Wir sind dabei

Gerne hätte sie mal Beuys interviewt

Eines Tages sagte Christina Oxfort, eher kein Vereinsmensch: „Bring’ mir mal einen Antrag für den Freunde-Förderkreis mit.“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Die in Wiesbaden bekannte Journalistin, mit einem breiten Spektrum und auch in der Kulturszene zu Hause, ist seit 2019 Mitglied. Joseph Beuys, dem auch in Wiesbaden anlässlich seines 100. Geburtstags eine breite Programm-Palette im Museum gewidmet ist, hätte sie gerne mal interviewt … Angemerkt sei hier von mir als Autorin: Ich duze meine Gesprächspartnerin – denn wir sind seit langem befreundet. 


Jawlenskys „Dame mit Fächer“ ist ein Lieblingsbild von Christina Oxfort – die fürs Foto ihre Maske kurz abnehmen durfte und übrigens selbst ein großer Fächer-Fan ist. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Coxy, wo zieht es Dich nach der museumslosen Zeit in unserem Haus der Kunst und Natur als erstes hin bzw. wo hat es Dich hingezogen?

Momentan zieht es mich – ehrlich gesagt – noch nirgendwo hin. Wenn der Museumsbesuch wieder unter den für uns als „normal“ geltenden Bedingungen möglich ist, das heißt für mich, ohne Maske, dann werde ich sicherlich als erstes noch einmal die Jugendstil-Ausstellung besuchen, die mir ausgesprochen gut gefallen hat.

Welchen Künstler, welche Künstlerin vergangener Zeiten hättest Du in Deinem Journalistinnen-Leben gerne mal interviewt?

Ganz klar: Joseph Beuys. Ich kann nicht mit all seinen Werken etwas anfangen, aber der Mann hätte mich interessiert. Auch auf die Gefahr hin, dass das Gespräch eine kleine Katastrophe geworden wäre …

Und wer würde Dich als Künstler/Künstlerin der heutigen Kunstszene besonders interessieren?

Da fällt mir spontan Yoko Ono ein. Ich habe vor zwei Jahren ihre Ausstellung „Peace is power“ im Museum der bildenden Künste in Leipzig gesehen. Auch hier haben mir nicht alle Werke etwas gesagt oder besonders zugesagt, aber die Frau ist zweifelsfrei eine hochinteressante Persönlichkeit.

Was gab den Ausschlag für Dich, unserem Förderkreis beizutreten?

Am Förderkreis gefällt mir insbesondere das Engagement auch für Kinder und Jugendliche. Ich denke, dass es wichtig ist, jungen Menschen die Schwellenangst vor einem Museumsbesuch zu nehmen und ihnen aufzuzeigen, dass Bilder nicht allein aus Pixeln bestehen. Und dass sie erfahren und erleben, dass (nicht retuschierte) Bilder unvergänglich und wertvoll sind.

Du selbst hast ja auch immer wieder Lust, zu malen und mit Farben zu experimentieren. Wie kamst Du auf dieses Hobby, das, wie ich bestätigen kann, sehr ansehnliche Ergebnisse bringt?

Ich kann natürlich überhaupt nicht malen. Glücklicherweise ist die abstrakte Acrylmalerei sehr dankbar und lässt auch aus dilettantischen Bemühungen mitunter etwas Ansehnliches entstehen. Mich interessieren einfach Formen und Farben, der Einsatz von Spachteln, um zu sehen, wie sich die einzelnen Farbschichten vermischen und was sich unter ihnen verbirgt. Es entstehen da mitunter Farben, die gibt es gar nicht.

Kommen wir mal zur Berufswelt. War es bereits als Schülerin Dein Wunsch, in den Journalismus zu gehen?

Mir war schon vor dem Abitur klar, dass ich keine Lust auf die Uni hatte. Da ich bereits als Schülerin gerne Aufsätze und kleinere Kurzgeschichten geschrieben hatte, lag der Journalismus nahe. Also habe ich drei Monate nach dem Abitur ein Volontariat bei der Zeitung begonnen.

Du bist ja vielseitig schreibend aktiv. Welche journalistische Berichtstätigkeit ist Dir als „Freie“ denn die angenehmste?

Dazu gehören zweifelsohne Portraits. Ich finde es spannend, mich auf einen bis dato unbekannten Menschen einzulassen und ein Stück weit in sein Leben einzutauchen. Wenn ich diesen dann noch „getroffen“ und gut beschrieben habe – umso besser.

Gibt es aus Deiner Zeitungszeit ein Termin-Ereignis, das Dir ganz besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ja, das Gespräch mit Rudolf Geiß, einem Überlebenden des Flüchtlingsschiffes „Wilhelm Gustloff“, bei dessen Versenkung im Jahr 1945 mehr als 9000 Menschen starben. Das war erschütternd und extrem beeindruckend.

Würdest Du heute noch jungen Leuten zuraten, das schreibende Genre zu wählen?

