Wir sind dabei
Von Chillida beeindruckt
Sie stießen schon sehr früh zu den Freunden des Museums und sind dem Förderverein treu geblieben: Gertraud Hasselbach, Künstlerin, und Reinhard Hasselbach, Mediziner im Ruhestand, haben in den Kunstsammlungen des Museums klare Favoriten. Auch wenn sie nicht in Wiesbaden wohnen, kommen sie regelmäßig zu den Previews. Viele Kunstinteressierte in unserer Stadt dürften sich an die Zeiten der Galerie „Das Ei“ am Luxemburgplatz erinnern. Sie war ein spannender Ausstellungs- und Begegnungsort, den Gertraud Hasselbach mitgegründet hatte.
Seit wann seid Ihr beiden im Förderkreis – und wie seid Ihr auf die Idee gekommen?
Wir sind seit 1998 im Förderkreis. Das Ehepaar Ulrike und Gerold Buschlinger und die stellvertretende Direktorin Renate Petzinger hatte uns seinerzeit angesprochen und überzeugt.
Erinnert Ihr Euch an eine Ausstellung, die Euch in den ersten Jahren der Mitgliedschaft besonders beeindruckt hat? Vielleicht sind es ja auch zwei unterschiedliche?
G.H: Mich haben eine ganze Menge Ausstellungen beeindruckt. Eine sehr frühe im Jahr 1990 war die der Künstlerinnen des 20. Jahrhundert. Dann natürlich Donald Judd, Ellsworth Kelly, Robert Mangold.
R.H.: In den ersten Jahren haben mich alle Ausstellungen der amerikanischen Avantgarde besonders angesprochen, auch, weil ich großer Liebhaber der Minimal Art bin. In erreichbarer Nähe gab es kein Museum, das sich mit einer derartigen Konsequenz wie Wiesbaden der Präsentation von amerikanischer/ kanadischer Avantgarde-Kunst verschrieben hatte.
Welche Schau hat Euch in jüngster Zeit besonders gefallen?
G.H.: Thomas Bayrle hat mich sehr beeindruckt und natürlich die überwältigende Chillida- Ausstellung.
R.H.: In jüngster Zeit hat mir die Schau von Chillida am besten gefallen. Die Ausstellung war hervorragend eingerichtet, mit ihrer Kombination von großen skulpturalen Arbeiten und den Arbeiten aus Papier.
Welche Kunstrichtung ist die Liebste im Haus?
R.H.: Neben der Nachkriegs-Avantgarde schaue ich mir immer wieder – manchmal nur kurz – die Expressionismus Sammlung an und hier vor allem die wunderbaren Arbeiten Jawlenskys.
Gibt es ein Werk, das immer wieder Anziehungspunkt in den Sammlungen ist? Und warum?
R.H.: Besondere Anziehungspunkte in der ständigen Sammlung waren für mich die „Dame mit Fächer“ von Alexej von Jawlensky und die Installation „Der rote Waggon“ von Ilya Kabakov. „Die Dame mit Fächer“ mit ihrer wunderbaren Klarheit und Farbigkeit brauche ich manchmal, um meine Augen und meine Sinne zu erholen, wenn ich mir zuvor eine der Sonderausstelllungen angesehen hatte; die düstere monumentale Installation von Kabakov löst sich für mich aus dem Zeitbezug, kommentiert mahnend meine eigenen und auch gesamtgesellschaftliche Utopien.
G.H.: Ich sehe mir immer wieder die große Installation von Donald Judd an. Ich bin ja Künstlerin und beschäftige mich auch mit dem Raum. Mich fasziniert an seiner Arbeit der rigorose und zugleich geniale Umgang mit dem Raum.
Wir haben ja ein Zwei-Sparten-Haus, wie nah seid Ihr der Natur im Museum Wiesbaden?
R.H.: Zur „Natur“ im Museum habe ich eigentlich nur eine nostalgische Beziehung. Ich erinnere aus meiner Kindheit verregnete Herbst- und Winterstunden, in denen ich die Sammlungen mit meinem Vater und meiner Zwillingsschwester durchstreift habe. Die alten Vitrinen mit der übermäßigen Fülle von Mineralien, Insekten, Vögeln etc. fand ich faszinierend. Die ausgestopften Tiere mussten wir natürlich auch immer anschauen. Heute finde ich das Konzept eines Zwei-Sparten-Hauses schwierig. Ich sehe ein solches Konzept eher als eine Art Reminiszenz an ein humanistisches Bildungsideal. Sehr gelungen fand ich vor vielen Jahren das Konzept, römische Ausgrabungsartefakte (aus der Sammlung „nassauischer Altertümer“) in eine Installation des Künstlers Bruno K. zu integrieren. In diesem Rahmen wurde mir ein ganz neuer und besonderer Blick auf die Exponate angeboten.
