Unter Freunden
Dem „Superstar“ auf der Spur …
Ist das nicht eine wunderbare Idee? Statt Geschenken zum Geburtstag der Appell an die guten Freunde: Gebt doch etwas für den Erwerb eines Kunstwerkes! Nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ hatte ein Fördermitglied, das unserem Verein mit seiner Frau schon lange angehört, diese Unterstützung des Museums anlässlich seines halbrunden Geburtstags angeregt. Und kürzlich konnten alle, die dabei geholfen haben, das Ergebnis bewundern: ein Ölbild von Hans Christiansen, dem Jugendstil-Künstler, der laut Kustos Peter Forster für Wiesbaden besonders wichtig, aber zu wenig beachtet ist: Das Werk stand mit dem Titel „Blumenstillleben“ zur Versteigerung, es zeigt Hortensien im Gefäß und ist ein schönes Motiv für die Osterzeit.
Lassen wir uns vom Experten etwas zu dem Bild und dem Maler erzählen: „Hans Christiansen gehört zu den prominenten Kunstköpfen, die in Wiesbaden gemalt haben, zwischen 1911 bis zu seinem Tod 1945 wohnte er hier.“ Peter Forster bedauert, dass seine Spuren heute eher selten in Wiesbaden anzutreffen sind. Christiansen war, so der Kustos, ein Star des Jugendstils, zunächst in Darmstadt, wo er die Villa Rosen entworfen hat, dann in der heutigen Landeshauptstadt. Hier findet man ein Zeugnis seiner Arbeit an der Villa im Dambachtal 20: Wandmalereien mit floralen Motiven. Als der Maler nach Wiesbaden kam, wo er in der Wilhelmstraße 17 wohnte, versprach er sich von den Bürgern der Weltkurstadt gute Aufträge für Porträtarbeiten. Doch dann kam der Krieg. In seiner Wiesbadener Zeit habe Hans Christiansen auch neue Techniken angewendet, weiß Peter Forster. Blumenmalerei spielte bei ihm eine wichtige Rolle, und davon spricht ja auch das Hortensien-Bild. Auch wenn das Museum bislang nur wenige Arbeiten des einstigen „Superstars“ besitzt, so gehört immerhin auch ein Stillleben mit Pfingstrosen dazu – es ist eine Leihgabe der Familie Poulet, stammt von 1919 und ist stilistisch mit den Hortensien vergleichbar. Sie seien bestimmt in derselben Schaffenszeit entstanden, so Forster, er will sie gerne einmal nebeneinander zeigen. Allerdings soll der ersteigerte Neuzugang zunächst noch eine Restaurierung erfahren. In jedem Fall nennt der Experte dieses dank kunstsinniger Menschen neu erworbene Bild einen „Glücksfall“. Und schiebt augenzwinkernd die Frage nach: „Hat vielleicht noch jemand einen Christiansen zu Hause?“
Der Nachlass des Jugendstilkünstlers ist heute in seiner Geburtsstadt Flensburg zu finden. Das Mannheimer Ehepaar Barbara und Dr. Jens Kirsch aber hat, so Peter Forster, eine wunderbare Christiansen-Sammlung. Zwischen dem Museum Wiesbaden, wo auch eine Schau mit den Werken des Jugendstil-Stars geplant ist, und den beiden Sammlern gibt es einen engen Austausch.
Wenn der Kustos in seiner mitreißenden Art für unsere Freunde-Website von der Hortensien-Schenkung und dem Maler schwärmt, dann ist ihm eines noch ein besonderes Anliegen: Der Blick auf Claire Christiansen, die jüdische Frau des Malers. Von diesem wurde im NS-Regime verlangt, sich von ihr zu trennen. Das tat Hans Christiansen nicht, und so erhielt er 1933 Malverbot. Claire Christiansen überlebte, indem sie sich versteckte. „Auf dieses Schicksal sollte in Wiesbaden deutlich hingewiesen werden“, meint Forster.
Zum Schluss noch einmal der Dank an die zwei Freunde des Museums, die für den Einzug des „Blumenstilllebens“ gesorgt haben, aber lieber nicht mit Namen genannt werden wollen, und natürlich an deren Freunde, die sich gerne beteiligten. Sehr zur Freude von Peter Forster darf er das gut vernetzte Ehepaar immer wieder mal um Hilfe bitten. Der Kustos Alte Meister verrät uns, dass auch seine Kollegen natürlich ihre Listen pflegen, auf denen die Kunstwerke vermerkt sind, um die die jeweilige Sammlung des Museums Wiesbaden unbedingt bereichert werden sollte. Ein solcher Aufruf von Jubilaren, doch bitte beim Erwerb eines Bildes zu helfen, passiert nicht alle Tage, aber eben ab und zu. Und ist unbedingt nachahmenswert. Nun also freuen wir uns mit dem Museum über die Hortensien und werden gerne berichten, wenn es wieder einmal eine Bereicherung solcher Art für unser Museum geben wird.
Ingeborg Salm-Boost