Zehn Fragen an Sabrina Haunsperg
Manchmal sind die Bilder schlauer
Frau Haunsperg, wir haben uns kürzlich im Museum Wiesbaden getroffen, was verbindet Sie mit ihm?
Bereits zweimal durfte ich das Museum Wiesbaden als dort ausstellende Künstlerin kennenlernen: 2014 im Rahmen einer Einzelausstellung im Projektraum. Parallel dazu wurden zwei meiner Bilder als „Satelliten“ im Mittelalter integriert, also im Kirchensaal der Sammlung.
Und dann beim zweiten Mal?
2015 war eines meiner Splashbilder in der Sonderausstellung „Große Formate“ zu sehen. Eine spannende Ausstellung mit wunderbaren Großformaten aus der Sammlung des Museums Wiesbaden. Meine Arbeit war in einem Raum gemeinsam mit Morris Louis und Sam Francis zu sehen. Das war ein Erlebnis für mich, mit diesen Großmeistern ungegenständlicher Malerei einen Raum zu bespielen.
Die Zusammenarbeit hat Ihnen gefallen?
Ich habe das Museum Wiesbaden als Ort schätzen gelernt, in dem Malerei lebendig, tiefgründig und nachhaltig verhandelt wird. Solche Orte wurden in den vergangenen Jahren immer seltener im internationalen Kunstbetrieb. Umso größer ist die Freude, wann immer ich das Museum Wiesbaden besuche.
Man gewinnt den Eindruck, dass Sie die Experten hier sehr mögen.
Es steht ein sehr spannendes, pulsierendes Team an Menschen in, um und hinter diesem Haus, die in ihrer Individualität, ihren unterschiedlichen Haltungen und ihrer Kontinuität die Auseinandersetzungen an diesem Ort so lebendig und vibrierend gestalten. Ich weiß, dass ich mit jedem Besuch wieder etwas Neues entdecken und lernen werde.
Wie bringen Sie die besonderen Merkmale Ihrer künstlerischen Arbeit auf den Punkt?
In meiner Arbeit verhandle ich Malerei in ihrer unendlichen, reichen Vielfältigkeit. Ich erforsche, experimentiere und spiele mit den Möglichkeiten von Malerei und ihrer Entstehung. Es interessiert mich, immer wieder Grenzen von Machbarkeit und Vorstellungen von dem auszuloten, was Malerei sein kann, wie sie entsteht, funktioniert, denkbar und erlebbar ist.
Ist das nicht permanent sehr anstrengend?
Es finden sich in meinen Werken meist unzählige, verschiedene Farbschichten, wobei ich Leinwände, Bildgründe, Malmittel sowie Werkzeuge gezielt wähle und mitunter akribisch vorbereite. Am Ende möchte ich von meinen Bildern nicht vorgeschrieben bekommen, wie sie zu verstehen sind, sondern von einer möglichst offenen, vielschichtigen, multiperspektivischen Malerei überrascht werden.Können Sie das näher erläutern?
Ja, am Beispiel Bildraum: Ich strebe einen möglichst offenen Bildraum an, der einen Reichtum an Qualitäten und Assoziationen, an gedanklichem wie auch emotionalem Bilderfahren ermöglicht, einen Bildraum, der multiperspektivisch und unterschiedlich gesehen werden kann: Qualitäten wie die von Räumlichkeit, verschiedenen Aggregatzuständen, Geschwindigkeit, unterschiedlichen Zeitverläufen, die zum Beispiel durch das Nachvollziehen der Malprozesse erlebbar werden, Qualitäten von Malerei-Basics wie die subtile oder offensive Körperlichkeit des Materials Farbe und von Farbkontrasten.
Befassen Sie sich auch mit der Geschichte der Malerei?
Ich gehe meinen künstlerischen Weg wissend um die Jahrtausende alte Tradition von Malerei und bin dankbar, daran anknüpfen zu können. So finden auch Referenzen zu KünstlerInnen der Vergangenheit und Gegenwart, die mich beeindrucken, ihren Widerhall in meiner Malerei.
Was versprechen Sie sich von der Ausstellung „jetzt – Neue Malerei in Deutschland“, die im Herbst 2019 gleich an drei Orten stattfinden wird und an der Sie teilnehmen?
Es ist eine große Freude und Ehre für mich, in die Nationalmannschaft der jungen deutschen MalerInnen aufgenommen worden zu sein. Dieses ambitionierte Projekt der Ausstellungsmacher, die ganz bewusst ein Ausrufezeichen für die nächste Generation der MalerInnen in Deutschland setzen wollen, ist mir eine spannende, geradezu sportliche Herausforderung. Für den Kunstbetrieb national sowie international verspreche ich mir, dass dieses uralte, als menschliches Grundbedürfnis einstufbare Ausdrucks- und Manifestationsmedium Malerei wieder einmal gebührend verhandelt wird. In seinem unendlichen Reichtum, in seiner Vielfalt, seiner Lebendigkeit und Zeitlosigkeit, bei aller Gegenwärtigkeit. Und dass mit diesen Ausstellungen nicht mehr übersehen werden kann, dass es auch eine junge, lebende und äußerst tätige Generation gibt, die malt und damit etwas zu sagen hat!
Wenn Sie einen persönlichen Wunsch für 2019 frei hätten, wie würde dieser lauten?
Nachdem mein langjähriges, sehr schönes Atelier mitten in Düsseldorf abgerissen wurde und ich derzeit in einem schönen, denkmalgeschützten, aber viel zu kleinen Atelier arbeite: Ein neues Atelier, das idealerweise mein eigen, vor allem aber optimal für meine Arbeitsanforderungen ist. Groß, hell, hohe Decken, gute Infrastruktur im Raum wie auch um das Gebäude, diverse Absauganlagen, und gut gelegen. Und dass meine Bilder an Orten gesammelt werden und ein Zuhause finden, wo sie in ihrem Reichtum, Malerei zu erforschen, geschätzt und verstanden werden. Das sind jetzt ja zwei Wünsche geworden …
Zur Person
Sabrina Haunsperg ist 1980 in Österreich geboren. Seit 2001 lebt und arbeitet die Künstlerin in Düsseldorf, wo sie an der Kunstakademie Meisterschülerin von Herbert Brandl war. Werke von Sabrina Haunsperg waren bis zum 20. Januar 2019 im Schauwerk Sindelfingen zu sehen. Einen virtuellen Rundgang durch die Ausstellung kann man hier weiterhin unternehmen. Derzeit findet in Düsseldorf bis zum 17. März bei der Kopfermann-Fuhrmann-Stiftung eine Ausstellung mit Arbeiten von Haunsperg statt, die sie speziell für diesen Anlass geschaffen hat. Die Künstlerin engagierte sich jahrelang als Lehrbeautragte an den Universiäten in Dortmund und Siegen. In früheren Jahren war sie auch als Musikerin unterwegs, wozu ihr heute kaum noch Zeit bleibt.