Interview mit Reinhard Ernst

Das neue Kunstmuseum: Jedes Detail ist wichtig

Reinhard Ernst ist kein Mann der großen Worte und des großen Auftritts. Den Baubeginn für das Museum an der Wilhelmstraße/Ecke Rheinstraße, wo abstrakte deutsche und europäische Nachkriegskunst, abstrakte japanische Kunst und abstrakter amerikanischer Expressionismus einziehen werden, wollte der Sammler und Mäzen aber dann doch nicht sang- und klanglos verstreichen lassen. Bevor es losging, wurde von rund 200 Gästen auf das für Wiesbaden höchst bedeutsame Kulturprojekt der Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung angestoßen. Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende sprach von einem Glücksfall für Wiesbaden – so etwas erlebe man höchstes alle 100 Jahre. Einen Tag später begrüßten der Bauherr und die Architekten die Nachbarschaft, um über das Bauvorhaben zu informieren. Auch wir Freunde des Museums Wiesbaden interessieren uns sehr für die Pläne uneres Mitglieds Reinhard Ernst, dieser berichtet im zweiten Interview, das er für diese Website gab, über Fortschritte und Details.

Das Museum Reinhard Ernst (Visualisierung) an der Ecke Rheinstraße/Wilhelmstraße
Das Museum Reinhard Ernst (Visualisierung) an der Ecke Rheinstraße/Wilhelmstraße

Herr Ernst, jetzt geht es los mit dem Museumsbau. War die Zeit bis zum Start komplizierter oder gar einfacher als Sie es im Oktober 2017 in unserem Interview für die Freunde-Website gedacht hatten?

Es war wie erwartet. Von der Stadt wurde gut mitgearbeitet. Zum Glück tauchten keine Komplikationen auf. Nach der Genehmigung für die Tiefbauarbeiten rechnen wir nun im Laufe des Spätherbstes mit der Genehmigung für den Hochbau.

Mit dem Erbbaurechtsvertrag sind Sie zufrieden?

Mit dem Ergebnis der Verhandlungen bin ich zufrieden.

So etwas passiert nur alle 100 Jahre, sagt der Oberbürgermeister: Gert-Uwe Mende mit dem Ehepaar Ernst sowie Architekt Michel van Ackere. (Foto: Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung)

Die Pläne von Fumihiko Maki wurden ja nicht nur in Fachkreisen sehr gelobt. Haben sich seit der Vorstellung in Wiesbaden noch größere Änderungen ergeben?

An der Außenoptik hat sich nicht viel verändert. Aber die Gestaltung innen ist schon nochmals überdacht worden, wir waren mit allen Räumlichkeiten beschäftigt, haben jedes Detail angeschaut.

Wenn Sie „wir“ sagen, wer hat denn da alles mitgewirkt? Sie hatten ja in unserem Gespräch 2017 schon betont, dass Sie sich selbst auch um jede Ecke kümmern werden.

Ja, das tue ich auch. Der „harte Kern“ befasst sich mit der Innengestaltung. Makis rechte Hand Michel van Ackre ist unser Projektleiter für die Planung, bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Das Frankfurter Büro Schneider + Schumacher setzt um, ist der Generalplaner. Japan, Frankfurt und unsere Stiftung sind ständig im direkten Kontakt. Das ist heutzutage durch Videokonferenzen kein Problem mehr.

Dank und Ausblick: Bauherr Reinhard Ernst spricht zu den Gästen zur Feier des Baubeginns

Es gibt bei einem Museum sicher unendlich viel zu bedenken …

Das Maki-Büro hat ja internationale Erfahrungen mit Museumsbauten. Natürlich muss über vieles gesprochen werden, etwa über die Beleuchtung, die Wände, die Böden,über Lautsprecher … Es gibt neue Techniken.

Sagen Sie bitte etwas zur ersten Bauphase.

Der nun beginnende Tiefbau ist eine sehr diffizile Angelegenheit und kostet immens viel Geld. Wir sind ja im Grundwasserbereich, da müssen wir eine Spundwand aufstellen. Wir haben aber sehr gute Firmen für diese Arbeiten gefunden.

Wie beziffern Sie nach heutigem Stand die Gesamtkosten, die Ihre Stiftung ja trägt?

Wir kommen mittlerweile auf mehr als 60 Millionen Euro. Die gesamte Unterkellerung, der Ausbau von verschiedenen Gewerken und die hohe Qualität haben ihren Preis.

Die Nutzfläche hatten sie 2017 im Interview auf dieser Website mit ca. 8500 Quadratmeter angegeben. Bleibt es dabei?

Es gibt nur ein paar Verschiebungen. Das Gebäude wird 65 Meter lang und 45 Meter breit. Es hat rund 8.000 Quadratmeter Nutzfläche.


Für wann können sich die Wiesbadener auf die Eröffnung freuen?

Es wurde immer Anfang 2022 gesagt. Ich gehe aber von Mitte 2022 aus.

