Unter Freunden

Welch ein Doppelspiel …

Roman Zieglgänsberger freut sich sehr, dass die Freunde das Werk „Die Küssende“ von Marg Moll im Museum Wiesbaden halten wollen. Rechts: Diese Schenkung von Dr. Roman Rubin inspirierte dazu, die Ausstellung mit den Arbeiten der Molls und Purrmanns zu planen – „Stillleben mit Plastik, Vase und Wandschirm“ von Oskar Moll. (Fotos: I. Salm-Boost)

Nein, nicht auf dem Tennisplatz, ja, in unserem Museum Wiesbaden erwartet uns ab sofort ein ganz besonderes „Gemischtes Doppel“! Und das ist „gut für unser Gemüt“, verspricht Kustos Roman Zieglgänsberger. Mit dem Kurator der Schau „Gemischtes Doppel. Die Molls und die Purrmanns“ konnten wir schon beim Aufbau einen Blick auf die Werke von Marg(arete) und Oskar Moll sowie Mathilde Vollmoeller-Purrmann und Hans Purrmann werfen, je 25, die Bilder, farbgewaltig-schön. Und unter den Skulpturen steuern wir natürlich „Die Küssende“ von Marg Moll an. Sie wissen schon, das Werk, dessen Erwerb wir Freunde und Freudinnen des Museums mit unseren Spenden stemmen wollen. Viele Förderkreis-Mitglieder haben es schon getan, auf weitere Unterstützung freut sich das Museumsteam und ganz besonders Roman Zieglgänsberger.

Mit allen Sinnen das Kunstwerk erfahren? Inspiriert von Hans Purrmanns „Stillleben mit roter Decke“ (um 1909) wird es während der Ausstellungszeit in der „Orangerie“ des Hotels Nassauer Hof „Purrmanns Tiramisu“ geben. VG Bild-Kunst, Bonn 2023 (Foto: Wolfgang Fuhrmannek, Hessisches Landesmuseum Darmstadt)

Er erzählt, dass Marg Moll 1964 ihren 80. Geburtstag in Wiesbadens Hotel Rose feierte, und dass damals eine Kabinettausstellung mit ihren Arbeiten im Landesmuseum stattfand. Wie sehr sich die beiden befreundeten Künstlerpaare die Bälle zuspielten (im „gemischten Doppel“), und wie sich die vier zu Höchstleistungen steigerten, das soll in der Ausstellung in neun Räumen deutlich werden. Und hier legt der Kurator Wert auf die Feststellung, dass die Inspiration keineswegs nur von den Männern ausging, „sondern auch paarübergreifend“ von den Künstlerinnen auf die Künstler“. Roman Zieglgänsberger: „Genau diese überraschenden, bislang unbeachteten Wege der Inspiration möchte diese Ausstellung aufzeigen.“

Apropos Inspiration: Ein Mitglied des Freundeskreises, Dr. Roman Rubin, hatte 2020 dem Museum ein „Stillleben mit Plastik, Vase und Wandschirm“ von Oskar Moll geschenkt. Und dadurch, so der Kurator, wurde man zu dem „Doppel“ inspiriert. Er berichtet, dass das Museum Roman Rubin bereits vier Oskar Moll-Bilder verdankt.

Eine Überraschung gab es übrigens am Eröffnungsabend: Vier Kohlezeichnungen von Marg Moll, die das Thema „Heimkehr“ haben und im letzten der neun Ausstellungsräume hängen, wurden von den Nachfahren dem Museum Wiesbaden geschenkt! „Ich finde es eine großartige Bestätigung für unser Haus, insbesondere aber für den Kurator dieser Ausstellung , dass die Molls uns diese vier Werke aus der Schau schenken“, sagt Direktor Andreas Henning. Und Roman Zieglgänsberger freut sich sehr über diese „sehr schöne Geste“. Übrigens, zur Ausstellungseröffnung waren zahlreiche Familienmitglieder der Molls und Purrmanns angereist und äußerten sich begeistert vom „Gemischten Doppel“.

