Blick zurück auf die Museumsgalas

2020 nur eine schöne Vorstellung

Schönes Entree: Gala 2019 (Foto: Detlef Gottwald)

Seit 2012 ist sie eine Erfolgsgeschichte, doch im Jahr 2020 muss sie eine Pause machen: In diesen Tagen würde die neunte Museumsgala stattfinden. Es würden sich gut gelaunte Menschen im Foyer drängen, auf den besonderen Abend anstoßen, sie würden in den wie stets einem Motto folgend dekorierten Räumen tafeln, sich freuen, dass wieder einmal die Freunde des Museums dank langjähriger Unterstützer aus der Wirtschaft und Gesellschaft ein neues Kunstwerk finanzieren. Elegant gekleidete Frauen und Männer würden nach dem Festmahl mit Spannung auf den symbolischen Scheck schauen. Und natürlich auch erfahren, für welchen Erwerb er diesmal gedacht ist. Doch das alles bleibt nur eine schöne Vorstellung. Längst ist die Gala 2020 schweren Herzens abgesagt. Wir wollen aber nicht zu wehmütig werden, sondern auf den Oktober 2021 hoffen. Und einmal zurückblicken – zusammen mit dem Kuratoriumsvorsitzenden Stephan Ziegler. Er hatte die Idee zur Gala und war der Motor, der alles zum Laufen brachte.


Das war der Anfang: 2012 fand die erste Gala statt. Die Büste der Knieenden von Wilhelm Lehmbruck konnte dank des besonderen Events angeschafft werden. Die Freunde gaben auch hier 65.000 Euro. (Foto: Detlef Gottwald)

Nein, er habe keine große Überzeugungsarbeit in der Wiesbadener Wirtschaft leisten müssen, sagt Ziegler, der auch heute noch das Team anführt. Er fügt hinzu: „Es war ja auch keine neue Idee, solche Galas gibt es überall.“ Aber es gab sie eben nicht im Museum für Kunst und Natur in Wiesbaden. Und weil es natürlich stets Anliegen des Kuratoriums gewesen sei, das Museum mehr in der Stadtgesellschaft zu verankern, lag der Impuls nahe, eine Gala ins Leben zu rufen – so sieht es der 2006 für die Freunde des Museums aktiv gewordene ehemalige Vorstandsvorsitzende der Naspa. Als solcher war er (und ist es natürlich heute ebenso) bestens vernetzt, konnte eine Vielzahl von Unternehmen, durchaus auch Mittelständler, überzeugen, doch einen Gala-Tisch zu sponsern. Es bietet ja auch einen ganz besonderen Rahmen, das Museum Wiesbaden. Und so verwundert es nicht, dass zu den „Tischbesetzern“ viele langjährige Partner gehören, die ihrerseits ihren Geschäftspartnern durch die Einladung eine große Freude bereiten. Aber auch Einzelpersonen können einen Platz reservieren lassen und an diesem Event für das Haus der Kunst und Natur teilnehmen.

3.500 Euro (ohne Menü) kostet mittlerweile der Tisch. An bis zu 32 Tischen mit jeweils zehn Plätzen wird die Speisenfolge serviert, der Wein ausgeschenkt – und bei lebhaften Gesprächen genießen die Gäste einen solchen Abend, der zum Beispiel 2019 dem Kauf des Werkes „Red Painting“ von Joseph Marioni zugute kam. Vergangenes Jahr war Vize-Direktor Jörg Daur neben dem Freunde-Vorsitzenenden Gerd Eckelmann der Gastgeber. Denn Alexander Klar hatte sich nach Hamburg verabschiedet, sein Nachfolger Andreas Henning war noch nicht im Amt. Dieser bedauert nun sehr, dass die Erfolgsgeschichte im Jahr 2020 nicht weitergeschrieben werden kann, zumal er seit März – als er leider mit der Pandemie-Zeit seine Direktorenstelle antrat – immer wieder bei Begegnungen großes Lob für diese Vorzeige-Veranstaltung gehört hatte, bei der Kuratoriumsaktive des Förderkreises und das Museum bestens zusammenarbeiten. Wir sind unendlich dankbar, durch die Gala auf sehr hohem Niveau Kunst ankaufen zu können. Dieses Jahr allerdings musste die Kustoden und der Direktor gar nicht groß darüber diskutieren, wofür diesmal die Spende (zuletzt waren es 75.000 Euro) verwandt werden sollte. Als Geste der Wertschätzung derjeniger, die das alles durch ihre langjährige Unterstützung möglich machen, habe man eine Preview zur August Macke-Ausstellung „Paradies! Paradies?“ für langjährige Sponsoren organisiert, sagt Andreas Henning – keine einfache Angelegenheit in Zeiten zunehmender Einschränkungen durch Corona. Aber das Veranstaltungsteam ist versiert und die überschaubare Zahl von Gästen, die sich angemeldet hat, sicherlich sensibilisiert.