Ich würde nicht generell davon abraten, einen eingehenden Einblick in den Alltag von Redaktionen allerdings dringend empfehlen. Die Arbeitsbedingungen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert – das müssen junge Menschen wissen und berücksichtigen.

Zurück zum Museum Wiesbaden. Bist Du dort auch mal gern in der Natur unterwegs?

In der Natur im Museum war ich – im Gegensatz zur „echten“ Natur – länger nicht. Allerdings würde mich die Ausstellung zu den Kristallen interessieren.

Coxy, Du bist mit Deiner Familie in der Kindheit und Jugend viel herumgekommen, hast u.a. in England gelebt. Was hat Dir da besonders gefallen, was nicht?

Die Schuluniform, die mich zunächst völlig irritiert hat, erwies sich als praktisch. Man musste sich keine Gedanken ums Outfit machen. Grundsätzlich mag ich die Engländer, die auch im richtigen Leben einigen Figuren aus den „Barnaby“-Filmen ähneln können. Die Einstellung einiger den Deutschen – und damit mir – gegenüber hat mir nicht immer gefallen.

Übrigens, wird Dein Name Oxfort oft mit d wie Oxford geschrieben?

Ja, das nehme ich aber gerne in Kauf. Es gab in Briefen auch schon Varianten wie „Ochsforth“. Das ist wesentlich schlimmer.

Dein Wohnort ist nun schon seit 37 Jahren Wiesbaden. Was sagt Dir besonders an der hessischen Landeshauptstadt zu?

Wiesbaden ist eine sehr angenehme kleine Großstadt, die dicht beieinander sowohl urbanes als auch ländliches Leben ermöglicht. Aufgrund der zahlreichen Umzüge mit meiner Familie war Wiesbaden dank seiner zentralen Lage in Deutschland geradezu ideal: Hier kommt jeder irgendwann mal vorbei, egal, ob er vom Norden nach Süden oder vom Westen in den Osten reist.

Und was gefällt Dir eher nicht so sehr?

In Wiesbaden gibt es wie in jeder Stadt verschiedenste Klüngel-Grüppchen. Aber denen kann man sich ja glücklicherweise entziehen.

Wenn man wieder unbeschwerter in der Welt unterwegs sein kann, wo würdest Du am liebsten mal hinreisen und auch ein Museum besuchen?

Nach Florenz, in die Galerie der Uffizien.

Was möchtest Du gerne den Aktiven des Freunde-Fördervereins mit auf den Weg geben?

Weitermachen wie bisher!

Und was dem Museumsdirektor und seinem Team?

Andreas Henning und sein Team sollten den eingeschlagenen Weg beibehalten. Ich erinnere mich noch gut an Zeiten, als das Museum Wiesbaden im öffentlichen Bewusstsein quasi nicht existierte. Es ist richtig, wichtig und gut, dass sich das grundlegend geändert hat.

Zum Schluss: Wenn Du persönlich an die Adresse der Stadtspitze einen Wunsch für Wiesbaden äußern könntest, wie würde der lauten?  

Es gäbe da viele Wünsche. Dazu müssten wir ein eigenes Gespräch führen.

Das Interview führte Ingeborg Salm-Boost


Zur Person
Christina Oxfort ist gebürtige Hannoveranerin und nach zahlreichen Umzügen im In- und Ausland seit inzwischen 37 Jahren überzeugte Wahl-Wiesbadenerin. In die Landeshauptstadt kam sie aus beruflichen Gründen: Nach einem Volontariat im Schwäbischen und ersten Erfahrungen im Redakteurinnen-Dasein trat sie im Sommer 1984 in die Stadt-Redaktion des Wiesbadener Kurier ein. Der Zeitung blieb sie auch nach ihrem Ausscheiden aus privaten Gründen zehn Jahre später als „Redakteurin auf Zeit“ im Vertretungsfall, als langjährige Organisatorin der Benefizaktion der Zeitung „ihnen leuchtet ein Licht“ und bis heute als „Feste Freie“ verbunden. Darüber hinaus erlernte und bediente sie in einer Kommunikationsagentur die klassischen PR-Instrumente und ist heute auch als Texterin für Websites, Broschüren, Geschäftsberichte und als Redenschreiberin tätig. Dem Förderverein Freunde des Museums Wiesbaden gehört die 60-Jährige seit 2019 an. In ihrer Freizeit ist Christina Oxfort entweder in Sachen Power-Walking in der Natur unterwegs, verschlingt auf ihrem Balkon Bücher, experimentiert mit Farben und Spachteln auf Leinwänden oder amüsiert die Nachbarschaft, wenn sie mal wieder die Gitarre aus ihrem Futteral holt. Und dabei, wie sie selbstironisch sagt, feststellt, dass nicht nur die Saiten des Instruments durch die längere Abstinenz gelitten haben. (red)

 

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