Unter Freunden

Endlich wieder Leben im Museum

Mit Abstand in der Warteschleife. Der eintrittsfreie Samstag wurde bestens angenommen. (Foto: Museum Wiesbaden/Andreas Henning)

Da gab es schon mal Wartezeiten vor dem Haus und im Foyer: Rund 300 Besucher durften zur selben Zeit im Museum sein und mit den erforderlichen Einschränkungen zu ihrer Lieblingsschau gehen. Insgesamt nutzten ca. 970 Gäste den eintrittsfreien Samstag, der von den Freunden des Museums mitgetragen wird. Da besonders viele Menschen gerne in die Räume der „Lebensmenschen“ gehen wollten, musste man hier hin und wieder etwas Geduld mitbringen. Direktor Andreas Henning hat, wie er uns berichtet, von seinen Mitarbeitern, die ständig zur Überprüfung der Abläufe in den Sälen unterwegs waren, eine positive Bilanz erhalten. Stände wie der von uns Freunden oder Malaktionen in der Wandelhalle durfte es leider (noch) nicht geben, doch die Kinder erhielten zur Begrüßung von edu eine „Wundertüte“, unter anderem mit Malheften, Stiften und Postkarten. 130 dieser Tüten habe man ausgegeben, berichtet Dr. Henning.

Gehen wir noch einmal ein Stück weiter zurück: „Ich bin gleich am ersten Tag der Wiederöffnung ins Museum gegangen, es fehlte mir sehr …“ – O-Ton einer Freundin, die sich viel Zeit nahm, sich freute, nun endlich auch „Lebensmenschen“ anschauen zu können. Die Ausstellung, in der Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky in ihrer Unterschiedlichkeit und in ihrer Gemeinsamkeit dem Betrachter sehr nahe kommen, war ihr erstes Ziel. Denn diese Schau konnte wegen der Pandemie nur zwei Tage lang angesehen werden, dann musste das Museum die Türen schließen. Wie diesem Mitglied des Förderkreises ist es sicherlich vielen gegangen: Spannende Angebote im Haus für Kunst und Natur. Erst einmal abwarten. Dann Freude darüber, jetzt endlich wieder hier unterwegs zu sein.

Aber lassen Sie uns zunächst auf die ersten Tage der Wiederöffnung schauen – natürlich, wie geschildert, mit Vorsichtsmaßnahmen. Direktor Andreas Henning nennt den Zuspruch „sehr erfreulich“. Fast durchgängig liegt die Besucherzahl im dreistelligen Bereich. Dr. Henning kann verstehen, wenn so mancher noch Bedenken hat, ins Museum zu gehen, „aber mehr als 7.000 Quadratmeter bieten weiträumig Platz, so dass jeder genügend Abstand zu anderen Gästen halten kann“.

Die Freude ist groß im Museumsteam, dass es dank kulanter Leihgeber gelungen ist, die beiden Sonderausstellungen zu verlängern. Für den Kurator von „Lebensmenschen“, Roman Zieglgänsberger, zeigt die Zustimmung der 40 Leihgeber und Leihgeberinnen auch „die große Solidarität der von der Pandemie sehr getroffenen Kunstszene insgesamt“.

Ebenso glücklich ist Peter Forster, Kurator von „Homecoming“. Die Partner aus den USA, allen voran Eckhart Grohmann, der mit der „Goldenen Hochzeit“ ein Schlüsselwerk erstmals nach Deutschland gebracht hat, erklärten sich mit der Verlängerung bis in den November einverstanden. Forster nennt Ludwig Knaus den „Andy Warhol des 19. Jahrhunderts“ und „“das größte Aushängeschild Wiesbadens im 19. Jahrhundert“ (siehe den Beitrag auf dieser Website).