Nicht Ehrfurcht, sondern Wohlbefinden soll ein Museum beim Besucher auslösen, so formulierten Sie eine Maxime für Ihr Haus der Kunst …

Ja, das ist unbedingt meine Meinung! Das Erdgeschoss wird frei zugänglich sein. Man muss keine Eintrittskarte kaufen, um dorthin zu kommen. Der große, sehr helle Innenhof wird viele Blickachsen eröffnen. Schon allein dies bewirkt, dass keine Ehrfurcht aufkommt. An der Frontseite werden auch ein Bistro und ein Museumsshop die Menschen anziehen. Die Gastronomie wird ihre Öffnungszeiten unabhängig vom Museum haben. Das wird natürlich auch durch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen geregelt.

Haben Sie schon einen Pächter im Blick?

Es gibt Interessenten.

Japanisches Trommelfeuer zum Spatenstich: Riichi Yamauchi, professioneller Taiko- und Shamisen-Musiker aus Yokohama (Foto: Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung)

Haben Sie denn auch bereits Personalpläne gemacht?

Das haben wir. Mit den Kostenstrukturen habe ich mich so befasst, wie ich es aus den Unternehmen kenne. Wir suchen jetzt bereits qualifizierte Leute. Zum Beispiel ist ein Fachingenieur für Klimatechnik schon mit im Boot. Ebenso eine Kunsthistorikerin.

Und wie sieht es mit der Führung Ihres Museums aus?

Da suchen wir einen Hauptkurator. Der muss natürlich Experte für die abstrakte und informelle Kunst sein. Diese Person, ob Mann oder Frau, sollte außerdem Führungsqualitäten mitbringen, sollte gute Menschenkenntnis besitzen und gut kommunizieren können. Ich denke, wir werden bis 2021 fündig geworden sein.

Es ist ja sicher auch eine längere Vorbereitungszeit nötig?

Die erste Hängung ist immens wichtig. Wir haben so einiges an Großformaten. Das muss man langfristig planen. Und natürlich ist das Thema zu bestimmen.

Haben Sie seit unserem Interview von 2017 viel gekauft?

Rund 80 Werke dürften dazu gekommen sein. So habe ich u. a. meine Frankenthaler-Sammlung ergänzt. Auch einige junge Künstler gehören zu den Neuerwerbungen. Die Neuerwerbungen allein würden für die Ausstattung des Museums ausreichen.

Wie viele Bilder und Objekte umfasst nun Ihre Sammlung abstrakter expressionistischer Kunst?

Es sind jetzt rund 800 Werke.

Dann werden Sie ja sicher die Dauerausstellung immer mal anders bestücken?

Etwa alle zwei Jahre sollte man dies tun. Wobei die Hauptwerke hängenbleiben werden.

Sie haben ja auch Sonderausstellungen versprochen …

Die wird es geben. Die erste widmet sich dem Schaffen des Architekten Maki. Gerne stelle ich im Museum später dann auch die Kunst anderer Sammler vor. Bedingung: Es muss abstrakt sein. Zwei bis drei Sonderausstellungen im Jahr sollte es geben.

Blick von oben auf das Grundstück Wilhelmstraße 1 (Foto: Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung)

Nun ist in Ihrer Nachbarschaft der Museumsdirektor Alexander Klar nach Hamburg gewechselt. Er hatte sehr für das Ernst-Vorhaben getrommelt und Sie von Anfang an unterstützt. Meinen Sie, dass auch unter neuer Ägide eine gute Zusammenarbeit zustande kommen wird?

Es bleibt natürlich dabei, eine gute Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum ist wichtig und erwünscht. Mit Alexander Klar habe ich nach wie vor einen guten Kontakt. Mit der neuen Führung sollte es auch möglich sein, Gemeinsamkeiten zu finden.

Sie hatten das Zusammenspiel beispielsweise schon für die Museumspädagogik angedacht.

Ja, hier machen wir uns extrem viel Arbeit, wir wollen Kinder und Jugendliche spielerisch an die Kunst heranführen. Es werden bereits mit externer Hilfe Ideen entwickelt, auch die Kunsthistorikerin arbeitet daran. Aber wie gesagt: Wir suchen dann das Zusammenwirken mit dem Museum Wiesbaden, das bekanntlich sehr gut in Sachen Museumspädagogik aufgestellt ist.

Bei allem, was Sie zur Zeit bewegt und in den nächsten zwei Jahren bewegen wird, haben Sie als Mitglied bei den Freunden und im Collectors Circle eigentlich noch Muße, das Angebot im Theodor-Fischer-Bau zu nutzen?

Ich habe vor, zur Eröffnung der Ausstellung „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“ zu kommen. Darauf freue ich mich, da sind auch drei Künstler dabei, von denen ich Werke in der Sammlung habe.

Das Interview führte Ingeborg Salm-Boost

Wenn Sie nochmals auf das erste Interview für die Freunde mit Vita zu Reinhard Ernst schauen wollen, klicken Sie hier.

Die Website für das Museum Reinhard Ernst wurde von der Kreativagentur Q gestaltet, die für das Museumslogo bereits mehrere Preise erhalten hat. Sie finden die Seite unter museum-reinhard-ernst.de. Das kreative Q-Team um Thilo von Debschitz und Laurenz Nielbock zeichnet auch für die Gestaltung der Website der Freunde des Museums Wiesbaden und für das Erscheinungsbild der Ausstellung „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“ verantwortlich, die in Wiesbaden, Chemnitz, Bonn und Hamburg präsentiert wird. In der vergangenen Woche ist Q in die Walkmühle gezogen, dem künstlerischen Hotspot in der Landeshauptstadt.

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