Wir sind dabei

Ehrenamtlich auf Verschönerungskurs

Verabredung im Café Mechtild. Meine Gesprächspartnerin ist schon da, soeben hat sie eine Tischlampe ausgepackt und aufgestellt. Sie fragt: Wie wäre es, wenn hier, in dieser hinteren Reihe, solche Lämpchen für mehr Licht sorgen würden? Ganz offensichtlich eine prima Idee. Roswitha Prüll lebt Kreativität, sie ist Innenarchitektin, Diplom-Designerin, Künstlerin. Und ein langjähriges Förderkreis-Mitglied. Eine Frau, die gerne für Ästhetik sorgt, immer wieder ehrenamtlich aktiv wird und verschönert. Und so verdanken wir der Innenarchitektin im Ruhestand die Neugestaltung des Cafés im Haus der Kunst und Natur, die sie 2020 zusammen mit der Museumsleitung in Angriff genommen hat. Das Ergebnis ist beeindruckend! Wenn jetzt noch die Tischlampen kämen …


Roswitha, du bist schon 1995 – also im Jahr nach der Gründung – Mitglied im Förderkreis geworden. Was hat dich damals zum Eintritt bewogen?

Ich war seit jungen Jahren in aller Welt in Museen. Nur hierhin, ins Wiesbadener Museum, zog es mich nie. Irgendwann aber ging ich doch mal hinein – und war sehr beeindruckt.

Wovon?

So viel moderne Kunst hatte ich nicht erwartet. Und nach den damaligen Baumaßnahmen fand ich das Zusammenspiel – die Spannung zwischen dem Historischen und der modernen Gestaltung – toll.

Und dann hast du auch gleich den Weg zu den Freunden des Museums gefunden …

Ja, ich meine mich zu erinnern, dass die stellvertretende Direktorin Renate Petzinger mir den Förderkreis nahegebracht hat. Sie war lange im Vorstand. Übrigens, in dieser Zeit gab ich auch Volkshochschulkurse über moderne Kunst. Ich habe den Teilnehmern immer wieder gesagt: Geht ins Wiesbadener Museum, da könnt ihr vor Ort die Bilder erklären lernen! Viele haben diesen Rat befolgt. Und ich habe aus diesem Kreis auch mindestens zwanzig Mitglieder für den Freunde-Verein geworben.

Hast du bei den Dauerausstellungen einen Lieblingsort?

Rebecca Horn und ihr „Jupiter im Oktogon“, und ebenso die andere Rauminstallation von ihr, „Circle of Broken Landscape“, ziehen mich immer wieder in ihren Bann. Sie hatte auch mal eine Einzelausstellung in Wiesbaden. Ich glaube, damals wurde speziell für das Museums-Entree „Jupiter im Oktogon“ geschaffen. Natürlich liebe ich auch die Jawlensky-Gemälde, hier ist „Nikita“ mein Lieblingsbild.

Was an den Angeboten der Freunde interessiert dich am meisten?

Ich finde die Einladungen zum Auftakt von Ausstellungen gut – auch wenn ich dann später gerne alleine durch die Säle gehe. Ganz toll fand ich immer die Depot-Frühschoppen mit Jan Baechle. Imponierend sein Wissen, das er an die Mitglieder des Vereins weitergegeben hat.

Du bist Künstlerin, Diplom-Designerin, Innenarchitektin, Dozentin – und du hast ehrenamtlich das Café im Museum umgestaltet. Wie kam es zu der von vielen Gästen gelobten Erneuerung?

Ich fand alles im Museum Wiesbaden toll, nur das Museumscafé nicht. Eine so kühle Atmosphäre … Auch im Freundeskreis war das immer wieder Thema. Ich bin im Ruhestand, aber gern ehrenamtlich aktiv. Mir macht es Freude, zu verschönern.

Hereinspaziert! Roswitha Prüll hat das Museumscafé, das heute Café Mechtild heißt, ehrenamtlich attraktiv umgestaltet und dem Raum dabei auch den starken Hall genommen. (Foto: Josh Schlasius)

Und dann hast du deine Verschönerungsidee bei uns Förderkreis-Aktiven angesprochen …

Ja, so kam dann der Kontakt mit der Museumsleitung zustande. Am Anfang etwas schleppend, aber dann war der stellvertretende Direktor Jörg Daur mein Ansprechpartner. Und er forcierte die Umgestaltung, sodass sie beim Antritt von Direktor Henning schon stattgefunden hatte.

Es war sicher eine Herausforderung, einen so dunklen Raum mit angrenzendem unattraktiven Innenhof ansprechend zu gestalten. Und außerdem war es immer so laut im Café …

Ja, am schlimmsten waren der Hall und die Beleuchtung. Als erstes musste ich mich um die Akustik kümmern. Da ich früher viel für Banken als Innenarchitektin arbeitete, wo die Akustik eine große Rolle spielte, habe ich noch gute Kontakte zu entsprechenden Firmen. Bei der Planung der Deckengestaltung war zu prüfen, um wieviel Dezibel wir die Lautstärke verringern können.

Du musstest sicher auch sehr auf die Kosten achten.

Ja, das stimmt. Ich hatte keinen großen Etat. Das Teuerste war in der Tat die Decke. Das vorhandene Mobiliar haben wir aufgehübscht, die Tischplatten erneuert. Für die Wände habe ich dann dunkelrot und grau gewählt. Grau ist meine Lieblingsfarbe, ist immer edel. Leider haben wir im Café kein Tageslicht. Ich bin froh, dass nun im Innenhof, wie von mir vorgeschlagen, Banner mit Ausstellungsmotiven hängen, aber man sollte sie noch anstrahlen. Und für die hinteren Plätze im Café würde ich gerne Tischlampen anschaffen. Schau mal, ich habe eine mitgebracht.