Ja, und dann, kurz vor Wiederöffnung, bereiteten Peter Forster und der Künstler Jan Thomas die aufrüttelnde Schau im Kirchensaal vor, „Bats and Saints“. „Da stockt dem Betrachter erst einmal der Atem“, sagt der Kurator im Interview auf dieser Website. Ein Mitglied unseres Vereins ging gleich nach Wiederöffnung in genau diese Ausstellung – und war tief beeindruckt. Die Gedanken der Medizinerin Dr. Ursula Stüwe können Sie am Ende dieses Beitrags lesen – und vielleicht sogar schon nachvollziehen …

Vor der Pandemie-Zeit geplant: die Ausstellung „Bats and Saints“. Nun irgendwie bedrohlich … (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Vor wenigen Tagen ist auch eine Studienausstellung eröffnet worden, die man nur wärmstens ans Herz legen kann: „Bibliothek der Bäume“. Schon der Titel macht neugierig. Hier wird, verrät uns die Presseabteilung des Museums, die Vielfalt unserer heimischen und eingeführten Baumarten in Form von Büchern vorgestellt. Marion und Karlheinz Miarka haben diese Holzbibliothek nach dem historischen Vorbild der Xylotheken (Holz und Theke – Aufbewahrungsort) angefertigt. Man kann erfahren, welche besonderen Reize von Hölzern ausgehen, kann Düfte, die Bandbreite der Farben und die auffälligen Maserungen erleben, die Strukturen der Oberfläche mit allen Sinnen ergründen, so beschreibt das Museum die Schau. In der Tat kann gerade jetzt in dieser Corona-Zeit, in der so mancher öfter in der Natur unterwegs ist und sie viel bewusster wahrnimmt, diese Studienausstellung eine wunderbare Ergänzung bedeuten.

Mit allen Sinnen erleben: die „Bibliothek der Bäume“ (Foto: Museum Wiesbaden/Bernd Fickert)

Zum Schluss noch ein paar Hinweise aus Museum und Förderkreis. Sie wissen es vielleicht schon: Das Café Mechtild ist geöffnet – mit den entsprechenden Einschränkungen. Das Sommerfest wird vom Juni in den Herbst verschoben. Und dasselbe gilt für die Mitgliederversammlung der Freunde des Museums. Näheres werden wir dazu noch per E-Mail und postalisch bekannt geben.

Und dies noch: Die „Sehnsuchtsobjekte“ unserer Mitglieder werden uns weiterhin begleiten. Sie sind äußerst vielfältig, und es ist schön, dass so viele Freunde bei dieser Aktion mitmachen. Dafür sagen wir Danke!

Ingeborg Salm-Boost


Endlich wieder Museum …

Diese Betrachtung, die gleichzeitig Anregung ist, in den Kirchensaal zu gehen, hat uns die Medizinerin Dr. Ursula Stüwe, Mitglied bei den Freunden, geschickt:


Kaum war ein Besuch im Museum möglich, suchte ich die kleine, feine Sonderausstellung im Kirchensaal auf. Hier hat Jan Thomas Teufelchen/Satane/Drachen aus unglasiertem schwarzem Ton gefertigt, sie hängen an den Wänden zwischen den klassischen Heiligenfiguren und Kruzifixen! Drohend ein bisschen, aber doch locker und luftig verteilt! Man muß schon genau hinschauen!

Ja, das ist ein Kontrastprogramm – oder doch nicht? Haben wir Menschen nicht in uns sowohl eine „gute“ wie eine „böse“ Seite, eine „helle“ und eine „dunkle“? Und hat nicht auch die Kirche als Institution immer wieder das „Böse“ thematisiert? Und es sind „böse“ Träume, die wir als Alpträume erleben! Hier hat man den Eindruck, dass der Künstler vielleicht seine eigenen Alpträume realisiert hat – und sie sind dann ausgeblieben? Dann wäre es ja sogar eine Therapie gewesen, derartige dunkle Gestalten zu fertigen und auszustellen! Und trotzdem verbleiben sie in uns!

Im Nachbarraum fesselt besonders der „Headhunter“ – der Begriff wird wortörtlich genommen und umgesetzt in einer grob gehauenen Holzskulptur – erschreckend, faszinierend, abstoßend und anziehend zugleich! Dazu sanfte Gestalten aus Gemälden, die ein herbes Kontrastprogramm erleben lassen! Können sie überhaupt genügend Trost spenden neben diesen Holzskulpturen? Nein, gleichgültig kann man diese zwei Räume nicht verlassen! Aber man kann immer wieder hingehen …

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