Vier Kohlezeichnungen erhielt das Museum überraschenderweise von den Nachfahren. Hier zwei Ansichten: „Sitzender Akt“, nach 1945. Museum Wiesbaden, Schenkung, Nachlass Marg Moll 2023, und „Zwei stehende Akte“, um 1954, Museum Wiesbaden, Schenkung Nachlass Marg Moll 2023. (Fotos: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Neben den Werken der zwei Paare können sich die BetrachterInnen auf Arbeiten von Henri Matisse, Lovis Corinth, Max Liebermann oder etwas Sabine Lepsius und Franz von Stuck freuen. Denn diese „Namen der Kunstgeschichte“ prägten die künstlerischen Werdegänge der Purrmanns und Molls, so heißt es im Pressetext des Museums. Und man erfährt u.a., dass das Herzstück der Schau der Zeit im Umfeld von Matisse zwischen 1907 und 1914 gewidmet ist. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf „Landschaft“, „Akt“ und „Stillleben“. Denn „in diesen Gattungen haben alle vier ihren lebendigen Kolorismus, ihren malerischen Mut entwickelt“. Hinweise zur Ausstellung, die doch sehr neugierig machen!

Macht Freude, es anzuschauen: Mathilde Vollmoeller-Purrmanns Bild „Landschaft auf Korsika“ (Ajaccio), 1912, Museum Purrmann-Haus, Speyer. VG Bild-Kunst Bonn, 2023 (Foto: Gerhard Kayser, Speyer)

Neugierig sein darf man auch auf das Treppenhaus, das zu unserer Jugendstil-Dauerausstellung führt. Warum? Jetzt bedeutet schon der Weg zur einzigartigen Ferdinand Wolfgang Neess-Sammlung eine Augenfreude. Wie schon seit längerem geplant, werden hier nun Jugendstil-Plakate gezeigt, die alle (Werbe-)Geschichten erzählen und laut Kustos Peter Forster ihre Bedeutung für diese Kunstrichtung wieder ins Bewusstsein rücken. Denn große Künstler dieser Zeit widmeten sich der Reklame und gestalteten Plakate, so Forster. Wie schön, dass pünktlich zum Geburtstag von Danielle Neess, die immer wieder das Erbe ihres Mannes um weitere Objekte im Jugendstil ergänzt, ihr Wunsch nach Gestaltung des Treppenhauses in Erfüllung ging. Es bereitet wirklich Freude, sich mit den Plakaten zu beschäftigen, zu denen es auch eine kleine, feine Infobroschüre gibt. Darin ist anschaulich erklärt, wie die Plakatkunst um 1900 Fahrt aufnahm, dass neben Luxusprodukten und Konsumgütern des Alltags auch Kultur- und Vergnügungsveranstaltungen auf diese Weise beworben wurden. Und, dass die Frauen eine besondere Rolle dabei spielten … Deutsche und französische Plakate waren laut Peter Forster nah beieinander. Wichtig ist ihm auch der Blick auf Wiesbaden, auf „die gestalterische Kraft hier in den 20er und 30er Jahren“. Diese findet man beispielsweise in Fred Overbecks Plakat mit dem Werbeslogan „Wiesbaden. Uralte Heilkraft – Ewig junge Schönheit“. Die permanente Schau im Treppenhaus auf zwei Ebenen kam dank der „Bestückung“ durch die Sammlung Ferdinand Wolfgang Neess, einer Privatsammlung Wiesbaden und des Museums Wiesbaden zustande.

Will sich intensiv mit der Plakatgestaltung im Jugendstil auseinandersetzen: Kustos Peter Forster im Treppenhaus, wo es nun eine permanente Präsentation gibt. (Foto: I.Salm-Boost)

Ein absoluter Hingucker ist übrigens die rote Bulldogge von Thomas Theodor Heine. „Simplicissimus, Bulldogge“, so heißt die Farblithografie. Und der von der Kette gelassene, aggressive Hund soll, so liest man, den Anspruch der Satirezeitschrift „Simplicissimus“, bissig zu sein, versinnbildlichen.

Weil er so bissig dreinschaut: Mit diesem Plakat (Farblithografie von 1897) von Thomas Theodor Heine wurde für die Satirezeitschrift „Simplicissimus“ geworben. Sammlung Ferdinand Wolfgang Neess (Foto: I. Salm-Boost)

Peter Forster kündigt an: „Wir wollen uns intensiv mit der Plakatgestaltung im Jugendstil auseinandersetzen“. Da lässt sich vermuten, dass noch weitere tolle Arbeiten hinzukommen. In jedem Fall sollte man jetzt schon beim Besuch des Jugendstils mehr Zeit einplanen für den Weg durch das Treppenhaus.

Ingeborg Salm-Boost

 

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