Und jetzt noch mit Tischlampe: Innenarchitektin Roswitha Prüll in „ihrem“ Café (Foto: Josh Schlasius)

Da ist wirklich eine gute Idee, die umgesetzt werden sollte. Gehen wir jetzt mal aus dem Café Mechtild hinaus und schauen wieder auf die Kunst. Gab es in jüngster Zeit eine Sonderausstellung, die dich besonders angezogen hat?

Oh ja, im Frühjahr 2021 die Videoinstallation „ARS MUNDI 2020 – Ach, Och und Aerosole“ von Vollrad Kutscher. Leider konnte sie wegen Corona kaum gezeigt werden. Ich mag auch sehr die „Leuchtenden Vorbilder“ von ihm, die ja immer zu sehen sind.

Zieht es dich manchmal auch in die Natur?

Klar, wenn man lange in Georgenborn gewohnt hat … Hier, in der Naturhistorischen Abteilung, gibt es wirklich immer Interessantes zu sehen. Demnächst gehen mein Mann und ich mit Kids aus der Verwandtschaft in die Natur. Wir haben ihnen den Museumsbesuch zu Weihnachten geschenkt. Man kann übrigens im Shop gute Bücher zu Kunst und Natur für Kinder finden.

Welches andere Museum in Deutschland besuchst du immer wieder gern?

Ganz besonders gern bin ich im „Hamburger Bahnhof“, dem Museum der Gegenwart in Berlin.

Genau hinschauen lohnt sich: „Attention“ – so lautet der Titel dieses Materialbilds von Roswitha Prüll, Pigmente auf Karton. (Foto: privat)

Roswitha, nun wird es aber Zeit, über deine künstlerische Arbeit zu sprechen. Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Ich habe viel collagiert, zum Beispiel mit Pigmenten, Asche, Rost … Es geht auch um die Vergänglichkeit der Materialien. Die Arbeiten haben Symbolcharakter. Ich habe Fundstücke aus meinem täglichen Umfeld in neue Sinnzusammenhänge gestellt. Mit meinen Bildern will ich zu einer meditativen Betrachtungsweise anregen.

Betrachten wir nun noch kurz die Stadt Wiesbaden, was gefällt dir gut, wo besteht Handlungsbedarf?

Wiesbaden ist eine schöne Stadt, so grün. Nur die Sauberkeit lässt zu wünschen übrig. Ich liebe unser Kurhaus und das Bowling Green – mein Mann und ich nennen die Anlage, weil wir nicht so weit entfernt wohnen, „unseren Vorgarten“.

Die Künstlerin gibt „Zeichen“. So lautet der Name dieses Materialbilds mit Farbpigmenten. (Foto: privat)

Zum Schluss die Frage: Was ist, wenn wir mal die Gedanken an die uns alle permanent plagende Pandemie außen vor lassen, dein größter persönlicher Wunsch Anfang des neuen Jahres?

Ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben und wünsche mir, dass es so bleibt. Und dass meine Tochter in ihrem Leben erfolgreich ist. Und ich möchte gerne mit meinem Buchprojekt vorankommen, das ich in der Corona-Zeit begonnen habe. Dazu wurde ich durch das Lesen der Feldpostbriefe meines Vaters angeregt, der erst 1949 nach Hause kam, und durch das Betrachten von alten Fotos. Ich empfinde eine gewisse Demut, dass es uns trotz der Pandemie doch ziemlich gut geht, schaut man zurück auf den Zweiten Weltkrieg und das Leid. Ich möchte den Weg meines Vaters nachzeichnen. Kein Buch, das unbedingt veröffentlicht werden muss, aber sicher für meine Tochter interessant sein kann.

Das Gespräch führte Ingeborg Salm-Boost

PS: Früher wurde das Museumscafé inoffiziell stets Café Jawlensky genannt, was ja gut passte. Roswitha Prüll hatte auch schon schwungvoll den Schriftzug für die Glastür entworfen. Doch das musste sie dann wieder verwerfen. Und hat sich mit „Mechtild“ angefreundet – seit die Domäne Mechtildshausen die Bewirtschaftung übernommen hat, ist dies der offizielle Café-Name.


Zur Person
Roswitha Prüll kam 1944 in Mainz zur Welt, wuchs in Schierstein auf. Sie studierte in den 1960er Jahren an der FH Mainz Innenarchitektur, machte Staatsexamen als Diplom-Designerin. Später kam noch ein weiteres Studium der Kunsterziehung, Pädagogik und Kunstgeschichte an der Universität Mainz dazu, mit zweiten Staatsexamen Lehramt an Gymnasien. In den 1980er Jahren war sie als Dozentin für Kunstgeschichte und künstlerische Techniken tätig, außerdem als freischaffende Innenarchitektin und Künstlerin mit Atelier in Schlangenbad. Roswitha Prüll kann auf zahlreiche Gruppen- und Einzelausstellungen zurückblicken und hat auch Kunst für den öffentlichen Raum geschaffen. Als Innenarchitektin war sie in den 1990er Jahren für Banken-Neubauten im Raum Karlsruhe aktiv, gestaltete gynäkologische Stationen in Krankenhäusern des Alp-Donau-Kreises und richtete Apotheken ein. 2012 zog sie aus Georgenborn nach Wiesbaden. Hier lebt sie mit ihrem Mann Knut Lietz. Die Mutter einer 48-jährigen Tochter ist Mitglied im BBK, im Kunstarche-Verein und bei den Freunden des Museums Wiesbaden seit 1995. Sie liebt das Wasser und mit ihrem Mann auf dem Bodensee zu segeln. (isa)

 

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