Unter Freunden

Danielle Neess – mit Temperament für den Jugendstil aktiv

„Sie ist sehr zielorientiert, sie will die Sammlung, im Gedenken an ihren verstorbenen Mann, strahlen lassen. Das ist ihr Credo.“

Wie passt das so wunderbar, wenn in der Jugendstil-Dauerausstellung des Museums Wiesbaden am 75. Geburtstag von Danielle Neess das Gesamtkunstwerk um eine Wandlampe von 1912 der Wiener Werkstätten, deren Entwurf Josef Hoffmann zugeschrieben wird, ergänzt worden ist! Die Witwe von Ferdinand Wolfgang Neess hat den Erwerb aus Wien in unserem Gespräch nur kurz erwähnt, Kustos Peter Forster – von dem das Zitat zu Beginn dieses Beitrags stammt – erzählt es ein wenig ausführlicher. Denn die neue Leihgabe ist ein Beispiel dafür, wie die Neess-Sammlung dank Danielle Neess immer wieder bereichert wird. Und jedes neu erworbene französische Möbelstück, jedes Bild, jede hinzukommende Keramik und eben jedes entdeckte und gekaufte Leucht-Kunstwerk trägt dazu bei, dass das Gesamtkunstwerk strahlt. „Es lohnt sich, immer wieder die Ausstellung zu besuchen“, damit hat Peter Forster, der im ständigen Austausch mit der Witwe ist, völlig recht. Eine weitere, jüngst hinzugefügte Leihgabe der Jugendstil-Kennerin wird nun sogar zum Erklingen kommen: Wenn sie ihren Geburtstag im Museum feiert und die Pianistin Professorin Cordula Hacke mitten im Gesamtkunstwerk auf dem Mand-Olbrich-Konzertflügel spielt. „Ein Jugendstil-Juwel“, sagt Peter Forster, der der Mäzenin Glück und Gesundheit wünscht – „und dass sie uns lange erhalten bleibt.“

Danielle Neess neben dem von ihr für die Jugendstil-Sammlung erworbenen Flügel (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Der Flügel – er erinnert an die zweite Leidenschaft von Ferdinand Wolfgang Neess: Musizieren auf hohem Niveau. Cordula Hacke hatte lange Zeit den Querflötisten am Klavier begleitet. Und so sind wir nun bei einer weiteren Mission von Danielle Neess. Ihm zu Ehren hat sie, wie auf unserer Website beschrieben, in Zusammenarbeit mit der in Norwegen lehrenden Cordula Hacke den Internationalen Flötenwettbewerb mit Musik aus der Zeit des Jugendstils und Symbolismus ins Leben gerufen. Natürlich fand die Premiere im Museum Wiesbaden statt (siehe Fotogalerie), wo alle zwei Jahre aufs Neue hochbegabte Flötisten und Flötistinnen willkommen sind. Eine Stiftung für diesen Wettbewerb ist zurzeit im Entstehen. Über sie soll auch alle zwei Jahre ein Stipendium ausgeschrieben werden, in europäischen Jugendstil-Stätten soll der jeweilige Stipendiat/die Stipendiatin arbeiten und forschen dürfen. „Leider können wir 2023 noch nicht anfangen“, bedauert  Danielle Neess, „Corona hatte uns ausgebremst.“Dass trotz der Pandemie in diesem Jahr die Premiere des Flötenwettbewerbs auf Top-Level stattfand, er unter den jungen Musikern und Musikerinnen aus vielen Ländern ein großes Echo fand, das freut die Jubilarin.

Schade, dass in Corona-Zeit die Zahl der Zuhörer/innen  während der dreitägigen Darbietungen übersichtlich blieb. Schön fände sie es, wenn die Stadt Wiesbaden beim nächsten Mal mit im Boot wäre, eventuell helfen würde, die jungen Menschen unterzubringen, und dass man an der Musikakademie die Proberäume zur Verfügung stellen könnte. Ein Wunsch, der sich doch sicher erfüllen ließe? Schließlich kann sich Wiesbaden mit einem solchen Wettbewerb schmücken, lässt sich ein solches Event gut bewerben. Dies zeigt der nachfolgende Film.

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Gehen wir im Gespräch mit Danielle Neess – sie ist übrigens Mitglied in unserem Förderkreis – zurück in die Jugendstil-Sammlung. Es freut sie sehr, dass diese ins „Réseau Art Nouveau“ aufgenommen worden ist. Das Netzwerk hat sich die Erforschung, Erhaltung und angemessene Präsentation des Jugendstils weltweit zum Ziel gesetzt, berichtet sie. Apropos angemessene Präsentation: Da wünscht sich nicht nur die Frau des Anfang 2020 verstorbenen Mäzens dringend die (vorgesehene) räumliche Erweiterung. Dass die von ihr unterstützte Schau „Wasser im Jugendstil“ im Untergeschoss zu finden ist, gefällt ihr nicht so gut. „Ich habe meinem Mann versprochen, seine Sammlung weiter zu ergänzen, dazu braucht es Platz. Wir sollten Zentrum des Jugendstils sein, die Fachleute sind begeistert von unseren Exponaten“, ergänzt Neess. Und betont, dass sie auch vieles für eine hochkarätige Fachbibliothek dem Museum überlassen könnte – sobald denn Raum dafür vorhanden wäre.

Die nun 75-Jährige ist eben nah dran, am Museum und an der Neess-Schenkung, „ganz nah dran“, sagt sie. Da kann es durchaus auch immer wieder Diskussionen geben. Temperament und Direktheit werden ihr zugeschrieben. „Ohne ihren Elan und ihre Begeisterung für die Sammlung sowie für das Flötenspiel, das ihrem Mann am Herzen lag, wären die großen Erfolge gar nicht möglich“, ist Cordula Hacke überzeugt und wünscht ihr das Beste fürs neue Lebensjahr. Ebenso wie Peter Forster. Er möchte auch ihren Humor nicht unerwähnt lassen – „der trifft mich oft unverhofft“, sagt er schmunzelnd. Und will noch lange mit ihr zusammen die Strahlkraft der Schenkung pflegen und stärken, die mit ca. 700 Exponaten als eine der bedeutendsten europäischen Privatsammlungen des Jugendstils und Symbolismus gilt.

Ingeborg Salm-Boost

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