusammenspiel mit dem Museumsteam ein solches Format nicht möglich wäre. Es sind besondere Augenblicke im Museum, wenn verschiedene Künste zusammengeführt werden, wenn der Sehsinn, auf den es in einem solchen Haus ja ankommt, um den Hörsinn erweitert wird. „Ein lebendiges Wahrnehmen“, freut sich Dr. Henning, eine Veranstaltung, „die unbedingt eine Fortsetzung erfahren sollte!“


Apropos Musik im Museum, da gibt es noch eine schöne Nachricht: In der Klassischen Moderne können BesucherInnen nun Werke von Alexej von Jawlensky beim Klang eigens für diese komponierter Musik betrachten. Es ist unser Förderkreis-Mitglied Klaus H. Schader, der diese Idee Kustos Roman Zieglgänsberger näherbrachte und auf offene Ohren stieß.

Lassen wir Roman Zieglgänsberger selbst zu diesem Projekt sprechen: „Wir wollten den Besucherinnen und Besuchern schon lange neben der visuellen eine weitere, nämlich akustische Ebene zu den seriellen Jawlensky-Arbeiten erschließen. Und Musik bietet sich förmlich an, da sich der Künstler selbst, wie wir wissen, von ihr zu seiner Malerei anregen ließ. Als uns Klaus Schader im Frühjahr 2022 vorschlug, eigens Stücke für einige unserer Arbeiten zu komponieren, haben wir nicht lange überlegen müssen und sofort zugesagt – wann bekommt man schon eine solche Gelegenheit?“

Unter den vier ersten Werken, die man mit der Museumsapp abspielen kann, befindet sich aus der „Großen Meditation“ das Bild „Verhaltene Glut“ von 1936. Und dieses Stück können Sie auch hier hören – mit Blick auf das Werk:

„Verhaltene Glut“ (1936). Dieser Meditation widmete unser Förderkreis-Mitglied Klaus H. Schader das erste von mehreren Musikstücken. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Und nun möchte man gerne wissen, wie der Musiker und Komponist Schader denn auf den Gedanken kam. Ein Telefonat (dem im Frühjahr ein Interview auf dieser Website folgen wird) gibt Aufschluss: Als Klaus H. Schader, er ist Mitglied unseres Museumsvereins, vor den Meditationen stand, so erzählt er, kam die Inspiration: „Und es fing an zu klingen!“ „Verhaltende Glut“ war das erste Werk, dem er dann eine Melodie widmete. Das ging, sagt er, recht schnell. Eine größere Herausforderung sei die „Winternacht“ gewesen – wenn Wölfe heulen … Der Komponist könnte sich gut vorstellen, die Musik zu Jawlenskys Variationen, Meditationen und Abstrakten Köpfen einmal konzertant in der Klassischen Moderne aufzuführen. Doch das sei eben extrem aufwendig. Aber denken wir an das im Jugendstil Erlebte. Vielleicht lässt sich das eines Tages – mit Unterstützung der Freunde – bei Alexej Jawlensky wiederholen …

Ingeborg Salm-Boost


PS: Schauen Sie sich von unseren Videos doch noch einmal den Film mit Mila in der Reihe „Wie Kinder Kunst und Natur sehen. Wir zeigen’s Euch“ an. Die Schülerin hat sich vergangenes Jahr mit dem „Heilandsgesicht: Erwartung“ beschäftigt.

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