Kunstvoll und Naturnah

Farbe im Fluss

Katharina Grosse: Sieben Stunden, Acht Stimmen, Drei Bäume, 2015 Acryl auf Stoff, Baumstämmen und Wurzelwerk, 
Museum Wiesbaden, erworben 2015 mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Hessischen Kulturstiftung, © VG Bild-Kunst Bonn, 2017
Katharina Grosse: Sieben Stunden, Acht Stimmen, Drei Bäume, 2015
Acryl auf Stoff, Baumstämmen und Wurzelwerk, 
Museum Wiesbaden, erworben 2015 mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Hessischen Kulturstiftung, © VG Bild-Kunst Bonn, 2017

Auf geworfenem, gefaltetem und gespanntem Stoff liegen drei Baumstämme. Die Stämme geben Ruhe, geben Halt, zugleich sind sie die Leitlinien, die den Blick des Betrachters lenken. Beim Betreten des Raumes begegnet der Besucher den Wurzeln, fast zaghaft schieben sie sich in den Blick. Dann erst wird er gewahr, welch farbmächtige Installation sich hinter, neben und schließlich auch vor ihm aufbäumt. Aus Einzelbildern entwickelt sich endlich – angekommen am Kopf des Saales – ein Panorama, das gerahmt von den Pfeilern einem Landschaftsbild gleicht: Ein Prospekt im Hintergrund, die in den Mittelgrund ragenden Baumstämme, im Vordergrund der züngelnde Farbsee.

Katharina Grosse selbst beschreibt ihr Arbeiten als Auseinandersetzung mit der sichtbaren Wirklichkeit, mit Landschaft und Raum. Gerade weil es in der Realität keinen abgegrenzten Ausschnitt oder ein festgelegtes Blickfeld gibt, beschreibt sie ihre Malerei als grenzenlos. Der wirkliche Blick enthält immer eine Fülle wahrnehmbarer Dinge, die infolge geordnet und erfasst werden müssen. Das klassische Leinwandbild oder Foto nimmt diese Ordnung vorweg, Malerei als All-over überschwemmt dagegen den Raum und überlässt dem Betrachter die Bildfindung. Das Überbordende, das Gewaltige spielt eine Rolle; Begriffe, die Katharina Grosse aus der Land Art entlehnt. Und so wirft sie den Betrachter immer wieder neu vor das Bild, das sich im Weitergehen ständig wandelt und neue Gestalt annimmt.

Es ist kein Zufall, dass die Installation dem Besucher bereits am Eingang des Museums begegnet: Im Südflügel des Museums finden sich Tafelbilder seit dem Spätmittelalter, aber auch raumgreifende Installationen, etwa von Ilya Kabakov oder Mario Merz. Mit der expliziten Ausrichtung auf die Malerei und deren raumgreifende wie illusionistische Qualität thematisiert Grosse in ihrer Arbeit einen der zentralen Ansätze bildnerischer Darstellung seit der frühen Neuzeit, zugleich weist sie in deren installativer Ausführung in die aktuelle Gegenwart.

Dr. Jörg Daur

Katharina Grosse: Sieben Stunden, Acht Stimmen, Drei Bäume, 2015 Acryl auf Stoff, Baumstämmen und Wurzelwerk, 
Museum Wiesbaden, erworben 2015 mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Hessischen Kulturstiftung, © VG Bild-Kunst Bonn, 2017
Katharina Grosse: Sieben Stunden, Acht Stimmen, Drei Bäume, 2015
Acryl auf Stoff, Baumstämmen und Wurzelwerk, 
Museum Wiesbaden, erworben 2015 mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Hessischen Kulturstiftung, © VG Bild-Kunst Bonn, 2017

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