Wiesbaden leuchtet

Interview mit Dr. Peter Forster

Einen Tag nach dem 90. Geburtstag des Mäzens Ferdinand Wolfgang Neess begann der Jugendstil in Wiesbaden hell zu erleuchten. Und wird es fortan unentwegt tun. Am Eröffnungstag konnte das Museum die Besucher kaum alle aufnehmen. Und am eintrittsfreien Juli-Samstag zählte man zirka 1.700 Menschen, die vor allem das neue Highlight des Hauses erleben wollten. Ein neues Kapitel ist im Museum Wiesbaden und in der Stadt aufgeschlagen worden – das meint nicht nur Kustos Peter Forster, Wegbereiter der Jugendstil-Dauerausstellung.

Nachdenklich schaut er – und glücklich: Dr. Peter Forster zeichnet verantwortlich für die „Überführung“ der Sammlung Neess ins Museum Wiesbaden und ihre Präsentation als Gesamtkunstwerk. „Es war ein gutes Miteinander“, sagt er zur Zusammenarbeit mit dem Ehepaar. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Herr Forster, wie fühlen Sie sich?

Aufgeregt und demütig.

Erinnern Sie sich noch, mit welchen Worten Sie nach der Sensationsschenkung am 29. März 2017 dies für die Freunde-Website kommentierten?

Nicht genau, aber in etwa so:  Jetzt wird im Museum Wiesbaden ein neues Kapitel aufgeschlagen, fortan wird das Museum ein anderes sein. Heute füge ich hinzu:  Jetzt ist es wahr geworden! Das Museum wird nun ein noch besseres, größeres und internationaleres sein.

Sie sagten damals  auch: Ein großer Glücksfall, von dem zukünftige Generationen profitieren werden …

Das kann ich jetzt noch mehr unterstreichen. Für Menschen, die den Jugendstil mögen, ist es ein Dorado. Alle anderen können den Jugendstil und den Symbolismus kennenlernen. Es gibt so viele Details, man kann immer wieder aufs Neue schauen und entdecken. Ich selber habe wahnsinnig viel gelernt, habe meinen Horizont erweitert.

Atemberaubender Einblick: Das Gesamtkunstwerk ist gelungen. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Für die Gestaltung im Südflügel haben Sie mit dem Atelier Hähnel-Bökens aus Düsseldorf zusammengearbeitet, auf das Sie schon bei der Rheinromatik setzten …

Das stimmt. Ja, das lief wirklich auch diesmal wieder sehr gut. Die Räume sind nicht einfach. Es geht erst einmal um Technik, Klima, Licht, dann kommt das Inhaltliche.

Und da wollten Sie das Gesamtkunstwerk mit Lampen, Porzellan, Möbeln, Skulpturen, Bildern, Silber schaffen.

Ja, ich habe ein solches Konzept gemacht.

Wichtig sind die Lichteffekte.

Ich setze sehr massiv darauf. Thomas Mann hat mal im Zusammenhang mit Kunst gesagt: „München leuchtet“. Wir können nun sagen: „Wiesbaden leuchtet“.

… und noch ein Blick auf die gelungene Inszenierung im Südflügel des Museums (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

In der Öffentlichkeit variiert die Zahl der Kunstwerke. Was ist richtig?

Es befinden sich mehr als 500 Kunstwerke in der Schenkung. Die Sammlung insgesamt hat über 700. Und so einiges, was im Museum zu sehen ist, kam noch als Dauerleihgabe der Familie Neess hinzu.

Was kostet die Inszenierung des Gesamtkunstwerks mit „Überwältigungsgarantie“, wie Sie versprechen?

Mehr als eine Million. Umso dankbarer bin ich, dass die Familie Neess auch noch zwei Drittel dieser Kosten übernimmt. Und natürlich auch, dass die Freunde des Museums uns mit 50.000 Euro unterstützen. Eine solche grandiose Schenkung übersteigt die Möglichkeiten unseres Hauses, das allein zu stemmen.

Ferdinand Wolfgang Neess hatte vor etwa einem Jahr im Freunde-Interview gesagt: „Ich empfinde eine Menge Glück“. Meinen Sie, dass das Glück bei ihm immer noch anhält?

Ich habe schon den Eindruck. Vielleicht ist er noch glücklicher, weil wir die Präsentation so gut hinbekommen haben.

Sicher haben Sie sein Lieblingswerk besonders gut ins Szene gesetzt.

Ich glaube schon. Man möge selbst urteilen. Es ist das Bild „Eingang zum Paradies“ von Wilhelm Bernatzik, 1906 entstanden.

Was wünschen Sie sich für den Eröffnungsabend?

Ich freue mich, wenn am Samstag und natürlich überhaupt dann endlich alle Besucher nachvollziehen können, warum ich ständig in Superlativen rede.

Das Gespräch führte Ingeborg Salm-Boost

Auch Dauerleihgaben hat Ferdinand Wolfgang Neess neben seiner überwältigenden Schenkung dem Museum Wiesbaden überlassen. Hier das Ölbild „La Mort de Sapho“ (1896) von Charles-Amable Lenoir. (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Lesen Sie auch unseren Beitrag  in der Rubrik „Unter Freunden“ und unser Interview vom August 2018 mit Ferdinand Wolfgang Neess. Die Pressemitteilung des Museums Wiesbaden zur Jugendstil-Ausstellung finden Sie hier: Pressemitteilung

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