Ein Mutmacher in weniger paradiesischen Zeiten möchte übrigens Gerd Eckelmann sein; der Vorsitzende unseres Vereins bittet die Unterstützer sehr, der Gala treu zu bleiben, sei sie doch ein kultureller Leuchtturm für Wiesbaden und eine Spendenveranstaltung von höchstem Anspruch. Immerhin, so gibt sich Gerd Eckelmann optimistisch, beginnt der Ausstellungstitel mit einem positiven Statement: Paradies! – eben mit Ausrufezeichen (siehe auch unser Interview mit Kurator Roman Zieglgänsberger). Eckelmann setzt jedenfalls auf neue Wege der Begegnung und der Teilnahme an unserer Bürgergesellschaft – woran Museum und Verein ja engagiert arbeiteten. „Es gibt ein Leben nach Corona, und dann ist unser Paradies zurück“, davon ist er überzeugt.

Von Jawlensky hat unser Museum nie genug: „Großes Stillleben mit Azaleen“ konnte 2015 mit Hilfe der Gala und dem 65.000-Euro-Scheck erworben werden. (Foto: Detlef Gottwald)

Und dann wird es wieder die Museumsgala geben, die man immer weiter optimieren will. Seit einigen Jahren hat man sich mit Michael Müller einen Profi ins Team genommen, der mit Stephan Ziegler und Susanne Bukenberger (Kuratorium) stets nach der Gala gleich die nächste plant. So hatte es laut Ziegler auch schon erste Überlegungen für 2020 gegeben. Denn „der Anspruch der Menschen, die Erwartungshaltung steigt. Wir wollen ein gutes Produkt abliefern“, so Ziegler. Es gehe um Beleuchtung, Akustik. darum, welche Räume bespielt werden und wie sie auszustatten sind. Der Rahmen müsse stimmen, aber, „Die Gala ist längst etabliert“, freut sich der Ideengeber. Den Boden dafür hatten mit dem Kuratoriumsvorsitzenden die Mitglieder Martina Mulcahy (heute im Vorstand) und Susanne Bukenberger bereitet. Als 2013 das Werk „White Relief over black“ von Ellsworth Kelly erworben werden sollte, hatten die beiden den guten Einfall, das gesamte „Outfit“ der Gala auf dieses Bild abzustimmen. Die Linie, dem Event jeweils ein Motto zu geben, wurde seither beibehalten.

White Relief over Black. 65.000 Euro erhielt das Museum nach der Gala 2013 für diese beeindruckende Arbeit von Ellsworth Kelly. In diesem Jahr war erstmals die gesamte Dekoration passend zum Kunstwerk gewählt. (Foto: Detlef Gottwald)

Unvergessen die Veranstaltung 2018 – da orientierte man sich an der gerade präsentierten Mondrian-Ausstellung, bis hin zur Speisenkarte. Diese Dinge würden für viele zu Sammlerstücken, freut sich Stephan Ziegler. Froh ist er auch, dass Sylke Kamrath-Schmitt, seine ehemalige Assistentin und heute in gleicher Funktion beim amtierenden Naspa-Vorstandsvorsitzenden tätig, mit großem Überblick die Anlaufstelle für Anmeldungen zur Gala ist und für viel Organisatorisches zur Verfügung steht. „Ohne sie geht nichts“, sagt ihr früherer Chef.

