Museumsgala und Ausstellungseröffnung
Ein Bild ist zurück!

Eine dunkelgraue Katze, die sich behaglich auf einem Tisch zwischen zwei, mit Herbstblumen gefüllten Vasen, zusammengerollt hat – das war das Bild des Gala-Abends. Doch bevor jeder der 350 Gäste dieses in Form einer Miniaturversion als Menükarte an seinem Platz vorfinden konnte, galt es, den Eintritt ins Museum durch den Hintereingang zu nehmen. Ein roter Teppich – gerahmt von Palmen und Agaven – wies den Weg. Er ließ vergessen, dass es sich dabei um den Zugang handelte, den sonst die angelieferten Kunstwerke nehmen. Dr. Gerd Eckelmann hieß die 350 Gäste willkommen; der Vorstandvorsitzender der Freunde des Museums Wiesbaden lud dazu ein, das Museum als „kulturellen Klebstoff“, der die Menschen verbindet, zu feiern und zu fördern. Die Erlöse der Museumsgala, in diesem Jahr bereits die sechste dieser Art, könnten – so Eckelmann – wesentlich dazu beitragen, den Ankauf bedeutender Werke zu ermöglichen und so die Sammlungen durch kluge Erwerbungen weiterzuentwickeln.
Und in diesem Jahr? Die Wahl war auf ein Bild mit einer großartigen Geschichte gefallen: „Herbstblumen mit Katze II“ von Conrad Felixmüller aus dem Jahr 1922. Es gehörte einst zur Sammlung von Heinrich Kirchhoff. Dieser ließ sich 1908 in Wiesbaden nieder,verwirklichte seinen Traum von einem exotischen Gartenparadies und begann im Jahr 1914 damit, Kunst zu sammeln. Daneben unterstützte er viele Künstler, darunter Alexej von Jawlensky und Conrad Felixmüller tatkräftig und bescherte dem Museum Wiesbaden eine Ausstellung von Weltruf. Nach dem erzwungenen Auszug dieser Sammlung während des dritten Reiches wurden die Bilder in alle Welt verkauft. Was blieb, war nur die Erinnerung. Wiederbelebt hat diese nun das Museum Wiesbaden: Aus allen Gegenden der Welt hat es die Bilder als Leihgaben zurückgeholt, um die Werke der ehemaligen Sammlung von Heinrich Kirchhoff zu zeigen – genau 100 Jahre nach ihrer herausragenden Schau. Was das bedeutete, davon konnten sich die Gäste der Gala bereits am Vortag der offiziellen Eröffnung der Ausstellung mit dem langen Titel „Der Garten der Avantgarde – Heinrich Kirchhoff: Ein Sammler von Jawlensky, Klee, Nolde …“ berauschen lassen.

Festlich beleuchtet erwarteten danach 38 Tische ihre Gäste, verteilt auf Wandelhalle, Oktogon, Steinsaal und Alte Bibliothek. Als Augenschmaus kam die Tischdekoration daher, die ganz und gar in Anlehnung an das Bild Felixmüllers im Zentrum der Spendengala stand: Auf grünen Tischtüchern leuchteten Herbstblumen in dickbauchigen, dunkelblauen und mit Punkten versehene Vasen, die eigens für die Gala getöpfert wurden (in einer nummerierten Auflage von 50 Stück, die allesamt erworben werden konnten). Mit am Werk waren auch fleißige Kinderhände des Jugend-Kunst-Klubs und der Museumswerkstatt. Sie hatten Katzen, Igel und Blumenvasen aus Ton für die Tische geformt, und so manch blaulackierter Fisch war auch darunter zu finden – alles kleine Kunstwerke, die gegen eine Spende darauf warteten, mit nach Hause getragen zu werden. Doch vorher sorgte ein feines Drei-Gänge-Menü von Käfer’S für den kulinarischen Genuss.

