Alexej-von-Jawlensky-Preis an Frank Stella

Ausstellung im Museum Wiesbaden in 2022

Abbildung: The First Night Watch (Moby Dick Series), 1988, 316,2 x 262,9 x 94 cm, Sammlung Reinhard Ernst, © VG Bild-Kunst, Bonn

Der Alexej-von-Jawlensky-Preis wird vom Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden gemeinsam mit Spielbank und Nassauischer Sparkasse im Bereich der Bildenden Kunst vergeben. Die Verleihung des Kunstpreises ist Ausdruck der Wertschätzung und dient der Förderung herausragender Künstlerinnen und Künstler. Zur Verleihung des Jawlensky-Preises 2020 an Frank Stella schreibt Jörg Daur:


Alexej von Jawlensky-Preis für Frank Stella! Das ist eine großartige Sache. Hat doch der Namensgeber selbst im Spätwerk in Wiesbaden seine Serien vollendet. Und serielles Arbeiten kennzeichnete auch von Anfang an das Schaffen Stellas. Darüber hinaus ist sein Werk überaus vielschichtig, voller literarischer Bezüge und dabei weder abstrakt noch gegenständlich im herkömmlichen Sinne. Bis heute erweitert er die Malerei: in den Raum, aber auch konzeptionell. Gerade weil wir im Museum Wiesbaden von der alten Kunst, über den Jugendstil, bis hin zur Gegenwart unterschiedlichste Facetten der Kunst zeigen können, ist Stella in seiner Vielschichtigkeit für uns eine ideale Besetzung.

Frank Stella ist ein Künstler, der sein Werk nicht allein in der Gegenwart verortet. Stattdessen sucht er vielfältige Bezüge in die Vergangenheit. Er selbst studierte neben Malerei auch Kunstgeschichte. Hier beschäftigte er sich intensiv mit verschiedenen Epochen: von der Kunst der frühen Neuzeit, über den Barock, bis in die Moderne. Die „Problemstellungen“ der Malerei erschienen ihm dabei stets ähnlich, grundlegende Fragestellungen begleiteten alle Malerinnen und Maler durch die Jahrhunderte.

So fand sich die Frage nach Abstraktion oder Gegenständlichkeit immer schon in der Diskussion um Abbild, Zeichen und Ornament, ebenso wie sich Fragen nach Fläche und Raum in der Renaissance, dem Barock aber auch der Klassischen Moderne immer wieder neu stellten. Und auch Stella selbst arbeitete intensiv am Thema des Ornaments, der – wenn man es so nennen möchte – „Abstraktion“ vergangener Jahrhunderte.

Unsere Wiesbadener Ausstellung kann hier anknüpfen und zugleich den Bogen weiterspannen in das frühe 20. Jahrhundert. Die besondere Situation in Wiesbaden, dass hier nicht nur Werke der Gegenwart, sondern in gleicher Weise auch Werke alter Kunst bis hin zum Jugendstil präsentiert werden, kann den einzigartigen Rahmen für eine Ausstellung der Arbeiten Frank Stellas bieten.

Dabei werden selbstverständlich auch Stellas revolutionäre Streifenbilder nicht fehlen: diese markierten für viele seiner Kolleginnen und Kollegen zu Beginn der 1960er Jahre einen Aufbruch in ein vollkommen verändertes Verständnis von Malerei. Auch hier bietet das Museum Wiesbaden mit seinem Schwerpunkt amerikanischer Kunst, im Besonderen der Kunst des Minimalismus, wie auch der selbstreferenziellen Malerei von Robert Mangold, David Novros und Joseph Marioni, einen Kontext für die frühen Werke Frank Stellas, in dem deren historische Verortung, aber auch deren Vorbildfunktion veranschaulicht werden können.

Dass daneben zentrale Arbeiten der Moby Dick-Serie in der Sammlung Reinhard Ernst beheimatet sind und damit mit Eröffnung des Museums Reinhard Ernst in unmittelbarer Nachbarschaft des Landesmuseums gezeigt werden können, bietet eine zeitliche Koinzidenz, die den Sommer 2022 für unsere Stella-Ausstellung geradezu zwingend erscheinen lässt.

Jörg Daur


Dr. Jörg Daur ist Kustos moderne und zeitgenössische Kunst im Museum Wiesbaden. Lesen Sie hier auch das Interview mit ihm in unserer Serie „Gesichter des Museums“.

 

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