Gäste der 7. Museumsgala bei der Begrüßung durch Museumsdirektor Alexander Klar, unter der Decke das Mobilé, inspiriert durch die Werke Mondrians (Foto: Detlef Gottwald)
Alles Mondrian: Die Gala-Dekoration 2018 war ganz auf die Mondrian-Ausstellung abgestimmt – bis hin zum Mobile, das Kinder in der Abteilung Bildung und Vermittlung für den Event geschaffen hatten. (Foto: Detlef Gottwald)
Immer ein schöner Moment: Die Scheckübergabe. 75.000 Euro kamen für Jawlenskys „Stilleben mit Samowar“ 2018 zusammen. (Foto: Detlef Gottwald)

Stephan Ziegler blickt kurz zurück auf eine Menge Aktivitäten, die man im Kuratorium angestoßen habe, mit dem Ziel, der größte Kulturverein in Wiesbaden zu werden. Und dass wir nun bei 2.000 Mitgliedern angelangt sind, freut Ziegler besonders, denn so habe seine Prognose gelautet. Auch der finanzstarke Collector’s Circle, mag er noch ergänzen, sei auf Initiative des Kuratoriums gegründet worden.

Zurück zur Gala und dem Kunsterwerb: Schauen wir kurz auf eine besondere Aktion im Jahr 2014, als mit der Gala die Aktion „Wiesbaden schafft die Wende“ unterstützt wurde. Damals stellte Direktor Alexander Klar dem Verein diese Kampagne vor, die er von der Wiesbadener Kreativagentur Q entwickeln ließ (Q betreut auch diese Website). Bürgerinnen und Bürger sollten dazu animiert werden, ein verfolgungsbedingt seinen Eigentümern entzogenes Gemälde rechtmäßig anzukaufen: „Die Labung“ von Hans von Marées. Gerne unterstützte man bei den Freunden dieses Anliegen, 66.667 Euro kamen durch die Gala zusammen. „Das war ein großes Thema“, erinnert sich Ziegler. Und: „Es machte Freude, sich mit der Geschichte des von der Provenienzforschung im Museum Wiesbaden gesichteten Bildes zu beschäftigen.“ Es entstanden, denkt er zurück, Bilder im Kopf – über die in der NS-Zeit verfolgten jüdischen Eigentümer, über die Erben, darüber, wie die Provenienzforscherinnen dieses Kunstwerk im eigenen Bestand unter die Lupe nahmen. Umgekehrt hing es solange an der Wand, bis die erforderliche Summe für den Erwerb zusammengekommen war und das Bild auf seine Vorderseite gewendet werden konnte.

Eine aufsehenerregende, beispielhafte Aktion: „Wiesbaden schafft die Wende“. Dabei halfen die Freunde des Museums dank der Gala 2014 kräftig mit und gaben 66.667 Euro für den Erwerb des Marees-Kunstwerks „Die Labung“. (Fotos: Agentur Q)

Auch zwei Jawlenskys, ein Felixmüller, in einem Jahr zwei Arbeiten von Stöhrer und Klee, zu Beginn eine Büste von Wilhelm Lehmbruck, außerdem die schon erwähnten Arbeiten von Joseph Marioni und Ellsworth Kelly können dank der Benefizgalas im Museum Wiesbaden bewundert werden. Nun braucht es Geduld bis zum Herbst 2021. Glauben wir gerne mit dem Vorsitzenden Gerd Eckelmann, dass das Paradies dann zurückgekehrt sein wird – zumindest eine Wende zu besseren Zeiten stattgefunden hat.

Ingeborg Salm-Boost

Schöne Erinnerung an 2019, als die Welt noch in Ordnung war: Im Foyer herrschte dichtes Gedränge. (Foto: Detlef Gottwald)

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