Dr. Roman Zieglgänsberger, einer der beiden Kuratoren der Ausstellung, lieferte mit seiner Rede interessante Details über das seit zwei Jahren laufende Projekt. Er berichtete über sein Erweckungserlebnis, das ihn ganz und gar für die Idee zur Wiederbelebung von Kirchhoffs Sammlung eingenommen hat: Bei einem Besuch im Metropolitan Museum in New York sah er ganze zwei Werke von Paul Klee – und beide stammten aus der Sammlung Kirchhoff. Schlagartig wurde dem Kurator die Bedeutung dieser Sammlung klar, aus der nun ein Teil wieder zurück in Wiesbaden ist. Als Höhepunkt der Gala konnte ein symbolischer Riesenscheck in Höhe von 70.000 Euro an Museumsdirektor Dr. Alexander Klar überreicht werden. Klar zeigte sich sichtlich erfreut über die dadurch ermöglichte Heimkehr eines Bildes ins Museum Wiesbaden und darüber, dass das Haus wie zu Zeiten Kirchhoffs eng verbunden mit Wiesbadener Sammlern ist. So gehörten zu den Gästen der Gala Frank Brabant (von dem zehn Leihgaben zur aktuellen Schau stammen), Ferdinand Neess (der dem Museum Wiesbaden eine Schenkung von 570 Werke des Jugendstil zugedacht hat), Adrian Koerfer (als Sammler schon lange dem Museum verbunden) und Reinhard Ernst (der nicht nur Leihgeber ist, sondern auch bald Nachbar mit einem neuen Museum sein könnte).

Zum Schluss war noch Zeit für reichlich Dank an alle, die zu diesem wunderbaren Abend beigetragen haben; neben den Mitarbeitern des Museums und Sylke Kamrath-Schmitt waren dies die Organisatoren des Abends, die mit viel Liebe zum Detail ans Werk gegangen sind: die beiden Kuratoriumsmitglieder der Freunde, Stephan Ziegler und Dr. Susanne Bukenberger, sowie Michael Müller. Und für jene, die sich schon auf die nächste Museumsgala freuen, sei hier bereits auf den 24. Oktober 2018 hingewiesen.
Bis tief in die Nacht sollten die Aufräumarbeiten der Gala andauern, und am nächsten Abend war es dann so weit: Zur offiziellen Eröffnung der Ausstellung „Der Garten der Avantgarde – Heinrich Kirchhoff: Ein Sammler von Jawlensky, Klee, Nolde …“ zog es gut 580 Gäste ins Museum. Jazz und Improvisationen live mit Saxophon und Kontrabass brachten den Vortragssaal zum Klingen und kündigten Grußworte von Museumdirektor Klar, Minister Boris Rhein und Kulturfonds-Geschäftsführer Dr. Helmut Müller an.
Heinrich Kirchhoffs Ur-Enkel Florian Berger brachte im Namen der Familie die große Freude darüber zum Ausdruck, dass es gelungen war, aus der ganzen Welt viele der Bilder zurückzuholen und damit an die großartige Ausstellung aus dem Jahr 1917 zu erinnern. Mitgebracht hatte er zwei Ur-Ur-Enkelinnen von Heinrich Kirchhoff, die Aufzeichnungen der Ur-Großmutter Maria Binsack mit sich trugen. Binsack hatte darin Erinnerungen ihrer Kindheit für ihre eigenen Kinder festgehalten. Und nun konnten sich die Anwesenden der Eröffnungsfeier über eine der Geschichten freuen, feierlich vorgetragen von einer der beiden kleinen Ur-Ur-Enkelinnen.
Von Begeisterung getragen stimmten Dr. Sibylle Discher und Dr. Roman Zieglgänsberger, Kuratoren der Schau, abschließend die Gäste auf die Begegnung mit Teilen einer großartigen Sammlung ein, die vor 100 Jahren Wiesbaden und sein Museum zum Zentrum der Avantgarde machte, und einen außergewöhnlichen Sammler, der sein Gartenparadies und seine Bilder gleichermaßen liebte. Heinrich Kirchhoff hatte mit Kunstsinn, Großzügigkeit und Mut eine herausragende Sammlung von rund 600 Werken geschaffen, die heute zu den bedeutendsten der als „Klassische Moderne“ bezeichneten Epoche zählen.
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