G.H: „Natur“ ist für mich nicht so ein großer Anziehungspunkt. Ich finde sie für Kinder und Jugendliche sehr wichtig. Die Abteilung ist ganz neu und attraktiv zusammengestellt worden. Ich habe es auf Fotos mitverfolgt. Das ist optisch sehr schön gemacht. Mich zieht es immer zu Dingen und Räumen hin, die es noch zu entdecken gilt, die nicht beschrieben und erforscht sind. Wenn es ein Planetarium im Museum gäbe, wäre ich da sicher oft.
Ihr wohnt nicht in Wiesbaden. Habt Ihr trotzdem Zeit und Muße, die Angebote der Freunde wahrzunehmen und etwa zu den Previews zu kommen?
R.H.: Seit ich nicht mehr berufstätig bin, bemühen wir uns, das Angebot der Freunde des Museums häufiger, als in früheren Jahren wahrzunehmen. Als ich noch gearbeitet habe, konnte ich es zu den Previews zeitlich nie schaffen.
G.H.: Ich habe ja im Kunstverein Bellevue-Saal im Vorstand lange Zeit mitgearbeitet, und so bin ich öfter in Wiesbaden gewesen und habe dann einen Museumsbesuch mit eingeplant.
Gertraud, Du bist selbst Künstlerin mit regelmäßigen Ausstellungsbeteiligungen, auch im Ausland. Bitte sage unseren Mitgliedern etwas zu Deinen Werken.
G.H.: Meine Arbeiten beschäftigen sich mit der Linie und dem Raum. Aus einer Fläche wird ein bewegliches Objekt und daraus wird eine Zeichnung und diese wird zu Linien im Raum. Um eine ganz persönliche Beziehung zu meiner Kunst herzustellen arbeitete ich die Buchstaben meines Namens aus Stahlblech, verschweißte sie mit Scharnieren sodass es bewegliche, veränderbare Objekte wurden. Diese Arbeiten sind bis jetzt die Keimzelle all meiner weiteren Arbeiten. Diese veränderten Buchstaben erscheinen in der Zeichnungen wie Chiffren oder Codes, sie werden aber auch durch Drehung und Überlagerung zu Ornamenten. Aus Aluminium gelasert verbinde ich sie zu kleinen Objekten oder großen Installationen oder zerschneide und verbiege sie. Auch die Schatten der Objekte habe ich in letzter Zeit mit einbezogen. Nun, der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt und es gibt immer wieder neue Möglichkeiten.
Gibt es einen Wunsch an den Förderkreis des Museums?
R.H. + G.H.: Einen speziellen Wunsch an den Förderkreis haben wir nicht. Der Website des Förderkreises möchten wir ein besonderes Lob aussprechen.
Und zum Schluss auch einen an das Museum Wiesbaden, das seit März einen neuen Direktor hat?
R.H.: Auch dem neuen Museumsdirektor wünsche ich Mut zu kontroversen Positionen. Nach meinem persönlichen Empfinden war das Programm der vergangenen Jahre eher durch eine Suche nach Harmonie und Konsens geprägt. Einen kritischen Diskurs habe ich etwas vermisst. Vielleicht handelt es sich aber bei dieser Kritik von mir schon um ein Generationenproblem?
G.H.: Ich würde mir wünschen, dass der Projektraum, der ja für unbekanntere oder jüngere Künstler Ausstellungsraum war, wieder aktiviert wird.
Die Fragen stellte Ingeborg Salm-Boost
Zu den Personen:
Gertraud und Reinhard Hasselbach leben seit Jahrzehnten in einem kleinen Weinort zwischen Bingen und Bad Kreuznach. Doch die Verbindung zu Wiesbaden, wo beide aufgewachsen sind, blieb nicht nur wegen der Familien immer eng. Hier lebt ein Großteil der Freunde und Bekannten. Reinhard Hasselbach (69) war bis zum Ruhestand als Neurologe in Alzey in eigener Praxis tätig. Gertraud Hasselbach (73) hat mehrere Berufe erlernt: den der Fotografin und Reprofotografin sowie den der Goldschmiede-Kunst. Sie ist Mitbegründerin der Wiesbadener Produzentengalerie „Das Ei“ (später Galerie am Luxemburgplatz). 1989 hat sie bei einem Lehrgang im Kunsthaus das Schweißen als ihr Metier entdeckt, in dem sie seither künstlerisch tätig und immer wieder in Ausstellungen im In- und Ausland vertreten ist. Von 1997 bis 2018 engagierte sich Gertraud Hasselbach im Verein zur Förderung künstlerischer Projekte mit gesellschaftlicher Relevanz – Kunstverein Bellevue-Saal Wiesbaden. Bei der Arbeit wie in der Freizeit steht Kunst für sie im Zentrum. Mit ihrem Mann teilt sie die Liebe zum Jazz, zum Kino und fürs Wandern. Reinhard Hasselbach nennt als weitere zwei Hobbys neben dem Interesse an der Bildenden Kunst die Liebe zur Literatur und zu seinem Oldtimer-Traktor.